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Der Tod einer inhaftierten Frau wirft in Freiburg ungemütliche Fragen auf

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Der Tod einer 45-jährigen Frau, die im Einvernahmelokal der Kriminalpolizei in Freiburg leblos aufgefunden wurde, löst bei Rechtsexperten Unverständnis aus. Wichtig sei eine schonungslose Aufklärung des Vorfalls.

Am vergangenen Mittwoch wurde in einem Einvernahmelokal im Gebäude der Kriminalpolizei in Freiburg eine 45-jährige Frau leblos aufgefunden (die FN berichteten). Wie die Freiburger Staatsanwaltschaft auf Nachfrage schreibt, war die Frau am Abend zuvor von der Kantonspolizei festgenommen und vorläufig inhaftiert worden. Anderntags sei sie zur Haftprüfung in das Einvernahmelokal der Kriminalpolizei geführt worden. Gemäss Sprecher Raphaël Brenta befand sich die Frau zum Zeitpunkt ihres Todes alleine im Verhörraum. Die ersten gerichtsmedizinischen Untersuchungen würden die Vermutung eines Suizids stützen. 

Eine menschliche Tragödie

Die FN haben mit Benjamin Brägger, Sekretär des Strafvollzugskonkordats Nordwest- und Innerschweiz, und Nula Frei von der Rechtsfakultät der Uni Freiburg über den Vorfall gesprochen und sie gebeten, ihn nach jetzigem Wissensstand zu beurteilen. Nula Frei arbeitet im Bereich Menschrechtsschutz und Verfassungsrecht und ist Co-Autorin einer Studie über die menschenrechtlichen Garantien in Untersuchungshaft.

Wenn ich von einem solchen Vorfall höre, beschäftigt mich als Erstes die menschliche Dimension: Das muss eine äusserst tragische Situation für alle Beteiligten sein – für die Angehörigen der Verstorbenen, für die Polizisten und die Menschen, die dort arbeiten.

Phänomen des Haftschocks

Aus rechtlicher Sicht dränge sich die Frage auf: «Hätte man die Frau nicht besser überwachen oder Massnahmen treffen müssen, um einen Suizid zu verhindern?» Denn der sogenannte Haftschock kurz nach der Inhaftierung sei ein bekanntes Phänomen, auf welches das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter immer wieder hinweise: «Menschen, die noch nie zuvor inhaftiert waren, befinden sich in einer grossen Ungewissheit – warum bin ich hier, wie lange muss ich noch bleiben? –, die dazu führen kann, dass sie sich im Affekt etwas antun.» Weil der Hafteintritt eine besonders sensible Phase sei, müsse man besonders behutsam mit diesen Menschen umgehen. Im konkreten Fall sei jedoch offen, ob die Frau eine Vorgeschichte psychischer Instabilität gehabt und ob sie schon vorher Erfahrungen mit dem Strafvollzugssystem gemacht habe. 

Unterlassung der Fürsorgepflicht?

Benjamin Brägger bestätigt das. Aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Empfehlungen des Europarats leite sich im Fall eines Freiheitsentzugs eine Fürsorgepflicht des Staats ab. «Bevor jemand eingesperrt wird, müsste demnach eine sanitarische Eintrittsmusterung erfolgen», erklärt er. Sprich: Besonders, wenn jemand die Nacht alleine in einer Zelle verbringt, müsste ein Arzt oder eine Ärztin schauen, ob eine Person hafterstehungsfähig ist – seelisch und körperlich. «Wenn beispielsweise jemand unter Drogen- oder Alkoholeinfluss steht, gehört der oder die Inhaftierte ins Spital und nicht in eine Zelle zur Ausnüchterung.» Möglich sei auch, dass eine Pflegefachperson die körperlichen Funktionen eines Inhaftierten oder einer Inhaftierten überprüfe. «Wenn eine Antwort oder ein Parameter, wie zum Beispiel der Puls, aus dem Ruder läuft, müsste dann ein Arzt beigezogen werden.» Weil die sanitarische Eintrittmusterung aufwendig sei, werde eine solche allerdings nicht immer durchgeführt. «Bei einer korrekt erfolgten Eintrittsmusterung hätte man indes einen Beleg, dass man die Person auch einen Moment alleine lassen kann.»

Auch für Brägger ist im konkreten Fall offen, ob es Anzeichen dafür gab, dass die Person suizidgefährdet war. Und die andere Frage, die er sich stelle, sei:

Wie kann man sich in einem Einvernahmezimmer, das in der Regel rudimentär eingerichtet ist, das Leben nehmen? 

Braucht es ausserkantonale Untersuchung?

Aktuell werden die Umstände des Todesfalls von Generalstaatsanwalt Fabien Gasser untersucht. Die technischen Untersuchungen werden gemäss Sprecher Brenta von einer ausserkantonalen Kantonspolizei durchgeführt. Für Brägger stellt sich hier die Frage, ob es nicht opportun wäre, wenn auch ein ausserkantonaler Staatsanwalt die Untersuchung leiten würde. «Denn der Generalprokurator ist zwar der oberste Kopf des Strafuntersuchungsverfahrens, aber auch Teil dessen.» 

Grundsätzlich räumt Brägger ein, dass ein solcher Vorfall passieren kann. Im Justizvollzug gebe es immer wieder unglaubliche menschliche Tragödien:

Darum ist es umso wichtiger, dass die Vorkommnisse absolut seriös abgeklärt werden, sodass kein Verdacht entsteht, dass etwas vertuscht werden soll.

Sollte tatsächlich herauskommen, dass die staatliche Fürsorgepflicht verletzt worden sei, könnten gegenüber dem Staat Entschädigungs- und Genugtuungsforderungen entstehen, erklärt Brägger weiter.

Haftbedingungen kritisiert

Nula Frei betont: «Im Grunde genommen ist jeder unnatürliche Tod in Haft ein Skandal. Das sollte nicht passieren.» Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter habe denn auch immer wieder kritisiert, dass die Untersuchungshaft in der Schweiz besonders hart sei, was angesichts der Unschuldsvermutung problematisch sei. Auch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter habe diesbezüglich mehrere Empfehlungen verabschiedet. So sollen Menschen unter anderem nicht während 23 Stunden in Isolationshaft genommen werden, wenn dies unverhältnismässig ist.

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