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«Die Regeln müssen ambitioniert sein»

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Franz Perrez, wie reisen Sie an die Klimakonferenz in Madrid?

Madrid ist von der Schweiz aus mit dem Zug gut erreichbar. Ich werde deshalb mit der Bahn anreisen.

Viele Delegationen werden das Flugzeug nehmen, was nicht gerade klimafreundlich ist. Könnte man solche Konferenzen nicht via Videotelefonie durchführen?

Wir haben das ganze Jahr über sehr viele Video- und Telefonkonferenzen, um spezifische Fragen zu vertiefen und die Klimakonferenz vorzubereiten. Ich bin aber überzeugt, dass es auch den direkten Kontakt an den Konferenzen braucht. In entscheidenden Momenten ist es wichtig, das Gegenüber in den Verhandlungen persönlich zu treffen. Hinzu kommt der Aspekt der Öffentlichkeit: Eine Videokonferenz würde kaum so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und in einem Saal voller Medienvertreter ist es schwieriger, gute Lösungen abzulehnen.

Wie ist es überhaupt zu den Klimakonferenzen gekommen?

Die Klimakonferenzen finden seit 1992 statt, als das UNO-Rahmenabkommen zum Klimawandel beschlossen wurde. Bei der Klimakonferenz kommen die Vertragsparteien zusammen, um die Umsetzung des Abkommens zu besprechen und die für die Zielerreichung notwendigen Beschlüsse zu treffen. Man kann sich das vorstellen wie eine Art Parlament. Vertragsparteienkonferenzen gibt es bei allen Umweltabkommen. Bei den meisten anderen Abkommen finden diese Konferenzen aber nur alle zwei oder drei Jahre statt.

Die Klimakonferenzen finden jährlich statt. Warum?

Unmittelbar nach Inkrafttreten eines Abkommens sind jährliche Konferenzen nötig, um die Detailbeschlüsse zur Umsetzung zu fassen. Danach reichen eigentlich Konferenzen alle zwei Jahre. Die Schweiz setzt sich daher dafür ein, dass auch die Klimakonferenzen nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Die Klimafrage ist natürlich sehr dringend, und auch das öffentliche Interesse ist gross: Die ganze Welt schaut auf die Klimakonferenzen. Sie sind mittlerweile zu sehr grossen Anlässen geworden.

Wie meinen Sie das?

Rund um die Konferenzen gibt es viele Nebenevents etwa von Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft oder von Thinktanks. Diese Anlässe sind informativ – ihre Zahl macht die Konferenzen jedoch zu Grossanlässen mit über 20 000 Teilnehmenden. Bei der letzten Konferenz in Katowice in Polen waren die Gänge manchmal so voll, dass es für die Verhandlerinnen und Verhandler schwierig war, von einem Sitzungszimmer ins nächste zu kommen.

Die Schweiz reist mit einer eher kleinen Delegation von 13 Verhandlerinnen und Verhandlern an die Konferenz. Wie verschafft sich ein kleines Land Gehör?

Die Schweizer Delegation ist zu klein, um alle Verhandlungsstränge abdecken zu können – doch in den für uns wichtigsten Gebieten sind wir sehr präsent und haben klare Positionen. Unsere Verhandlerinnen und Verhandler sind kompetent und hartnäckig und blockieren auch einmal ein Geschäft, wenn es unserer Ansicht nach dem Klimaschutz zuwiderläuft. Eine kleine Delegation hat auch Vorteile, denn die Entscheidungswege sind kurz und die Zusammenarbeit ist eng. Die Verhandler können handeln, ohne ständig Rücksprache mit zahlreichen Personen nehmen zu müssen. Die Schweiz gilt zudem als sehr glaubwürdig, unter anderem, weil sie eine ambitionierte nationale Klimapolitik hat. Und schliesslich leitet sie eine der vier Verhandlungsgruppen, die an der Konferenz die Länder vertreten Das gibt uns zusätzliches Gewicht.

Sie sprechen von der nationalen Politik. Wie viel Gewicht hat die internationale Gemeinschaft in Sachen Klimaschutz überhaupt?

