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Der Versuch, die Schultüren zu öffnen

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Seit 2002 leitet Reto Furter das Amt für den obligatorischen deutschsprachigen Unterricht im Kanton Freiburg. Die FN blicken mit ihm auf seine Amtszeit zurück.

 

 Als Sie bei der Erziehungsdirektion Ihren Rücktritt einreichten, wussten Sie noch nicht, was Sie danach machen würden. Ist ihre berufliche Zukunft nun geregelt?

Ja. Ich übernehme jetzt für vier Jahre, bis im Sommer 2018, die Gesamtprojektleitung des interkantonalen Schulprojekts «Passepartout». An diesem Projekt sind sechs Kantone beteiligt, darunter Freiburg. Diese haben 2006 eine Vereinbarung unterzeichnet, mit der sie gemeinsam den Fremdsprachenunterricht weiterentwickeln wollen. Das ist ein grosses, sehr ambitioniertes Projekt, im Rahmen dessen wir neue Lehrmittel entwickeln, einen neuen Lehrplan erstellen, Stundentafeln anpassen und die Ausbildung für Lehrpersonen erneuern. Die sechs Kantone haben sich dafür ausgesprochen, dass die erste Fremdsprache ab der 3. Klasse Französisch ist und die zweite ab der 5. Klasse Englisch.

 

 «Passepartout» läuft bereits acht Jahre. Welche Aufgaben erwarten Sie in den kommenden vier Jahren?

Es geht nun darum, das Projekt zu stabilisieren und erfolgreich zu Ende zu führen. Im Moment läuft die Umsetzung. Das ist eine heikle und anspruchsvolle Phase, vor allem weil jetzt der Übergang von der Primarschule zur Sekundarstufe I läuft.

 

 Wo werden Sie diese Arbeit verrichten?

In Freiburg. Im Moment sind die Büros in Basel-Stadt. Freiburg wird so etwas wie der Hauptsitz von «Passepartout» mit einem Büro für mich und einer Sekretärin. Dazu gibt es ein Kernteam von acht Personen, die aber in ihren jeweiligen kantonalen Verwaltungen angestellt sind.

 

 Sie sagten einmal, Sie hätten wieder Lust, in die Praxis zurückzukehren. Warum ist es nicht so weit gekommen?

In meiner beruflichen Planung ist «Passepartout» nun eine befristete Zwischenphase. Es ist ein Projekt, das ich durch meine jetzige Tätigkeit sehr gut kenne, und das ich einzigartig und exemplarisch finde. Aber anschliessend würde ich wirklich gerne meinen Traum erfüllen, eine pädagogische Institution zu führen.

Hatten Sie den Eindruck, in ihrer jetzigen Tätigkeit zu weit weg von den Schulzimmern gewesen zu sein?

Ja. Ich habe wohl versucht, nahe bei den Lehrpersonen zu sein; die Wege zu mir waren kurz. Aber ich hatte zunehmend den Eindruck, ich könne nur indirekt wirken. Da, wo ich gerne Einfluss genommen hätte, war ich zu weit weg. Wenn man eine Schule für Kinder gestalten will, in der sie möglichst Erfolg und Freude haben, geschieht das nicht in der Verwaltung. Wir versuchen zwar möglichst gute Bedingungen zu schaffen, damit erfolgreiches Lernen möglich ist. Aber das ist sehr abstrakt und hat mir zunehmend zugesetzt.

 

 Wann sassen Sie letztmals in einem Schulzimmer bei einer Unterrichtslektion?

Vermutlich letztes Jahr, als wir Englisch ab der 5. Klasse einführten. Aber das sind rare Momente, wie Sternstunden.

 

 Sie sind seit 2002 im Amt. Ihre Zeit fällt mehr oder weniger mit der Harmonisierungs-Bewegung zusammen. Hat dies Ihre Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt?

