Autor: pascal jäggi
Freiburg Am Strafgericht des Saanebezirks hat Alexandre Emery am Donnerstag mit mehr als drei Stunden Länge den Plädoyerrekord von Staatsanwältin Anne Colliard vom Mittwoch deutlich übertroffen. Kein Wunder, denn die fraglichen Delikte von O. M. waren zahlreich, doch: «Von über 40 vorgeworfenen Taten meines Klienten bleiben am Schluss des Prozesses nur noch die Hälfte.» Klar, dass für Emery auch noch einige von diesen Delikten seinem Mandanten nicht nachgewiesen werden können. Am Ende seien es knapp zehn Taten, die entweder gering waren (Verkehrsdelikte) oder anderen mehr nützten als O. M. selber (Urkundenfälschung, Erpressung).
Emery hielt der Polizei und den Untersuchungsbehörden vor, jede Möglichkeit zu nutzen, um den türkisch-schweizerischen Doppelbürger zu belasten. «O. M. hat kein gutes Verhältnis zur Polizei, das ist bekannt», meinte sein Anwalt, «aber er ist nicht das Monster, als das er dargestellt wird.» An den schlimmsten Taten sei O. M. gar nicht beteiligt gewesen. Als Beispiel nannte Emery den Überfall auf einen Barpatron in Freiburg an Ostern 2007: «Alle hatten ein Motiv, O. M. nicht. Das Einzige, was ihm vorgeworfen wurde, war, dass er damals die rechte Hand von F. S. war. Das ist noch kein Beweis für eine Mittäterschaft.»
Jahrelang soll sein Klient in kriminelle Machenschaften verwickelt gewesen sein. «Er ist aber nur ein Jahr lang in die falschen Kreise um F. S. geraten, der für ihn eine Vaterfigur war», sagte Emery. Seine sechs Vorstrafen seien von geringer Natur gewesen und könnten nicht von seinem früheren Leben als gewissenhaftem Familienvater mit sicheren Jobs ablenken. Genau dahin wolle O. M. wieder zurück, zu einem einfachen Leben mit seiner Freundin und dem gemeinsamen Sohn. Schlussendlich sei der Strafantrag der Staatsanwaltschaft mit dreieinhalb Jahren völlig überzogen, meinte der Verteidiger. Sein Mandant sitze bereits seit zwei Jahren im Gefängnis, eine baldige Freilassung liege darum auf der Hand.
Der «Professor» ist zurück
Die Schlussworte nutzten die meisten Angeschuldigten zu Worten der Reue und der Entschuldigung (auch O. M.) oder zur Betonung der eigenen Unschuld. F. S., der «Professor», liess es sich nicht nehmen, einen längeren Text zu verlesen. Er glaube an die Gerechtigkeit dieses Gerichts, aber irgendwie scheint er im Kanton Freiburg niemandem richtig zu trauen. Die Behörden hätten ihn in Fallen gelockt, deshalb sei er im Gefängnis gelandet, die Journalisten seien schuld, dass seine diversen Gastro-Betriebe zugrunde gingen, weil sie ihn als Mafiaboss dargestellt hätten, und ganz grundsätzlich geschähen in Freiburg seltsame Dinge.
Zum Abschluss nannte er einen schönen Satz von Plato: «Wer Unrechtes tut, ist hilfloser als der dem Unrechtes widerfährt.» Am nächsten Donnerstag wird das Bezirksgericht schliesslich entscheiden, wie hilflos F. S. und die weiteren Angeschuldigten wirklich sind.