Es ist klar, dass internationale Regeln allein nicht ausreichen. Die konkreten Massnahmen zum Klimaschutz müssen die Staaten selbst beschliessen und umsetzen. Der Klimawandel ist ein grosses, globales Problem, er betrifft alle, und nur gemeinsam können wir ihn in den Griff bekommen. Kein Land kann das allein tun, und kein Land ist bereit, seine Emissionen zu reduzieren, wenn es nicht die Gewissheit hat, dass andere Länder dasselbe tun. Dafür braucht es die internationalen Regeln. Das Klimaabkommen von Paris, das 2015 beschlossen wurde, gibt einen Rahmen vor. Es versichert die Staaten, dass auch alle anderen ihre Emissionen reduzieren. Die Regeln müssen ambitioniert sein, um das Ziel zu erreichen, den Treibhausgas-Ausstoss zu limitieren und damit den Klimawandel zu bremsen.

Wie wird sichergestellt, dass die Regeln eingehalten werden?

Im Klimaabkommen sind dafür verschiedene Mechanismen vorgesehen. Die Länder müssen regelmässig Berichte abliefern und vor allen anderen ihre Fortschritte und Probleme präsentieren. Zudem gibt es einen Ausschuss, der die Einhaltung der Verpflichtungen überprüft.

 

Staaten können Gesetze erlassen – doch wie viel bringt das? Wie viel Effort muss die Privatwirtschaft leisten?

Je mehr Private tun, desto weniger Vorgaben braucht es. Gewisse Massnahmen werden als kurzfristig einschneidend wahrgenommen, sind aber langfristig eine Chance. So sind heutzutage Kohlekraftwerke wegen der Fortschritte im Bereich erneuerbare Energien nicht mehr rentabel. Staatliche Vorgaben haben diese Entwicklung beschleunigt.

Und Privatpersonen? Was nützt es, wenn ein paar Schweizer weniger Fleisch essen?

Jeder kleine Effort nützt. Wenn sich am Schluss viele Leute für den Klimaschutz engagieren, bringt das viel. Klimaschutz muss nicht per se Verzicht heissen: Es gibt feine vegetarische Gerichte, und Ferien mit dem Zug können genauso schön sein wie mit dem Flugzeug. Die Klimakonferenzen wiederum können helfen, die Leute für den Klimaschutz zu sensibilisieren.

Klimaschutz ist derzeit in aller Munde mit den Klimastreiks und dem Wahlerfolg grüner Parteien.

Das ist ein positiver Impuls, und wir profitieren in der internationalen Gemeinschaft sicher davon. Das gibt Druck aus der Gesellschaft, an der Klimakonferenz ein gutes Ergebnis zu erzielen.

«Kein Land ist bereit, seine Emissionen zu reduzieren, wenn es nicht die Gewissheit hat, dass andere ­Länder dasselbe tun.»

Ablauf

Ein Tag an der Klimakonferenz

Paris, Marrakesch, Bonn, Katowice – in all diesen Städten fanden in den letzten Jahren Klimakonferenzen statt. Viel von diesen Städten gesehen hat Franz Perrez, Umweltbotschafter der Schweiz und Leiter der Schweizer Delegation an den Konferenzen, aber nicht. «Die Tage sind sehr lang», sagt er den FN. Nach Madrid reisen für die Schweiz 13 Verhandlerinnen und Verhandler, drei Vertreter der Zivilgesellschaft aus Klimaschutz- und Wirtschaftskreisen sowie eine administrative Assistentin.

