Im Fussball-Viertelfinal Frankreich-Argentinien in Bordeaux fliegen zum Schluss die Flüche und die Fäuste. Und das keineswegs nur wegen des Spiels.
Ein frühes Tor von Jean-Philippe Mateta entschied das olympische Viertelfinale in Bordeaux zugunsten der Franzosen. Die Argentinier drückten noch 85 Minuten lang, aber vergeblich. Nach dem Abpfiff brach die fühlbare Spannung offen aus. Der Franzose Enzo Millot (VfB Stuttgart) näherte sich der gegnerischen Spielerbank und machte sich offenbar über die Verlierer lustig.
Darauf stürzten sich die Argentinier angeführt von Verteidiger Nicolás Otamendi auf die Franzosen. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem nicht nur die Flüche flogen. Die Keilerei hielt sich nur deshalb in Grenzen, weil sich die argentinischen Betreuer vor ihre eigenen Spieler stellten und sie einzeln aus dem Pulk entfernten.
Die französischen Spieler erschienen dafür vor der Tribüne mit den argentinischen Fans, um ihren knappen Sieg provozierend zu feiern. Das unschöne Verhalten bescherte Enzo Millot nachträglich eine rote Karte, was ihn für das Halbfinale gegen Ägypten disqualifiziert. Der französische Trainer und Langzeitprofi Thierry Henry ärgerte sich offen darüber: «Eine rote Karte – so nicht!»
Buhrufe des Publikums gegen Argentinien
Die Zeichen hatten schon vor Matchbeginn auf Sturm gestanden. Die französischen Zuschauer buhten die elf argentinischen Spieler und ihre Hymne gnadenlos aus. Weil sie es bis heute nicht verwunden haben, dass die Bleus das WM-Finale in Katar 2022 im Elfmeterschiessen gegen Argentinien äusserst knapp verloren hatten?
Ja, aber nicht nur. Bei der Copa América hatten argentinische Fans Mitte Juli laut Instagram rassistische Schlachtgesänge angestimmt. «Sie spielen für Frankreich, aber sie kommen alle aus Angola», grölten sie. «Mbappés Mutter ist Nigerianerin (in Wahrheit: Algerierin, die Red.), sein Vater ist Kameruner, aber in ihren Dokumenten sind sie Franzosen.»
Der französische Fussballverband hat bei der Fifa Beschwerde eingelegt. Auch argentinische Nationalspieler wie Enzo Fernández verbreiteten nämlich das Video über die sozialen Medien. Als er darauf bei seinem Verein Chelsea zum Training erschien, musste er sich gegenüber mehreren Mitspielern wie etwa dem Franzosen Wesley Fofana rechtfertigen. Er hat sich seither mehrfach entschuldigt.
Argentiniens Politik kritisiert Frankreich
Trotzdem zieht die Affäre Kreise. In Buenos Aires stellte sich Vizepräsidentin Victoria Villarruel auf die Seite der Fans und bezeichnete Frankreich als «kolonialistisches Land der europäischen Grossmacht». Die einflussreiche Präsidentenschwester Karina Milei musste darauf zur Beschwichtigung den französischen Botschafter in Argentinien empfangen.
Auch sie konnte aber nicht verhindern, dass eine lokale Kaffeemarke ihr Produkt mit dem Slogan bewirbt, es sei «so afrikanisch, dass es für Frankreich spielen könnte». Geschürt werden die antifranzösischen Gefühle durch ein Fait Divers, das nichts mit Fussball zu tun hat.
Vor einem Monat sind zwei bekannte – und man muss präzisieren: weisse – Rugbyspieler nach einem Freundschaftsspiel gegen Argentinien in Mendoza verhaftet worden. Sie sollen eine Argentinierin zu zweit brutal vergewaltigt haben. Die beiden Beschuldigten behaupten dagegen über ihre Anwälte, die Frau habe zum Sexualverkehr eingewilligt. Sie bleiben aber in Argentinien in Haft.
Die gegenseitigen Ressentiments der beiden betroffenen Länder bleiben ihrerseits sehr stark. Stärker als jeder olympische Geist.
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