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Der Staatsrat und die Silbentrennung

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Die Deutschlehrerin betritt das imposante Gebäude der Freiburger Finanzdirektion durch eine Seitentür. Freitags um sieben Uhr ist der Haupteingang noch geschlossen. Die Frühaufsteher sind unter sich.

«Früh am Morgen kann ich am besten lernen», sagt Georges Godel. «Aber heute bin ich ein wenig müde. Ich habe Geburtstag gehabt», verrät der Staatsratspräsident, «einen runden.» Die Musikgesellschaft sei gekommen, und er ist «parrain de drapeau». «Wie sagt man?», hakt er nach.

Der runde Geburtstag – das trifft sich gut. Die Deutschlehrerin, Frau Ewanga, hat einen Artikel aus den Freiburger Nachrichten mitgebracht: vom 18. April, Rubrik «Sozialer Weg». Es geht ums Älter-Werden. Godel und seine Lehrerin finden sich beim Thema sofort. «Wir sind beide 50 plus», sagt sie.

Wenn Georges Godel Deutsch lernt, dann bringt er immer wieder eine Anekdote hervor. Im Textbeispiel geht es darum, dass über 50-Jährige oft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind. Und Godel erzählt: «In der Baudirektion, wollte ich einmal einen – wie sagt man? – ‹cantonnier› anstellen. Das hat die Gewerkschaft kritisiert. Aber ich wurde als 55-Jähriger in den Staatsrat gewählt.»

Georges Godel liest sich durch den Text. Einige Worte fallen ihm schwer. «Beurteilung», zum Beispiel. Die Silbentrennung zwischen «e» und «u» ist tückisch. Und auch beim Wort «psychisch» stockt er. Das verflixte deutsche «ch». Doch die Lehrerin zeigt sich geduldig. Beim Wort «Studie» korrigiert sie den Magistraten, als dieser den «i» zu sehr in die Länge zieht.

Schon sehr sattelfest ist Georges Godel, wenn es um Institutionen geht. Um Bundesrat, Gesetze oder Zahlen. Einzig wenn die Zahlen grösser werden, ist es schwieriger. Bei «400000» werden die letzten paar Nullen zum Stolperstein. Doch dafür ist ja die Lehrerin da. Und Frau Ewanga muss die Zeitung des Tages schon gelesen haben, wenn sie mit ihrem Sprachschüler mithalten will. Die beiden «50 plus» bleiben bei der Ventilklausel hängen. Schwierige Ausdrücke versucht die Lehrerin zu umschreiben, bis der Staatsrat sie verstanden hat. Und wenn Georges Godel etwas noch nicht klar ist, nimmt er seine zweite wichtige Phrase zu Hilfe: «Noch einmal!»

Unterrichtsmaterial sind zumeist Artikel der Freiburger Nachrichten. Regelmässig lässt die Lehrerin Godel auch ein Gedicht lesen. «Mit dem Reim lernt man, fliessend zu sprechen», ist sie überzeugt.

Das grüne Schulheft bleibt für einmal die ganze Stunde geschlossen. Godel notiert darin Ausdrücke und Sätze, die ihm nützlich erscheinen. Er gewährt einen Blick in das Heft. Dort steht der Satz: «Die Feinde sind in den eigenen Reihen.»

Dossier Zweisprachigkeit: www.freiburger-nachrichten.ch

Kein Schulbuch, dafür aktuelle Zeitungsartikel bilden die Basis für den Deutschunterricht von Georges Godel.Bild Aldo Ellena

Drei Fragen an …

Georges Godel

Herr Godel, welche Erinnerungen haben Sie an den Deutschunterricht in der Schule?

1965 war ich als Bub ein Jahr in der Guglera bei den Schwestern, bevor die Schule keine Jungen mehr aufnahm. Es war eine gute Schule, wir mussten immer Deutsch sprechen. Wenn sie uns beim Französisch-Sprechen erwischten, mussten wir eine Busse bezahlen. Jeden Morgen gab es eine Messe. Auf Deutsch natürlich.

 

Welchen Kontakt hatten Sie mit Deutsch, bis Sie Staatsrat wurden?

Fast keinen mehr. Ich war zwar manchmal an Sitzungen der Milchproduzenten in Bern, aber das hat mit einer Übersetzung funktioniert.

 

Wann gebrauchen Sie Deutsch als Staatsrat?

Ich probiere immer ein wenig Deutsch zu sprechen. Wenn ich im See- und Sensebezirk bin, muss ich die Diskussionen verstehen. 2007 konnte ich fast kein Deutsch, jetzt spreche ich es in Deutschfreiburg. Nur schon aus Höflichkeit. Am schwierigsten ist für mich der Dialekt, und wenn schnell gesprochen wird.uh

 

Ein Heilmittel für besseres Verständnis

Autor: URS HAENNI

Freiburg «Ich rufe morgen beim Arzt an.» Keine komplizierte Aussage, eigentlich. Für eine gute Genesung trotzdem ziemlich wichtig. Und der Satz hat es in sich. So ist die Präposition «beim» eigentlich ein Zusammenzug von «bei» und «dem», und «anrufen» ist ein trennbares Verb, bei dem die Vorsilbe konjugiert an das Satzende kommt.