Sitzungen und Verhandlungen

Perrez erklärt den Tagesablauf: Um 7 Uhr morgens beginnt er den Konferenztag mit einem Frühstück mit seiner Stellvertreterin, um den Tag zu planen. Auch die Expertinnen und Experten zu bestimmten für den Tag relevanten Themen nehmen teil. Von 8 bis 9 Uhr trifft sich die Schweizer Delegation zur Sitzung, um offene Fragen und die Strategie zu besprechen. Um 9 Uhr kommt die Verhandlungsgruppe zusammen, die von der Schweiz geleitet wird und zu der auch Mexiko, Korea, Liechtenstein, Monaco und Georgien gehören. Von 10 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr finden die offiziellen Verhandlungen statt. Das sind viele parallele Sitzungen zu verschiedenen Themen, etwa zur Anrechenbarkeit von Emissionsreduktionen im Ausland, zur Klimafinanzierung, zu Berichterstattungspflichten, zur Erdbeobachtung, zu vom Klimawandel verursachten Schäden oder zu landwirtschaftlichen Fragen. «An den politisch sensibelsten Verhandlungen nehme ich selber teil, dazu treffe ich mich mit den anderen Delegationsleitern, oder ich gehe punktuell in Sitzungen rein, wenn es Probleme gibt», sagt Franz Perrez.

Zur Mittagszeit und abends gibt es inoffizielle Treffen und Gespräche sowie zahlreiche Anlässe, die von NGOs oder Thinktanks organisiert werden. Am Ende des Tages informiert jedes Delegationsmitglied per Mail darüber, was in seinem Verhandlungsbereich gelaufen ist. Gestützt darauf bereitet Franz Perrez den nächsten Tag vor.

nas

 

Internationale Klimapolitik

Die Themen der Madrider Konferenz

1992 beschloss die internationale Gemeinschaft in Rio de Janeiro erstmals eine Konvention, um gegen «Klimaänderungen» vorzugehen. 1997 folgte das Kyoto-Protokoll, das die Industrieländer unter den Unterzeichnerstaaten rechtlich verpflichtete, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Einen Schritt weiter geht das Klimaabkommen von Paris, das 2015 beschlossen wurde und das alle Mitgliedstaaten zu Massnahmen verpflichtet.

Ziel ist es, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich weniger als zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen und zu versuchen, ihn auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Die Staaten müssen nationale Ziele definieren und regelmässig Bericht erstatten. Die Industrieländer unterstützen die Entwicklungsländer.

Gegen doppelte Anrechnung

Die 25. Klimakonferenz findet vom 2. bis zum 13. Dezember in Madrid statt. Laut Franz Perrez, Leiter der Schweizer Delegation, werden in Madrid neben vielen anderen drei grosse Themen verhandelt: Finanzen, durch den Klimawandel verursachte Schäden sowie Marktmechanismen bei der CO2-Reduktion im Ausland.

«Dieser letzte Punkt hätte eigentlich schon an der Konferenz in Katowice im letzten Jahr abgeschlossen werden sollen», sagt Franz Perrez. In Katowice ging es darum, die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu regeln. Bei der Anrechnung von CO2-Emissionen im Ausland konnten sich die Staaten aber nicht einigen.

Perrez erklärt: «Wenn die Schweiz einem Land bei Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen hilft, kann sie sich das zu einem Teil als Emissionsreduktion im Ausland anrechnen lassen.» Die Schweiz ist der Meinung, dass der gleiche Teil dann aber im Land, in dem geholfen wurde, nicht auch noch angerechnet werden dürfe – sonst gebe es eine doppelte Anrechnung der gleichen Massnahme. Brasilien hatte sich in Katowice für diese doppelte Anrechnung starkgemacht. In Madrid gilt es nun eine Lösung auszuhandeln.

nas

 

Zur Person

Umweltbotschafter der Schweiz seit 2010

Franz Perrez ist seit 2010 Umweltbotschafter der Schweiz. Als Leiter der Abteilung Internationales im Bundesamt für Umwelt (Bafu) vertritt er die internationale Umweltpolitik der Schweiz gegen aussen und leitet die Schweizer Delegationen in internationalen Umweltverhandlungen wie etwa den Klimakonferenzen. Perrez hat in Bern und Paris Recht studiert und sich an der New York University of Law auf die Bereiche Völkerrecht und Umwelt- und Wirtschaftsrecht spezialisiert. Er arbeitete beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und beim Staatssekretariat für Wirtschaft, bevor er zum Bafu wechselte. Seit 2008 hat er an der Uni Bern einen Lehrauftrag für internationales Umweltrecht. Franz Perrez ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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