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Die Katze und das Prisma

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Gastkolumne

Autor: Sus Heiniger

Die Katze und das Prisma

Im Fenster Richtung Süd-West hängt seit Jahren ein baumnussgrosses Prisma. Ich habe es dort an einen Nylonfaden gehängt, damit es das Aussenlicht in den Raum bringen resp. brechen soll.

In Winterzeiten, wenn die Sonne tief ihre Bahn zieht, funktioniert das wundervoll. Jedesmal ein kleiner Glücksmoment, wenn das Licht durch das Prisma in Regenbogenfarben auf die Raumwände fällt, in leuchtenden, kinderhandgrossen, schwebend leicht pendelnden Ovalen! Farbige Lichtschweife, die sich wie elastische Netze dehnen und ziehen. Man kann sich setzen und dem Lichtspiel zusehen, wie die Farbflecke über Wände, Bilder, Türen, Möbel gleiten. Violette, blaugrüne, gelbe, rote Streifen.

Wenn zu solchen Farbstunden unsere Katze zufällig vorbeikam, wurde sie fast irre. Unmöglich, eines dieser herrlichen Lichtovale zu fangen, kein noch so blitzschnelles Pfotenvorschnellen brachte Erfolg bei der Lichtjagd. Völlig verunsichert musste sie jedes Mal merken, dass nichts zu erhaschen war. Aber wie sehen wir? Was wissen wir?

Vieles hat der Mensch schon erhascht mit seinem Forschergeist. Wissenschaftler und Künstler möchten dem Geheimnis Licht auf die Spur kommen. Im Laufe der Jahrtausende wurden viele Bilder vom Licht entworfen und verworfen. Empedokles, Platon, Descartes, Einstein und viele mehr haben uns poetische, religiöse, mathematische Ergebnisse hinterlassen. Diese zu verstehen, wäre dann die andere Sache. Staunen werden wir alleweil, auch wenn Lichterscheinungen nicht nur Schönheit in Glück und Frieden hervorzaubern. Nuklearwaffenexplosionen riefen traumhafte Polarlichter hervor. Das Erlebnis der Menschen im Mittelalter muss überwältigend gewesen sein, wenn sich in gotischen Kathedralen das Licht durch Fenster ins sakrale Innere ergoss, ihnen die Vorstellung bestätigte, dass das Licht göttlich ist und alle Finsternis erhellt. Eine Vorahnung vom Paradies.

Seit langer Zeit hat man erkannt, dass für das Sehen mehr erforderlich ist als das Sonnenlicht: «Das Licht des Leibes». Unser inneres Licht. Ohne inneres Licht, das unserem Vorstellungsvermögen Gestalt gibt, sind wir blind. Einem Blindgeborenen das Sehen wiederzugeben, wäre mehr die Arbeit eines Erziehers als eines Arztes. Wir haben Schwierigkeiten, uns eine Kultur vorzustellen, die Bilder anders sieht als wir, somit die Welt anders versteht und begreift. Gewohnheitsmässige, gedankenlose Sehweisen bergen die Gefahr, dass wir die Notwendigkeit ständiger Erneuerung der Ansichten nicht mehr erkennen. Wenn Menschen das Licht erforschen, erforschen sie in Wirklichkeit sich selbst und damit die Frage, wohin der Geist sich wenden soll.

Die unstoffliche Kraft Licht ist bis heute ein Geheimnis geblieben, sagen die Wissenschaftler. Und der Künstler James Turell sagt: «Licht ist weniger etwas, das offenbart, als die Offenbarung selbst.» Manchmal kommt es doch vor, dass man die Hand ausstreckt, um irgendwo eine Lichterscheinung zu berühren. Da sind wir wie die Katze. Wir haben zudem erfahren: Sehen braucht Zeit und Aufmerksamkeit, und beides ist uns ja gegeben. Das Licht ist uns ganz nah, und wenn wir träumen, sehen wir tatsächlich unser inneres Licht.

Sus Heiniger ist Kunstmalerin und lebt in Murten. Als Kulturschaffende ist sie in einem FN-Kolumnistenkollektiv tätig, das in regelmässigem Rhythmus frei gewählte Themen bearbeitet. Der Inhalt braucht sich nicht zwingend mit der Meinung der Redaktion zu decken.

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