Rebecca Farah hat diese Hausaufgabe fehlerlos gelöst. Es ist ein kleiner Erfolg auf dem Weg zu besserem Deutsch. Farah ist Leiterin des Bereichs Physiotherapie am Freiburger Spital und hat in dieser Funktion auch mit deutschsprachigen Mitarbeitern zu tun. Vor allem in den Spitälern Tafers und Merlach.

«Für Kommunikation ist die Sprache nur eine oberflächliche Barriere», sagt sie. So verständigt sie sich mit einer nur Deutsch sprechenden Mitarbeiterin einfach auf Englisch.

Und trotzdem will Rebecca Farah so schnell wie möglich Deutsch lernen. Sitzungen finden zum Teil auf Deutsch statt, Lebensläufe von Bewerbern treffen auf Deutsch ein, deutschsprachiges Personal hat Anrecht auf eine Mitarbeiterbeurteilung in der Muttersprache, und Farah muss ihre Unterschrift unter Dokumente in deutscher Sprache setzen. Weder der Übersetzungsdienst des Spitals noch Google Translator können in allen Situationen helfen.

«Ich lerne leicht»

Rebecca Farah ist erst seit wenigen Monaten in der Schweiz. Die Belgierin lernte bis zu ihrem Stellenantritt in Freiburg fünf Sprachen; Deutsch war nicht darunter.

Nun lernt sie Deutsch. Erst auf privater Basis in Einzel- und Gruppenkursen, nun als Teilnehmerin der vom Freiburger Spital in Zusammenarbeit mit der Migros-Klubschule organisierten Kurse (siehe Kasten). «Eineinhalb Jahre», will sich Farah geben, bis sie fliessend Deutsch spricht. Ihre Lehrerin Uta Husfeld will ihr keine übertriebenen Hoffnungen machen: «Das dauert Jahre.» Doch Farah insistiert: «Ich lerne leicht.»

Gemeinsam mit Rebecca Farah besucht Nathalie Bartolucci den Deutschkurs des Freiburger Spitals. Sie ist seit Beginn des Jahres Leiterin für Ernährungsberatung an den sechs Standorten des Spitals. Zuvor arbeitete die Greyerzerin am Spital in Riaz. Und hatte dort «ab und zu» mit deutschsprachigen Patienten zu tun. Seit ihrer Matura vor 25 Jahren hat sie aber nicht mehr Deutsch gelernt.

Nun besucht Nathalie Bartolucci den Sprachkurs des Freiburger Spitals, weil sie wie Rebecca Farah mit deutschsprachigen Mitarbeitern zu tun hat. Bartolucci erhofft sich vom Deutschunterricht vor allem Erleichterung in administrativen Belangen. Sie will beispielsweise Verträge lesen und verstehen können.

Die Deutschlehrerin Uta Husfeld ermutigt beide, Arbeitssituationen in den Unterricht einzubringen. Sie hat den beiden Kursteilnehmerinnen zwar schon ein Buch mit Fachvokabeln aus dem medizinischen Bereich gegeben, der Unterricht basiert aber auf dem Lehrbuch «Studio d».

Doch der Unterricht hält sich nicht strikt an dieses Lehrmittel. So spielt Husfeld ab dem Computer ein Podcast der Webseite «slow german» ab. Da wird Deutsch wirklich langsam gesprochen. Die beiden Kursteilnehmerinnen gehen anhand dieses Beispiels einen typischen deutschen Tagesablauf durch. Und bleiben beim Wort «Feierabend» hängen. «Es hat nichts mit feiern zu tun», so die Lehrerin. Vielmehr heisse es einfach «fin de travail». Und dann stutzt Rebecca Farah beim Wort «beispielsweise». Hier kann ihre Kurskollegin aushelfen, welche «zum Beispiel» kennt. Uta Husfeld ergänzt, dass man dies ohne weiteres mit «z.B.» abkürzen kann. Wie auch «usw.» oder «z.Z.». Dies nicht in jedem schriftlichen Text, sicher aber in einem Bericht. In einem Arbeits- oder Krankenrapport, z.B.

Das Spitalpersonal lernt in der Regel in Kleingruppen.Bild Aldo Ellena

Zahlen und Fakten

245 Sprachschüler in drei Jahren

Das Freiburger Spital bietet seit 2009 Sprachkurse für sein Personal an, seit 2010 in Zusammenarbeit mit der Migros-Klubschule. Im Jahr 2010 lernten 150 Kursteilnehmer in grösseren Gruppen Deutsch oder Französisch. Später wurden die Klassen verkleinert, um den Bedürfnissen der Teilnehmer besser gerecht zu werden. 2011 waren es 60 Kursteilnehmer (41 auf Deutsch, 19 auf Französisch), 2012 bisher 35. Das Freiburger Spital hat ausserdem einen Übersetzungsdienst. Die Verantwortliche Daniela Luginbühl übersetzt hauptsächlich von Französisch auf Deutsch. Übersetzungen von Deutsch auf Französisch werden extern vergeben, Dokumente der Direktion geniessen erste Priorität. Für den Kontakt zwischen Personal und Patienten gibt es mündliche Dolmetscherdienste. uh

 

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