Ja und Nein. Gesamtschweizerisch hat die Harmonisierung dazu geführt, dass man neue Projekte und Entwicklungen einleiten konnte. Zum Beispiel die Einführung des zweiten Kindergartenjahres und des Kindergartenobligatoriums, die gemeinsame Weiterentwicklung des Fremdsprachenunterrichts, den Lehrplan 21 … Kantonal ist das neue Schulgesetz vor allem ein Harmonisierungsprojekt. Dahinter steckt auch die Idee, die beiden Sprachregionen Freiburgs näher zusammenzuführen. Dort wird die Autonomie der Deutschfreiburger Schule tangiert. Da muss man Kompromisse finden, und das bedeutet immer auch, dass man etwas preisgibt. Das Harmonisieren darf aber auf keinen Fall ein Nivellieren auf qualitativ tieferem Niveau bedeuten.

 

 Inwiefern hat tatsächlich eine Annäherung zum französischsprachigen Unterricht stattgefunden?

Wir sind auf dem Weg dazu im Rahmen des Ausführungsreglements zum Schulgesetz. Ein konkretes Beispiel: Wie können wir zwei unterschiedliche Übertrittsverfahren zusammenführen? Dann die Schulleitung in der Primarschule: Daran arbeitet Deutschfreiburg seit 15 Jahren und ist seit 2006 bereit, aber die Französischsprachigen mussten innert kürzester Zeit enorm aufholen. Ein anderes Thema sind die Aufnahmebedingungen für das Gymnasium. In Deutschfreiburg kann ein Schüler mit Note 5 aus der allgemeinen Abteilung prüfungsfrei ins Gymnasium. Bei den Französischsprachigen ist das nur aus einer Progymnasialklasse möglich. Das hat Auswirkungen auf die Gestaltung und das Profil dieser Abteilungen.

 

 Was ist heute charakteristisch für die Deutschfreiburger Schule?

Die Deutschfreiburger Schule ist im Quervergleich mit anderen Kantonen eine Schule von hoher Qualität, sehr nah am pädagogischen Puls der Zeit. Die Schulen sind dank der Gemeinden in der Regel sehr gut ausgerüstet. Wir haben vernünftige Schulgrössen, bei denen man eine Gemeinschaft gestalten und erleben kann.

Sie haben vieles wissenschaftlich begleiten lassen. Ist das Ihre Handschrift?

Ja, das ist ein Kennzeichen. Ich habe von Anfang an versucht, die Schultüre für Forscher zu öffnen. Das hat damit zu tun, dass ich viele Kontakte habe mit solchen Personen, gerade auf dem Platz Freiburg; hochkompetente Forscher, von denen die Schulen einen Gewinn ziehen konnten.

 

 Solche wissenschaftlichen Untersuchungen decken nicht immer nur angenehme Erkenntnisse auf.

Sie halten der Schule einfach einen Spiegel vor. Sie bewerten nicht, was gut und schlecht ist. Sie beschreiben, was sie sehen. Ich habe versucht, diese Beschreibungen sehr ernst zu nehmen und sie mit meinen zuständigen Leuten zu diskutieren. Man kann nicht immer Veränderungen einführen. Aber die Forschung führt immerhin dazu, die Praxis besser zu verstehen und selbstbewusster dahinterzustehen.

 

 Grössere Projekte sind aufgegleist: das Schulgesetz, das Sonderpädagogikkonzept, der Lehrplan 21. Sind das die Herausforderungen für Ihren Nachfolger Andreas Maag?

Jetzt geht es um die Umsetzung des Schulgesetzes und das Etablieren der umfassenden Schulleitung auf Primarschulstufe. Dort wird die grosse Herausforderung sein, dass man die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellt. Meine grosse Sorge ist, dass man zwar die Führungsqualität in der Primarschule verbessern will, aber letztlich nicht bereit ist, das zu investieren, was man investieren muss. Aufpassen muss man auch, dass man nicht in eine zu grosse Eile kommt mit der Harmonisierung und der Angleichung zwischen deutsch- und französischsprachigem Unterricht; dass man irgendwelche Kompromisse bastelt, die letztlich zu einer Einbusse an pädagogischer Qualität führen. Ich habe gelernt, dass es die nötige Zeit und Sorgfalt braucht, um Entwicklungen erfolgreich umzusetzen.

Da, wo ich gerne

Einfluss genommen

hätte, war ich zu

weit weg.

