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Die Frau in meinem Kopfhörer

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Die Frau in meinem Kopfhörer

Filmfestival Freiburg: Maria Jimenez übersetzt Filme simultan auf Französisch

Gleich mehrere am Freiburger Filmfestival gezeigte Streifen sind weder Deutsch oder Französisch gesprochen noch untertitelt. Maria Jimenez und Heidi Bachmann sorgen dafür, dass man die Filme via Kopfhörer mitverfolgen kann.

Von URS HAENNI

«Dear Grandfather, your right foot is missing». Nichts verstanden? Dies sollte Sie aber nicht davon abgehalten haben, den Film dennoch zu sehen. Beim Eingang in den Kinosaal Rex konnte sich nämlich mit einem Kopfhörer bedienen, wer des Englischen nicht mächtig war, und den Film dann mit einer französischen Stimme im Ohr verfolgen.

Der Film «Dear Grandfather . . .» des Südafrikaners Ahmed Yanus aus dem Jahre 1995 gehört typischerweise in die Retrospektive «Das Unsichtbare filmen». Der Regisseur filmt das multikulturelle Viertel District Six in Kapstadt, und zwar so, wie es einmal gewesen war, bevor die weisse Regierung es dem Erdboden gleichgemacht und für weisse Geschmäcker wieder aufgebaut hat.

Unsichtbar ist jedoch nicht nur die Vergangenheit im Film, sondern so gut es geht auch Maria Jimenez im Kinosaal. Sie hat zuhinterst oben rechts in einem Fauteuil Platz genommen, neben sich eine kleine Lampe mit blauem Licht, vor und neben sich einen Haufen von Hand beschriebener Blätter, in der Hand ein Mikrofon. Sie spricht während des Films gerade mal so laut, dass man es zwei Plätze zur Linken schon fast nicht mehr versteht.

Anspruchsvoll – für das Publikum und die Übersetzerin

In «Dear Grandfather . . . » sprechen vor allem die Bilder und die Töne. Atmosphäre statt Handlung. Ein anspruchsvoller Film; viele Zuschauer verlassen den Saal während der Aufführung. Anspruchsvoll ist der Film auch für Maria Jimenez. Nicht, weil sie als Fachfrau mit einem Doktorat in Cinematografie der kanadischen Universität Lavalle den Film nicht verstehen würde, sondern weil er zum Übersetzen besondere Anforderungen stellt.

Da spricht zu Beginn minutenlang eine Stimme aus dem Hintergrund des Films. Es sind lange Sätze mit wenig Pausen, eher schnell gesprochen, dazu in einem südafrikanischen Akzent mit spitzen Vokalen, der sich vom Englischen in Kanada ziemlich unterscheidet.

Dann folgt eine lange Verschnaufpause mit der sphärischen Musik von Jean-Michel Jarre, dann Gesprächsfetzen aus der Vergangenheit, zusammenhangslos aneinander gesetzt, mit lokalen Ausdrücken aus Kapstadt.

Die handgeschriebenen Notizen auf Maria Jimenez’ Beinen zeigen, dass sie sich in den letzten Tagen hier in Freiburg vorbereitet und die zu übersetzenden Filme schon mal auf Video angeschaut hat. Doch wenn Englisch gesprochen wird, dann schaut sie kaum noch auf die Blätter, sondern übersetzt spontan ab Leinwand auf Französisch. Die Blätter dienen dann nur noch als eine Art Fangnetz, wenn sich Jimenez mal verlieren sollte.

Doch Maria Jimenez hat Erfahrung im Simultanübersetzen von Filmen. Sie tat dies bereits an Festivals in Kanada, wo sie auch den künstlerischen Direktor des Freiburger Festivals kennen gelernt hatte. Seither kommt sie jedes Jahr zum Übersetzen nach Freiburg. Ihre Arbeit teilt sich Jimenez dieses Jahr mit Heidi Bachmann.

Zehn Filme aus dem diesjährigen Festivalprogramm werden simultan auf Französisch übersetzt, doch Maria Jimenez sagt, dass sie fast mehr für die internationale Jury zurückübersetzen muss. Sei es bei Vorführungen für die Jury, sei es bei deren Beratungen.

«Ich bin Professorin und Latina,
das hilft»

Mit dem kubanischen, dem dominikanischen und dem kanadischen Pass ausgestattet, bewegt sich Maria Jimenez mit Leichtigkeit zwischen den Sprachen. Bei Filmen kommen aber noch zusätzliche Herausforderungen auf sie zu. Da hat es Dialoge und Emotionen, so dass sie manchmal auch Tonlagen in ihre Übersetzungen einzubringen versucht. «Wissen Sie, als Professorin ist man auch ein bisschen Schauspielerin, das hilft», sagt Jimenez. «Ausserdem bin ich eine Latina.»

Mit dem Mikrofon in der Hand und dem Kopfhörer aufgesetzt, das kleine Mischpult gleich hinter dem Sessel, wird die zuvor offene und gesprächige Frau plötzlich still und konzentriert. «Man darf keine Sekunde die Konzentration verlieren», sagt sie. Nicht mal ein Glas Wasser hat sie neben sich, falls sie Probleme mit der Stimme bekommen sollte. Sie habe fast keine Pause, um zu trinken.

Beim Übersetzen bleibt der
Filmgenuss auf der Strecke

Auch wenn im Film nicht gesprochen wird, so gibt es doch immer wieder Aufschriften wie Gedenktafeln oder Plakate, die sie den Zuschauern auch ins Französische übersetzt. Am schwierigsten seien aber die Filme mit vielen Dialogen, und da versucht sie, im Voraus schon mal die Dialoge schriftlich zu bekommen. Generell erachtet sie es auch als schwieriger, wenn sie ab Untertiteln übersetzen muss. Lesen und Übersetzen ist anspruchsvoller als Hören und Übersetzen. Vor allem, wenn Jimenez’ Auge zwischen den Notizen bei sich und der Leinwand immer wieder hin- und herfokussieren muss.

Kommt die Kinoliebhaberin denn auch dazu, die Filme, welche sie übersetzt, zu geniessen? Jimenez: «Nein, das geht nun wirklich nicht.»

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