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«Die Sünde liegt im System»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Anna, traumatisiertes Mitglied einer sektenähnlichen Gruppierung, verliebt sich in Antoine, wird schwanger–und ist schliesslich schwer enttäuscht. Nadia, Mutter von vier Kindern lebt ihre Beziehung zu Niklaus heimlich. Barbara und Simon sind beide im Ruhestand, Eltern von zwei erwachsenen Kindern. Ihre Liebesbeziehung wollten sie nicht heimlich leben: Das Buch «Oh, Gott! Kreuzweg Zölibat» erzählt viele Einzelschicksale. Teils mit einem guten Ausgang, teils mit einem traurigen, manchmal ist er noch ungewiss. Zwei Dinge haben aber alle Texte gemeinsam: Sie handeln von der Beziehung zwischen einer Frau und einem katholischen Priester, und sie sind wahr.

Geschichten bewahren

Geschrieben, gesammelt und übersetzt hat die Zeugnisse Gabriella Loser Friedli, selbst Betroffene und Präsidentin der ZöFra, des Vereins der vom Zölibat betroffenen Frauen Schweiz (siehe Kasten). Eine Verlegerin habe sie vor einigen Jahren dazu ermuntert, ihre Geschichte niederzuschreiben. Damals habe sie jedoch abgelehnt. Erst als einige ihrer betroffenen Kolleginnen krank wurden, eine sogar starb, habe sie sich gefragt: Was passiert mit den Geschichten, wenn niemand sie erzählt? «Da viele Frauen kaum je über ihre heimlichen Beziehungen gesprochen haben, würden viele dieser Schicksale unbekannt bleiben.»

Den Hauptteil des im April erschienenen Buchs bilden die persönlichen Geschichten, die oft betroffen, traurig und auch wütend machen. Das Buch bietet aber auch Hintergründe, Analysen, Kommentare, Zahlen und Fakten.

So erfährt der Leser zum Beispiel, dass das Pflichtzölibat im Jahr 1139 nicht nur eingeführt wurde, um die Reinheit der Priester zu garantieren, sondern ebenso sehr um zu verhindern, dass Priester ihren Besitz an ihre Kinder vererbten. «Natürlich gibt es Priester, die kein Problem mit der Einhaltung des Zölibats haben. Wir schätzen aber, dass etwa die Hälfte in der einen oder anderen Art daran leidet oder dagegen verstösst», sagt Gabriella Loser.

Obwohl Frauen und Kinder oft die Leidtragenden dieser Verstösse sind–eine Verurteilung der Priester ist in «Oh, Gott!» nicht zu finden. Im Gegenteil: «Viele wissen gar nicht, dass so viele Menschen unter dem Zölibat leiden», sagt Gabriella Loser. Mit dem Buch möchte sie darauf aufmerksam machen, die Diskussion anregen–und Verständnis wecken.

Da es immer weniger Priester gibt, erhalten diese immer grössere Seelsorgeeinheiten. Der administrative Aufwand steigt. Und wo sich kein einheimischer Priester finden lässt, wird einer aus dem Ausland geholt. «Dies führt dazu, dass vielen Priestern das soziale Netz fehlt, dass sie sich einsam und überfordert fühlen. Da ist der Schritt zu einer Beziehung nicht mehr weit.»

Sich für die Liebe und gegen den Beruf zu entscheiden, sei aber nicht immer einfach, sowohl aus sozialen Gründen als auch finanziell. «Früher konnte ein ehemaliger Priester relativ einfach eine Stelle als Lehrer oder Sozialarbeiter finden. Heute ist dies nicht mehr möglich.» Deshalb gebe es einige, die noch ihre Zeit bis zur Pensionierung absässen, um danach mit Frau und Kind an einem anderen Ort ein neues Leben zu beginnen.

Schein nach aussen wahren

Auch wenn Gabriella Loser Friedli durch Gespräche immer wieder an ihre eigenen Leiden erinnert wird: Mit ihrer Geschichte hat sie abgeschlossen–ebenso wie mit dem System Kirche. «Ich glaube an Jesus», hält sie fest, «aber seit ich gesehen habe, wie verlogen die römisch-katholische Kirche ist, kann ich nicht mehr daran glauben.»

Sie habe selbst erlebt, wie Bischöfe die Priester aufforderten, zu lügen und zu vertuschen. «Der Schein nach aussen muss gewahrt werden. Wie es den Leuten dabei geht, interessiert nicht.» Vorwürfe an Einzelpersonen will sie jedoch keine machen. «Die Lügen sind Produkte der Struktur. Die Sünde liegt im System.» Um etwas an diesem System zu bewegen, brauche es viele Einzelanstösse. «Ich hoffe, dass möglichst viele Bischöfe das Buch lesen und sich ihrer Rolle und ihrer Verantwortung bewusst werden.» Wenn sich auch in Rom einige Bischöfe für eine Veränderung einsetzten, sei eine Liberalisierung der Zulassung zum Priesteramt nicht unmöglich, ist Gabriella Loser überzeugt. «Wenn etwas geschehen kann, dann unter dem jetzigen Papst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er solches Leiden möchte.»

 «Oh, Gott! Kreuzweg Zölibat»: Gabriella Loser Friedli. Gockhausen: Wörterseh Verlag 2014.

Zur Person

Zwanzig Jahre eine heimliche Liebe gelebt

Gabriella Loser wurde 1952 geboren. Sie liess sich zunächst zur Hochbauzeichnerin, später zur Bürofachfrau ausbilden. 1974 lernte sie den Priester Richard Friedli kennen. Später vermittelte er ihr eine Stelle im Lehrstuhlsekretariat an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg. Nach und nach verliebten sich die beiden, mussten ihre Liebe jedoch fast zwanzig Jahre lang heimlich leben. Erst als 1992 ein Mitarbeiter des Lehrstuhls das Liebespaar denunzierte, wurde er aus dem Dienst der Kirche entlassen und als Professor suspendiert. Er konnte seine Dozententätigkeit aber 1994 wieder aufnehmen, da der Lehrstuhl für Religionswissenschaft von der Theologischen in die Philosophische Fakultät transferiert wurde. 1994 heirateten Gabriella Loser und Richard Friedli. Sie war im Jahr 2000 Mitbegründerin des Vereins der vom Zölibat betroffenen Frauen Schweiz, ZöFra, den sie zurzeit präsidiert. Sie lebt mit ihrem Mann im Kanton Freiburg.rb

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