Autor: Christian Schmutz
Wer oft Zug fährt, trifft viele Leute. Manchmal Bekannte, meistens Unbekannte. Der Zugfahrer bekommt über das Privatleben von Mitfahrern (zum Beispiel am Handy) oft mehr mit, als einem lieb ist. Aber es hat auch Vorteile. So lassen sich unglaubliche Verhaltensweisen beobachten.
Ein Beispiel: Die vielen Leute, die im stets überfüllten Intercity zwischen Bern und Zürich meilenweit durch die halbvollen Zweitklass-Waggons gehen, um wie einen Sechser im Lotto doch noch ein leeres Abteil zu finden – naja … Sucht ihr nur – Ich setze mich mal auf den verschmähten Sitz und schreibe meine Kolumne, wenn die Völkerwanderung erst richtig angefangen hat.
Vielleicht erwarten sie, auf diese Weise früher anzukommen? Oder suchen sie sich die sympathischst-möglichen Reisegefährten? Oder wird der Durchgang zwischen den Abteilen zum Laufsteg für ein «Sehen und gesehen werden»? Oder man muss einfach bis zum hintersten Wagen gehen, bevor man sich entscheidet?
Es gibt keine guten und keine schlechten Sitze. Sie sind alle gleich gepolstert. – Aber vielleicht gibt es doch Unterschiede: Am besten gefallen mir nämlich die Plätze, wo einer zuerst eine ganze Auslegeordnung vom Nebensitz wegräumen muss. Sein anklagendes Stöhnen ist wie Musik in meinen Ohren. Es ist doch nicht mein Problem, wenn er nur für einen Sitz bezahlt hat…