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Die zwei Seiten der Lohnschere

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

 Am 24. November entscheidet das Schweizer Stimmvolk über eine Initiative der Jungsozialisten, welche den tiefsten und den höchsten Lohn in einem Unternehmen auf ein Verhältnis von 1:12 begrenzen will. Als Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes bekämpft dies SVP-Nationalrat Jean-François Rime vehement, während der Freiburger Unia-Sekretär Armand Jaquier der Meinung ist, die Lohnschere dürfe sich nicht mehr weiter öffnen.

 

 An wen richtet sich die Initiative 1:12?

Jaquier:Für mich liegt die Botschaft in der Initiative darin, dass der Respekt gegenüber dem Lohnbezüger nicht mehr da ist. So gross sind die Unterschiede zwischen den Löhnen der Produzierenden und einem nicht zu vernachlässigenden Teil ihrer Befehlsgeber.

 

 Welche Unternehmen haben Sie mit der Initiative im Visier?

Jaquier:Es kommt drauf an, welche Botschaft man mit der Initiative geben will. Heute ist es diese Entwicklung, die unerträglich wird. Man kann die grossen Unternehmen hervorheben, welche diese Entwicklung illustrieren. Aber die Entwicklung ist allgemein geworden.

 

 Ist also auch ein Unternehmen wie die Sägerei von Herrn Rime im Visier der Initiative?

Jaquier:Ich denke nicht, dass eine Firma wie diejenige von Herrn Rime durch die Initiative betroffen ist. Aber die Lohnschere wird allgemein grösser, und diese privilegiert die Vorsitzenden und die Besitzer. Die Einkommen der Produktion müssen wieder besser verteilt werden.

 

 Herr Rime, sind Sie betroffen?

 Rime:Natürlich bin ich betroffen. Aber nicht in dem Sinn, den Sie denken. Ich bin betroffen, wenn man solche Verpflichtungen in Gesetzen festschreibt, dann hat es Folgen für die gesamte Wirtschaft. Das Schweizer Wirtschaftsmodell heute ist ein Erfolg, weil seine wirtschaftliche Struktur sehr vielfältig ist. Sobald man an diesem Puzzle etwas verändert, riskiert man negative Auswirkungen in allen Bereichen. Noch etwas zur Lohnschere: In der Schweiz haben wir ein Steuersystem, das diesen Unterschieden Rechnung trägt, indem es sehr progressiv ist. Es geschieht also bereits eine Umverteilung durch den Staat.

 

 Herr Jaquier sprach von einer Entwicklung der Löhne. Hat diese auch in Ihrem Unternehmen stattgefunden?

Rime:Nein, und ich habe auch nicht den grössten Lohn in der Firma. Bei uns liegt das Verhältnis etwa bei 1:2,5. Aber das ist nicht der Hauptgrund, weshalb wir gegen diese Initiative kämpfen. Die Hauptgründe sind das Erfolgsmodell, das wir nicht hergeben möchten, Dazu kommen Einnahmenausfälle bei den Steuern und den Sozialversicherungen.

 

 Wie kommt man auf das Verhältnis 1:12?

Jaquier:Das ist der Entscheid der Initianten, der Jungsozialisten. Wenn Sie meine Zahl wissen wollen: Es wäre 1:4.

Rime:Sie wollen eine Beschränkung auf 1:4?

Jaquier:Ich verstehe nicht, wie eine Person einen solchen Einfluss haben kann, um einen solchen Unterschied zu verdienen. Ein Lohnbezüger riskiert beispielsweise sein Leben, um auf der Autobahn Leitplanken zu montieren. Wenn er seine Arbeit nicht gut macht, entlässt man ihn. Sein Direktor ist bezahlt, damit er das Unternehmen zum Funktionieren bringt. Wie ist zwischen ihnen eine solche Lohndifferenz gerechtfertigt? Deshalb hat die Initiative einen Vorteil: Sie lanciert die Diskussion, wer in der Schweiz wirklich von der Arbeit profitiert.

