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«Die Armut ist ein soziales Stigma»

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Autor: irmgard Lehmann

Die beiden Studentinnen Rebekka Sieber und Barbara Erzinger haben die Armut bei Kindern und Jugendlichen im Kanton Freiburg unter die Lupe genommen. Welche Angebote zu ihrer Bekämpfung gibt es? Decken diese den Bedarf der Betroffenen? Wo sind Lücken? Im Rahmen einer Bachelorarbeit sind sie diesen Fragen nachgegangen und haben festgestellt, dass sich das Angebot im Kanton Freiburg sehen lassen darf. Allerdings werden Armutsbetroffene zu wenig erreicht und über die Angebote informiert. Auch fehlt es an Geld und Koordination, um Bedürfnisse besser abzudecken.

Die beiden Frauen haben 15 regionale Sozialdienste befragt und mit 13 Experten, die sich mit armutsbetroffenen Kindern und Jugendlichen beschäftigen, Interviews geführt.

Armut habe viele Facetten, sagen Sie. Inwiefern?

Rebekka Sieber (R. S.) Die finanzielle und materielle Notlage ist nur die eine Seite. Armutsbetroffene Kinder und Jugendliche sind in vielen anderen Bereichen eingeschränkt. In der Gesundheit, im Wohnen, in der Ausbildung und in der Freizeitgestaltung. Das vergisst man oft. Und darum müssen die Angebote auch in diese Richtung gehen.

Weiss man denn überhaupt, wie viele Kinder und Jugendliche im Kanton Freiburg von Armut betroffen sind?

Barbara Erzinger (B. E.) Nein, dazu gibt es keine Zahlen. Und das macht es auch schwierig, den Bedarf der Betroffenen zu erfassen. Die Armut ist ein soziales Stigma. Armut wird versteckt. Kein Kind und kein Jugendlicher will als arm gelten. Und darum verfügt auch kein Amt über konkrete Zahlen.

Wir wissen zwar, wie viele Leute Sozialhilfe beziehen und dass Kinder und Jugendliche besonders häufig auf diese Unterstützung angewiesen sind. Doch sagt dies letztlich nichts über die effektive Zahl von armutsbetroffenen Kindern und Jugendlichen.

Wer ist am häufigsten betroffen?

R. S. Zuoberst auf der Liste stehen Alleinerziehende. Auch ist Kinderreichtum oft ein Armutsrisiko. Viele dieser Grossfamilien haben einen Migrationshintergrund. Aber auch Kleinverdiener und Familien mit niedrigem Bildungsniveau sind häufig betroffen.

Meistens aber wird man nicht durch einen einzigen Faktor in die Armut gestürzt. Bis es so weit ist, kommt einiges zusammen: der Verlust des Arbeitsplatzes von Vater oder Mutter; ein Elternteil wird krank; die Scheidung steht bevor. Bei vielen Familien reicht das Geld nur knapp, und so braucht es nur ein unerwartetes Ereignis und alles fällt aus dem Gleichgewicht.

Sie haben herausgefunden, dass das Angebot im Kanton Freiburg o. k. ist – inwiefern?

B. E. Es gibt ein breites Angebot in den Bereichen der Familie, der Bildung und auch des sozialen Umfelds.

Es sind dies ganz verschiedene Angebote, wie z. B. die Vinzenzkonferenzen, Fri-Santé oder natürlich auch die Unterstützungsleistungen des Kantons und der Gemeinden.

Aber das Problem ist, dass für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche oft der Zugang zu solchen Angeboten nicht gewährleistet ist.

Oft happert es beispielsweise an der Finanzierung eines Angebotes, an der Information der Betroffenen über ein Angebot und ihre Rechte oder an der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen. Oft haben die Angebote auch eingeschränkte Kapazitäten, um auf die Nachfrage zu reagieren.

Und wie kann man die Hilfe optimieren?

R. S: Indem man im Alltag sensibler reagiert. Armutsbetroffene Eltern besuchen ja auch Elternabende. Väter und Kinder machen vielleicht in einem Fussballclub mit oder besuchen einen Sprachkurs.

Auch Ärzte sind immer wieder mit Familien konfrontiert, die Unterstützung brauchen. Professionelle oder Vereinsleitende sollten auf solche Situationen reagieren. Durch eine bessere Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen könnte auch der Zugang der Betroffenen zu den Angeboten verbessert werden.

Denn die Hemmschwelle, selber irgendwo anzuklopfen, ist bei diesen Menschen sehr gross. Sie haben Angst vor einer Stigmatisierung oder sind zum Teil auch überfordert mit dem Ausfüllen von Formularen oder anderen administrativen Hürden.

Mit der finanziellen Hilfe ist es also nicht getan?

B. E. Nein. Die Familie muss als Ganzes gesehen werden. Sie braucht auch Unterstützung in der ausserfamiliären Kinderbetreuung oder im Gestalten der Freizeit.

In Situationen wie beim Schuleintritt, beim Eintritt ins Berufsleben oder bei der Scheidung der Eltern sind armutsbetroffene Kinder und Jugendliche ganz besonders auf Unterstützung angewiesen. Und da geht es nicht nur ums Geld.

Gibt es im Kanton Freiburg diesbezüglich Angebote?

B. E. Ja. Wir denken dabei an Institutionen wie eine Mütter- und Väterberatung, den Verein Familienbegleitung, eine Berufsberatung – oder es kann auch ganz einfach ein Sportclub sein. Das Zentrale ist, dass die Betroffenen auch Zugang zu diesen Angeboten haben.

Sie haben an ihrer Bachelorarbeit knapp zwei Jahre gearbeitet. Wird sie etwas bewirken können?

R. S. Wir hoffen, mit dieser Arbeit das Thema Armut etwas mehr ins Bewusstsein bringen zu können und so vor allem auch Leute, die direkt oder indirekt mit Armutsbetroffenen in Kontakt sind, zu sensibilisieren. Armut ist in der Schweiz ein Tabuthema; man spricht nicht darüber und doch gib es sie. Darum haben wir das Thema auch gewählt.

Erfreulicherweise konnten wir bereits die beiden Kinder- und Jugenddelegierten des Kantons zum Gedankenaustausch treffen.

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