Bisher war ein Verein verantwortlich für den Betrieb der Kerzerser Bibliothek. Doch eigentlich sei das eine Gemeindeaufgabe, finden der Verein und der Gemeinderat. Deshalb ist die Bibliothek jetzt in neuen Händen.
Der Verein Bibliothek Kerzers ist Geschichte. Er hat sich am Dienstag in der Aula der OS Kerzers ohne Gegenstimme aufgelöst und die Bibliothek in neue Hände übergeben. Rückwirkend auf den 1. Januar 2022 betreibt die Gemeinde Kerzers die Bibliothek, welche sich am Übergang von der Vorderen Gasse in die Oelegasse befindet.
Der Bibliotheksverein löse sich nicht auf, weil das Angebot weniger gefragt wäre oder weil es an Mitgliedern mangeln würde, sagte Vorstandspräsident Bruno Goetschi vor rund 20 anwesenden Personen. Seit ihrer Gründung 1988 hat sich die Bibliothek stetig vergrössert und bietet heute auf drei Stockwerken rund 10’000 Medien an: unter anderem Kinderbücher, Sachbücher, Belletristik, Hörbücher, DVDs und Zeitschriften. «Der Verein konnte die Idee einer attraktiven Dorfbibliothek über gut drei Jahrzehnte verwirklichen und weiterentwickeln.»
Geld von Gemeinden
Die Gemeinde Kerzers war im Vorstand des Vereins vertreten und überwies dem Verein Geld für den Betrieb der Bibliothek. Für das vergangene Jahr waren es rund 55’000 Franken. Weiter beteiligten sich die Gemeinden Ried bei Kerzers, Fräschels, Ulmiz, Gurbrü und Kallnach an der Finanzierung mit Beiträgen zwischen 200 und 1500 Franken. Die Jahresgebühren der Nutzerinnen und Nutzer, eine Unterstützung durch die Loterie Romande beim Bücherkauf und Spenden waren weitere Einnahmequellen.
Die grosse Zahlung an den Verein sei im Gemeinderat sicher aufgefallen und habe zur Erkenntnis geführt, dass hier ein eigentlicher Gemeindeauftrag immer noch an einen Verein delegiert ist, so Bruno Goetschi. So seien im vergangenen Jahr Gespräche geführt worden mit dem Gemeinderat, dem Gemeindeschreiber und dem Gemeindekassier für eine Übernahme.
«Grössere Sicherheit»
«Wir sind froh, dass wir dieses Kulturangebot in unserer Gemeinde pflegen können. Es ist ein lebendiges und vielseitiges Bibliotheksangebot», sagte Gemeinderat Urs Hecht. Gleich mehrere Gründe würden für den Betrieb der Bibliothek durch die Gemeinde sprechen. Zum einen gebe es den finanziellen Aspekt. Die Gemeinde ist Besitzerin des Bibliotheksgebäudes und habe dem Verein bisher die Miete gezahlt und auch die Lohnkosten übernommen. «Jetzt können wir auch den letzten Schritt machen und die Bibliothek selbst betreiben», habe der Gemeinderat entschieden. Zum anderen seien die fünf Bibliothekarinnen neu bei der Gemeinde angestellt und nicht mehr beim Verein. «Das gibt ihnen eine grössere Sicherheit, insbesondere bei den Sozialleistungen.»
Laut Urs Hecht möchte der Gemeinderat daran festhalten, dass sich die anderen Gemeinden im Raum Kerzers an den Kosten der Bibliothek beteiligen. «Wir wollen das so handhaben wie mit unserem Schwimmbad.» Die Gemeinde Kerzers nehme mit dem Betrieb der Bibliothek ihre Zentrumsfunktion wahr.
Auf Antrag des Bibliotheksvorstandes übergab der Verein das Betriebsinventar sowie das Vereinsvermögen von fast 25’000 Franken an die Gemeinde Kerzers. «Der Betrag klingt nach viel, aber tatsächlich entspricht er den laufenden Kosten für drei Monate Bibliotheksbetrieb», sagte Bruno Goetschi und bezeichnete die Auflösung des Vereins als emotionalen Moment.
Zahlen und Fakten
Seit über 30 Jahren am selben Standort
Vor etwas mehr als 30 Jahren bildete sich eine engagierte Gruppe von lesefreudigen Frauen, um in Kerzers eine Bibliothek aufzubauen. Mit einer Unterschriftensammlung bewies sie, dass ein entsprechendes Bedürfnis besteht, so Vorstandspräsident Bruno Goetschi. Es folgten die Gründung des Vereins Bibliothek Kerzers und 1988 die Eröffnung der Räumlichkeiten im ehemaligen Polizeiposten. Das wohl 1842 errichtete Gebäude hatte zuvor auch als Ofenhaus gedient und Schulzimmer beherbergt. Die Gemeinde vermietete dem Verein die Räumlichkeiten zu einem günstigen Preis und sprach auch ein Startkapital. Nach und nach dehnte sich die Bibliothek auf zwei und schliesslich drei Stockwerke aus. Zu den anfangs 3100 Büchern kamen später Comics, Hörbücher, Zeitschriften und DVDs hinzu. Auch verschiedene Aktivitäten, beispielsweise die Erzählnacht, gehören zum Angebot der Bibliothek Kerzers. jmw
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