Rime:Ich will nicht in eine Debatte 1:4 einsteigen, die ist lächerlich. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass die Angestellten von der Kompetenz der Personen an der Spitze von Unternehmen profitieren, nur schon, indem sie ganz einfach eine Anstellung haben. Wenn man keine solchen Leute hat, die sich engagieren und die Kompetenzen haben, dann gibt es keine Arbeit mehr.

Jaquier:Ja, aber wenn Sie alleine an der Spitze eines Unternehmens sind und Ihre Angestellten sich nicht so gut wie ein Ingenieur oder Produktionschef engagieren, dann verdienen Sie auch nichts.

Rime:Ich habe nie bestritten, dass das Personal ein Kapital für die Unternehmen ist. Aber heute wollen alle in die Schweiz arbeiten kommen.

Jaquier:Bei einem Wirtschaftssystem, in dem das Maximum abgeschöpft wird, schwächt man immer die Armen und stärkt die Besitzer und CEO. Danach ist man erstaunt, wenn die Leute dahin wegziehen, wo sie sich eine bessere Situation versprechen.

Rime:Gemäss Herrn Jaquier sind die Chefs entweder Profiteure oder Unfähige.

Jaquier:Das ist nicht der Fall. In der Schweiz gibt es viele Unternehmen, die ihren Gewinn reinvestieren, damit die Maschine läuft. Diese Firmen sind respektabel und respektiert. Aber es gibt einen ganzen Sektor, der sich aufs Einkassieren konzentriert. Darauf müssen wir reagieren.

Rime:Aber dieses Problem wird ja schon durch die Minder-Initiative geregelt.

 

 Zu den Zahlen: Plötzlich spricht man auch von einem Verhältnis 1:20, weil man berücksichtigt, dass Chefs bis zu 70 Stunden die Woche arbeiten. 1:12 soll sich auf einen Stundenlohn beziehen. Haben die Initianten Angst vor ihrem Vorhaben bekommen?

Jaquier:Ich habe mich nie auf 1:12 oder 1:20 konzentriert. Nimmt das Volk die Initiative an, so wird der Gesetzgeber ein Ausführungsgesetz ausarbeiten. Diese Punkte werden dort diskutiert.

Rime:Die Initiative ist relativ allgemein verfasst, und sie müsste erst umgesetzt werden. Aber es ist so, dass einige Personen sie heute anders interpretieren. Doch das ist nicht matchentscheidend. Es ist viel mehr das Prinzip, ob wir uns ein Arbeitsgesetz à la française geben wollen, mit Kilometern von Gesetzesordnern. In der Schweiz ist es ein Schlüsselfaktor, dass wir ein relativ flexibles Arbeitsgesetz haben, das die Arbeiter recht gut schützt. Ein Beweis ist die sehr tiefe Arbeitslosenquote.

Jaquier:Wenn das Arbeitsgesetz so lasch ist, dass es fast alle Auswüchse erlaubt und Angestellte mit ihrem Lohn die Lebenskosten nicht decken können, dann ist das der Kern unseres Kampfs. Man muss Löhne sicherstellen, die es allen Angestellten erlauben zu leben. Deshalb läuft eine Initiative, die 4000 Franken Mindesteinkommen verlangt. Das ist für mich der wichtigste Kampf, den wir gewinnen müssen. Wenn alle korrekte Löhne zahlen, dann ist es nicht mehr wichtig, ob die hohen Löhne eine halbe Million oder eine Million Franken betragen.

Rime:Das Mindesteinkommen ist die nächste Schlacht. Das Parlament und der Bundesrat haben klar Nein gesagt; wir werden wohl nächsten Mai darüber abstimmen. Aber heute bezahlen die Unternehmen mit den grössten Löhnen in den Direktionsetagen nicht die tieferen Löhne. Tiefe Löhne von rund 3500 Franken kommen in Unternehmen und Branchen vor, wo die Konkurrenz aus dem Ausland stark ist. Viele KMU sind davon betroffen, aber das heisst nicht, dass die Chefs dort unanständige Löhne haben.

 

 Ist denn die 1:12-Initiative zu einer Stellvertreter-Initiative für die Mindestlöhne geworden?

