Autor: Anton Jungo
Wie hoch war der Schaden, den die KGV nach dem Wirbelsturm Lothar entschädigen musste?
Innerhalb von drei Stunden wurden rund 15 000 Gebäude beschädigt. Die Schadensumme belief sich auf 45 Millionen Franken. Das war damals der höchste Betrag, den die kantonale Gebäudeversicherung seit ihrer Gründung im Jahr 1812 für ein einzelnes Schadensereignis vergüten musste.
In der Zwischenzeit wurde dieser Betrag übertroffen. Am 23. Juli 2009 hat ein Hagelunwetter vor allem im Glane-, Saane- und Sensebezirk 17 000 Gebäude beschädigt. Die Schadensumme beläuft sich auf rund 130 Millionen Franken.
Die KGV hat auf das Ereignis vom 26. Dezember 1999 sehr rasch reagiert. In jedem Bezirk wurde eine Schadensmeldestelle eingerichtet, und die Betroffenen konnten die Schäden direkt bei den Schätzungskommissionen ihrer Bezirke melden.
Wo richtete Lothar vor allem Schäden an?
Betroffen war das ganze Gebiet des Kantons Freiburg; vor allem aber der Vivisbach-, der Greyerz-, der Saane- und der Seebezirk. Beschädigt wurden vor allem Hausdächer und -fassaden, aber auch leicht gebaute Maschinenschuppen. Gebäude wurden auch durch umgestürzte Bäume beschädigt.
In Attalens stürzte das Kirchturmdach während des Gottesdienstes auf den Friedhof, und auf dem Schwyberg wurde das Restaurant zerstört. Den wohl spektakulärsten Vorfall sah ich in Broc, wo ein ganzes Hausdach wie ein Regenschirm über die Kantonsstrasse hinweg auf den Dorfplatz getragen wurde. Zum Glück kamen keine Personen zu Schaden.
Bei der Schadenaufnahme habe ich von den Leuten auch viele persönliche Erlebnisse erfahren. Manche glaubten tatsächlich, der Weltuntergang stehe bevor. Das war – einige Tage vor dem Jahrtausendwechsel – auch nicht besonders erstaunlich.
Wie muss man die Lotharschäden im Vergleich zu anderen Fällen einordnen?
Der zweitgrösste Fall nach Lothar war Falli-Hölli, wo 1994 37 Gebäude zerstört wurden und mit rund 25 Millionen entschädigt werden mussten.
Ein schlimmes Ereignis war auch das Hagelunwetter vom 5. Juli 1999. Allein in Bösingen und im Unteren Sensebezirk mussten Schäden im Betrag von rund 20 Millionen entschädigt werden.
Haben solche Grossereignisse in den letzten Jahren zugenommen?
Aus der Geschichte der KGV weiss man, dass es schon früher solche Ereignisse gegeben hat. Die Häufigkeit, ob Sturm, Gewitter oder Hagel, nimmt aber zu. Hie und da hat man das Gefühl, dass wir in den Tropen sind, wo man solche Ereignisse gewohnt ist.
Welche Lehren hat man aus Lothar gezogen?
Wir haben gelernt, dass unser Kanton keine Insel ist und von ausserordentlichen meteorologischen Ereignissen nicht verschont bleibt. Es ist deshalb unerlässlich, dass Gebäude stabil und aus hagel- und windresistenten Materialien gebaut werden. Besondere Beachtung muss den Vor- und Unterdächern geschenkt werden. Wichtig ist auch ein gewissenhafter Unterhalt der Gebäude. In Hausnähe sollten auch keine hochwachsenden Bäume gepflanzt werden.
Schliesslich ist es wichtig, dass die Gebäude gut versichert werden, dies für den Fall, dass trotz Vorsichtsmassnahmen Schäden eintreten sollten. Im Neubau der KGV haben wir einen Raum eingerichtet, wo wir in Zukunft bei einem Grossereignis zehn Telefonanrufe gleichzeitig entgegennehmen und die Schadensmeldung registrieren können. In ruhigen Zeiten dient dieser Raum zur Schulung des Personals und der Schadenexperten.
Tragen die Versicherungen nicht auch dazu bei, dass sich die Menschen ihrer Verantwortung entziehen und sorglos leben?
Durch die gute Deckung der KGV fühlen sich die Leute tatsächlich sicherer. Sie haben nicht allzu grosse Angst vor Ereignissen und müssen nicht befürchten, dass sie ruiniert werden oder dass der Schaden nicht vergütet wird. Die KGV ist eine staatliche Versicherung, die ihrerseits abgesichert ist durch die Reserven, die Rückversicherungsverträge und durch die Solidarität zwischen den 19 kantonalen Gebäudeversicherungen.