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Der Seufzer Jesu

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Wort zum Sonntag

Wenn ein Mensch verstummt ist, nichts mehr sagen und folglich seine Empfindungen und Gefühle nicht zur Sprache bringen kann, da leidet nicht nur der oder die Betroffene selbst. Auch die Familienmitglieder und die Menschen der unmittelbaren Umgebung leiden unter dem Kommunikationsproblem. So bleibt ihnen oft nur noch ein tiefer Seufzer, den sie wortlos zum Himmel senden.

Der Evangelist Markus berichtet von einem Taubstummen (Mk 7, 31–37), den man zu Jesus bringt. Ist der Mann so geboren? Oder hat das Leben ihn stumm und taub gemacht? Hat ihn ein schreckliches Erlebnis geschockt und verstummen lassen? Ist so viel auf ihn eingeredet worden, dass er nichts mehr hören will, dass ihm das Hören vergangen ist? Hat er jedes Selbstbewusstsein verloren, dass er sich nicht mehr zu sprechen getraut?

Das alles wissen wir nicht. Der Mann ist einfach stumm und taub. Es gibt keine sprachliche Kommunikation. Wir werden auch nicht darüber in Kenntnis gesetzt, wie seine Kindheit verlaufen ist. Steht Jesus da einem vernachlässigten Kind gegenüber, dem Zärtlichkeit und Liebe gefehlt haben?

Etwas fällt auf: Diejenigen, die den Mann herbringen, bitten Jesus, ihn zu berühren. Und was tut Jesus? Er nimmt zuerst den Patienten beiseite, weg von der Menge. Offenbar soll er von aller Lärmüberflutung abgesondert werden: Kein Handy, kein musikalisches Unterhaltungsprogramm, keine Werbespots, keine gut gemeinten Ratschläge oder Worte des Mitleids sollen das Ohr des Geplagten erreichen. Jesus will mit ihm allein sein, da, wo sie beide abgeschirmt sind gegen jede Aufdringlichkeit von aussen.

Vielleicht ist es das erste Mal in seinem Leben, dass der Taubstumme sich an seinen empfindlichsten Stellen, dort, wo er seine Verletzungen hat, so sanft berührt fühlt. Jesus legt seinen Finger in die tauben Ohren und er berührt die lahmgelegte Zunge mit seinem eigenen Speichel. Und: Zum Himmel aufblickend tut Jesus einen tiefen Seufzer. Das ganze Leid dieser tief verletzten Männerseele hält er Gott entgegen, damit sie sprechen lernt.

«Öffne dich» ist das erlösende Wort in diesem Augenblick grösster Konzentration liebender Berührung. Jesus selbst hebt dabei sein Gesicht dem heilenden Kraftstrom Gottes entgegen.

Heilung, die hier in einem konzentrierten Augenblick geschieht, dafür braucht eine therapeutische Begleitung oft Jahre. Der tiefe Seufzer zu Gott hin – vonseiten dessen, der nicht zu sprechen vermag, sowie desjenigen, der den Verstummten «berühren» möchte –, dieser Seufzer jedoch vermöchte auch heute noch so manchen Heilungsprozess zu beschleunigen.

Ingrid Graveist Dominikanerin und lebt in Zürich, wo sie in der Ökumene und in der Arbeit mit Frauen engagiert ist.

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