Reto Furter

Vorsteher deutschsprachiger Unterricht

Reto Furter: Aufgerieben zwischen zwei Seiten

D ie Lehrerschaft hat in letzter Zeit öfters ihren Unmut geäussert. Reto Furter zeigt dafür ein gewisses Verständnis.

Im Freiburger Bildungswesen gab es zuletzt atmosphärische Störungen: Lehrer gingen auf die Strasse, sie riefen einen Praktikumstopp aus. Jetzt drohen weitere Sparmassnahmen. Haben diese Prozesse das Verhältnis zwischen Lehrerschaft und Behörden getrübt?

Ja, auf jeden Fall. Die Lehrer fühlen sich zu wenig respektiert in ihrer anspruchsvollen beruflichen Situation. Die politische Botschaft lautet, zu sparen und zu restrukturieren. Gleichzeitig fordern die Lehrer zusätzliche Unterstützung, um ihren Beruf mit Erfolg ausüben zu können, weil die Bedingungen schwieriger geworden seien. Das schafft Misstrauen.

Waren Sie in Ihrer Funktion zwischen den beiden Seiten aufgerieben?

Ja, das war der Preis. Meine Aufgabe ist, da zu vermitteln. Ich kann für beide Seiten Verständnis aufbringen. Das auszuhalten, war schwierig und hat an meinen Kräften gezehrt.

Konkret zu den Sparmassnahmen im Bildungsbereich: Wurden Sie einbezogen, um diese auszuarbeiten?

Wir Amtsvorsteher wurden einzig aufgefordert, Ideen zu liefern, welche Möglichkeiten zum Sparen existieren. Es gibt Massnahmen, die sehr wehtun, dank derer man aber sparen kann. Aber da signalisierten wir jeweils auch, welches die Risiken solcher Massnahmen sind. Entschieden haben die Sparmassnahmen schliesslich nicht wir, sondern die politischen Instanzen.

Von allen Massnahmen spricht man am häufigsten davon, die Schülerzahl heraufzusetzen, ab der neue Klassen eröffnet werden. Litte die Qualität des Unterrichts wirklich darunter?

Die Klassengrösse hat keinen Einfluss auf den Lernerfolg des Schülers. Das weiss man heute. Selbstverständlich aber hat die Klassengrösse einen Einfluss auf die Belastungssituation des Lehrers. Es macht einen Unterschied, ob er 16 oder 26 Schüler hat. Die Situation des Kindes soll man nicht überstrapazieren; hingegen ist die Lage des Lehrers wirklich ernst zu nehmen.

Man hat Sie als ruhige und besonnene Person wahrgenommen. Trotzdem wirkten Sie beim Praktikumstopp genervt. Kam es öfters zu solchen Situationen?

Ja. Gerade beim Praktikumstopp war ich vor allem enttäuscht, weil nach meiner Überzeugung die Falschen bestraft worden wären, nämlich die künftigen Berufskolleginnen und -kollegen. Dann gab es auch Situationen, bei denen Personen aus meinem beruflichen Umfeld ihrer Aufgabe und Funktion fachlich und menschlich nicht gewachsen waren oder mein Vertrauen missbraucht wurde. Das hat mich genervt und enorm enttäuscht. Ich habe aber dank der Aufgabe und den Menschen an meiner Seite eine wertvolle und lehrreiche Zeit erlebt. uh

Zur Person

Lehrer, Amtsleiter, Dozent an der Uni

Ende nächster Woche verlässt Reto Furter das Amt für den deutschsprachigen obligatorischen Unterricht, das er seit Mai 2002 geleitet hat. Das Amt ist für 900 Lehrpersonen sowie 8500 Schüler an deutschsprachigen Kindergärten, Primar- und Orientierungsschulen zuständig. Furter war zuvor drei Jahre OS-Inspektor gewesen. Der 1962 geborene Pädagoge hat seine Schulzeit in den Kantonen Solothurn und Luzern absolviert, liess sich an der Uni Freiburg zum Sekundarlehrer ausbilden, erwarb ein Lizenziat in vier Fächern und später auch das Gymnasiallehrerdiplom. An der Universität hatte er auch einen Lehrauftrag .uh

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