Jaquier:Ich würde da nicht von einer Symbol-Initiative sprechen. Sie ist Ausdruck einer Situation, die nur noch schwer erträglich ist.

Rime:Die Debatte zum Mindestlohn wird kommen. Wenn die 1:12-Initiative durchkommt, muss man nicht glauben, dass dies irgendeine Auswirkung auf die Mindestlöhne hat. Die grösste Ungerechtigkeit für die Arbeiter ist, wenn sie ihre Stellen verlieren, weil sie unfähige Chefs haben, die ihre Firma schlecht führen. Sie müssen von ihren Löhnen leben können, und wenn das nicht der Fall sein sollte, haben wir ein Sozialsystem, das doch einige Sachen korrigiert.

Man spricht von einigen Wirtschaftszweigen, die mit der Initiative Probleme bekommen könnten. Einverstanden?

Rime:In den grossen internationalen Unternehmen sitzen Leute, die sich vorbereiten, die Schweiz zu verlassen, wenn diese Initiative angenommen wird. Ein weiteres Argument: Es gibt sicher Möglichkeiten, die Initiative zu umgehen. Zum Beispiel, indem man verschiedene Firmen oder Subunternehmen gründet, indem man zum Beispiel Chauffeure oder Putzfrauen auslagert.

Jaquier:Jedes Mal, wenn wir Forderungen stellen, um die Einkünfte aus Arbeit besser zu verteilen, kommt man uns mit dem Schreckgespenst des Wegzugs. Ich weiss, es gibt Firmen und Vorgesetzte, die umziehen, jedes Mal, wenn der Wind dreht. Das machen sie aber schon jetzt und nennen es Steueroptimierung. Und sie werden es auch in Zukunft machen. Diese Leute sind heute sehr mobil. Das ist ein echtes Problem, das müsste reglementiert werden.

Rime:Wollen Sie dazu ein Gesetz machen?

Jaquier:Für mich braucht es eine Art Weltwirtschaftsregierung. Aber der Schweizer Wirtschaftsplatz wird stabil bleiben. Die Initiative wird daran nichts ändern.

 

 Gibt es auch für Sie, Herr Rime, ein Lohnverhältnis, das Sie als unverhältnismässig empfinden?

Rime:Ja, das liegt etwa bei 1:50. Es gibt Löhne, die sind tatsächlich absurd, so ab zweistelligen Millionenbeträgen. Aber ich will nicht, dass sich der Staat da einmischt. Ich bin ein Verfechter der Sozialpartnerschaft, die das regeln soll.

 

 Spricht aus der 1:12-Initiative der Neid, Herr Jaquier?

Jaquier:Bei der Frage, ob ein Angestellter Ende des Monats genügend Geld zusammen hat, um die Familie zu ernähren, geht es nicht um Neid, sondern um Leben und Überleben.

Ohne kompetente und engagierte

Chefs gibt es keine Arbeit mehr. 

Jean-François Rime

SVP-Nationalrat

Es geht hier nicht um Neid, sondern um Leben und Überleben.

 Armand Jaquier

Unia-Sekretär

Auswirkungen: AHV, IV, Steuern

E in Ja zur 1:12-Initiative hätte Folgen für Steuern und Sozialversicherungen. Nur welche?

 

Würden bei Annahme der Initiative Einnahmen bei den Steuern und Sozialversicherungen fehlen?

Rime: Ein Studie der HSG hat vier Milliarden Franken errechnet. So weit würde ich nicht gehen. Aber sieben Kantone haben für sich ihre Schätzungen gemacht: Sie kommen auf 700 Millionen Franken. Für die Kantone betragen die Steuerausfälle sicher eine Milliarde Franken. Und auf Bundesebene verlieren die Sozialversicherungen rund 600 Millionen Franken.

Jaquier: Aber man muss die Beträge zum Beispiel bei den Sozialversicherungen im Verhältnis zu den 35 Milliarden Gesamteinnahmen sehen. Wenn die Gewinne besser verteilt werden, dann ist das nur eine Umverteilung der Lohnmasse. Es ist also die gleiche Lohnsumme, die Sozialversicherungen alimentiert. uh

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