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«Die Freiburger Justiz funktioniert schlecht»

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Geheimnis des Gutachtens gelüftet: scharfe Kritik an Justiz und Polizeikommando

Autor: Von Irmgard Lehmann

Eigentlich hätte der Expertenbericht erst im Juli öffentlich werden sollen. Laut Staatsratspräsidentin Ruth Lüthi haben nur gerade 17 Personen – Untersuchungsrichter und Staatsräte – eine Kopie der Expertise erhalten.

Kürzlich kam auch die «Liberté» in den Besitz des Dokuments. Sie veröffentlichte am Montag Auszüge daraus. «Ich war sehr erstaunt über die Publikation und frage mich, wie das möglich war», sagt Untersuchungsrichter Markus Julmy, der selber noch kein Exemplar zu Gesicht bekommen hat.

Vorderhand keine Stellung nehmen will Staatsrätin Ruth Lüthi: «Eine Unterredung mit dem Kantonsgericht ist für Mittwoch vorgesehen.» An der Sitzung wird somit über das weitere Vorgehen bestimmt.

Schwer wiegende Vorwürfe

Die Expertise des jurassischen Kantonsrichters Gérard Piquerez und des Staatsanwaltes Pierre Cornu aus Neuenburg hat die Jahre 1988 bis 1998 unter die Lupe genommen. Das Fazit: «Die Freiburger Justiz funktioniert schlecht und weist gravierende Mängel auf»; Amtsmissbrauch, Verzögerungen, unerlaubtes Weitertragen von Informationen, Missachtung der Gewaltentrennung. «Die Untersuchungsrichter haben es mit steter Regelmässigkeit unterlassen, die Rechte der Parteien und die Unschuldsvermutung zu respektieren», heisst es im Gutachten.

Die Expertise weist aber auch darauf hin, dass sich die Situation von 1998 mit der Einführung der neuen Strafprozessverordnung um einiges gebessert habe.
Der Staatsrat des Kantons Freiburg hat die Expertise auf Grund einer Motion des CSP-Grossrates Josef Brügger in Auftrag gegeben.

Die Rolle des Rechtsprofessors
Franz Riklin

Die Expertise räumt ebenfalls den Anklageschriften des Freiburger Rechtsprofessors Franz Riklin einen breiten Platz ein. Laut «Liberté» rügt sie einerseits den angeschlagenen Ton des Professors. Auf der anderen Seite wiederum gibt das Gutachten dem Professor in grossen Zügen Recht.

Trotz des einen Vorwurfs freut sich Franz Riklin über die Haltung der Experten. «Ich bin völlig bestätigt worden», meint der Rechtsprofessor und «die Expertise ist eigentlich mein Verdienst.» Was ihn denn bewogen habe, sich mit so viel Energie einzusetzen? Er habe ein ausgesprochenes Gerechtigkeitsempfinden. «In unserem Kanton gibt es viele Opfer der Justiz.» Und Untersuchungsrichter Lamon als Missetäter? Nein, so sei das nicht zu sehen. Versagt habe in erster Linie die Strafkammer (früher Anklagekammer).
Und so hofft der Rechtsprofessor: «Ich glaube daran, dass einiges in Bewegung gerät.»
Zur Erinnerung: Gegen den Untersuchungsrichter Patrick Lamon hat der Freiburger Rechtsprofessor Strafklage eingereicht. Der ausserordentliche Untersuchungsrichter Michel Mooser hat das Strafverfahren jedoch kürzlich eingestellt. Mit der Begründung, dass die gegen Lamon erhobenen Vorwürfe keine Verletzung des Strafgesetzes darstellen. Anderseits ist nach wie vor eine Ehrverletzungsklage offen gegen Riklin von Seiten Lamons und des Polizeikommandants Pierre Nidegger.

Die Verantwortlichen hüllen sich
in Schweigen

Weder Untersuchungsrichter Patrick Lamon noch Justiz- und Polizeidirektor Claude Grandjean wollten zu den Auszügen der Expertise Stellung nehmen. «In einer Woche liegt eine schriftliche Stellungnahme vor», sagt Lamon, ansonsten habe er nichts zu sagen. Bestätigt hat er jedoch die Aussagen der «Liberté». Patrick Lamon sieht sich als Opfer eines Komplotts. «Einiges ist inkompetent und falsch dargestellt.» Ausserdem habe es der einstige Drogenchef Paul Grossrieder auf ihn abgesehen, heisst es in der «Liberté».

Die Vorwürfe

Im Rahmen der Affäre Kéke Clerc und Pierre Rime wurden viermal Polizisten ins Ausland geschickt: Dreimal nach Spanien und einmal auf die Kanarischen Inseln. Für die Aktion waren die Untersuchungsrichter Patrick Lamon und André Piller verantwortlich. Die Reisen erfolgten ohne Information und Einschaltung der spanischen Polizei, was einer illegalen Handlung gleichkommt.

Die Justiz hat über längere Zeit illegale Telefonkontrollen angeordnet.
Laut Expertenbericht ist das Klima von Misstrauen und Missgunst geprägt. Dies vor allem zwischen der Kriminalpolizei und dem Untersuchungsrichter Patrick Lamon.
hat entgegen der gesetzlichen Vorschriften an Verhören gegen Polizisten teilgenommen.
Absprachen zwischen dem Untersuchungsrichter und dem Kantonsgericht haben stattgefunden.
sind weitere Vorwürfe.

Die neue Verordnung
für Strafprozesse

Die neue Strafprozessverordnung wurde vor zwei Jahren eingeführt. Sie ist gekennzeichnet durch drei Schwerpunkte.

Erstens wurde die Arbeitsaufteilung der Richter und der Polizei neu geregelt. Zweitens ist das Teilnahmerecht der Parteien im Rahmen der Untersuchung stark ausgebaut worden. Das Gerichtsverfahren werde dadurch einiges kürzer, erklärt Untersuchungsrichter Markus Julmy: «Das Wesentliche spielt sich im Rahmen der Untersuchungen ab.»
Und eine dritte Neuerung betrifft die Rechtsuntersuchung im Rahmen der Appellation.
Zu erwähnen ist ebenfalls die Gewaltentrennung zwischen Gerichtspräsident und Untersuchungsrichter. Seit 1988 konnte der Gerichtspräsident nicht mehr gleichzeitig das Amt eines Untersuchungsrichters ausüben.

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