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Der Schiedsrichter als Blitzableiter

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Autor: michel spicher

Danny Kurmann, was macht den Reiz aus, es stetig einer Seite nicht recht machen zu können?

Es ist die Herausforderung, sich mit Unvorhersehbarem auseinanderzusetzen. Man muss unpopuläre Entscheidungen verantwortungs- und selbstbewusst treffen. Es ist spannend, konsequent Widerständen zu trotzen, indem man versucht, korrekt zu sein.

Kann man denn korrekt sein?

Man muss es versuchen. Es ist mein Ziel, immer die richtigen Entscheidungen zu treffen, obschon es gar nicht möglich ist. Ich bin mir vor jedem Spiel bewusst, dass ich Fehler machen werde. Das Ausmass ist aber entscheidend. Fehler dürfen in einem Spiel nicht entscheidend sein.

Wenn sich Spieler ungerecht behandelt fühlen, lassen sie ihrem Ärger gerne freien Lauf. Wie gehen Sie mit deren verbalen Attacken um?

Ich versuche immer, die Situation zu beruhigen. Dabei hilft auch etwas Humor. Zum Beispiel bekomme ich von Spielern oft zu hören, ich hätte ein Foul an ihnen nicht geahndet. Ist dem so, dann entschuldige ich mich dafür, denn kein Mensch ist fehlerlos. Hat der reklamierende Spieler vorher mal eine dicke Torchance ausgelassen, dann sage ich ihm in dem Moment auch, dass ich an seiner Stelle das Tor aber getroffen hätte, obwohl ich kein guter Schütze sei. Manchmal realisieren die Spieler dadurch, dass auch sie Fehler machen.

Wenn alles nichts nützt, spreche ich eine Strafe aus. Logisch sind die Spieler emotional geladen, dennoch müssen Grenzen gesetzt werden, auch im Interesse interessanter Spiele.

Müssen Sie in den Playoffs mehr Strafen verhängen, weil ruppiger gespielt wird?

Nicht unbedingt. Es geht natürlich intensiver zur Sache. Was am deutlichsten zunimmt, sind die «Boxkämpfe» auf dem Feld. Aber die sind eigentlich harmlos.

Harmlos?

Oberstes Gebot ist, dass ich Gewalt von Härte unterscheide. Diese Schlägereien sind lediglich ein harmloses Machogehabe. Fängt ein Spieler an, kann der andere nicht einfach davonlaufen, da er sonst ein Feigling wäre. Schon oft habe ich beobachtet, dass zwei Streithähne sichtlich froh waren, als sie von den Linienrichtern getrennt wurden. So musste keiner von ihnen aufgeben, es gab aber auch keinen Sieger.

Sollten Sie als Schiedsrichter nicht so eingreifen, dass es gar nicht zur Schlägerei kommt?

Als junger Schiedsrichter hatte ich genau diesen Anspruch. Nach ein paar Jahren habe ich gemerkt, dass ein Schlagabtausch auch eine reinigende Wirkung haben kann. Angestaute Aggressionen werden abgebaut und die betroffenen Spieler gehen danach weniger aggressiv zur Sache. Mir sind offene Schläge lieber als versteckte Fouls oder Checks, bei denen der Ellbogen ausgefahren wird.

Raufereien zwischen den Spielern sind das eine, die Gewalt auf den Rängen das andere.

An die Schmährufe der Fangruppen habe ich mich inzwischen gewöhnt. Auch daran, dass wir ausgepfiffen werden, wenn wir das Stadion betreten, obwohl wir noch keinen Pfiff für das eine oder andere Team abgegeben haben.

Hingegen finde ich das Verhalten einiger trauriger. Da beschimpfen Väter uns Schiedsrichter als als A … und W …, zeigen uns den Stinkefinger und werfen Dinge durch die Gegend, während ihre Kinder daneben sitzen und alles mitbekommen. Wo bleibt da die Vorbildfunktion? Doch als Schiedsrichter ist man halt eine Art Blitzableiter, den die Zuschauer auch für ihre privaten Probleme brauchen. Mir ist aber lieber, diese Personen lassen ihren Frust an mir aus als zuhause an ihrer Frau oder den Kindern.

Haben Sie denn nie Angst?

Doch. Es gibt immer wieder Situationen, wo man brenzlige Entscheide fällen muss. Da fragt man sich schon, ob man noch heil aus dem Stadion kommt und ob das eigene Auto nicht schon in Flammen steht. Ich habe auch schon anonyme Briefe erhalten, in denen meine Familie bedroht wurde. Man wisse wo meine Tochter zur Schule gehe, hiess es da, und falls ich nochmals als Schiedsrichter aufs Eis zurückkehren würde, würde man ihr etwas antun. In solchen Situationen frage ich mich schon, ob ich im richtigen Job bin.

Ist die Stimmung in den letzten Jahren aggressiver geworden?

Die Aggressionen ausserhalb des Stadions nehmen zu. Ich muss schon sagen, dass es im Schweizer Eishockey besorgniserregende Ausmasse angenommen hat. Ich bin überzeugt, dass in naher Zukunft einmal etwas Schlimmes im Zusammenhang mit Schiedsrichtern passieren wird. Etwas, das man in der Schweiz für unmöglich gehalten hätte.

Gibt es denn auch einen konstruktiven Austausch zwischen Schiedsrichtern und Fans?

Nach dem Spiel kommen oft Fans mit einer negativen Reaktion auf mich zu. Was ich denn für einen Mist gepfiffen hätte, werde ich gefragt. Wenn ich aber ins Detail gehe und wissen will, was ich genau schlecht gemacht habe, geraten die Fans oft in Argumentationsnotstand.

Kürzlich hat mich die alte Hooligan-Garde des EV Zug nach einem Spiel angepöbelt. Also habe ich mich zu ihnen gesetzt und ein Bier mitgetrunken. Wir haben lange diskutiert, am Schluss haben wir uns umarmt und verabschiedet. Am nächsten Spiel des EVZ standen diese dann auf der Tribüne, trugen unter ihren Lederjacken ein T-Shirt mit meinem Gesicht darauf und jubelten mir zu. Das war dann auch ein seltsames Gefühl.

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