Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Diese Menschen haben mir alles gegeben»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Thomas Kern, was hat Sie als Aargauer motiviert, sich für die «Fotografische Ermittlung: Thema Freiburg» zu bewerben?

Ich hatte tatsächlich keinen Bezug zum Kanton Freiburg und habe lange nicht einmal in der Schweiz gelebt. Aber die «Fotografische Ermittlung» war mir ein Begriff. Als ich für meine Eingabe nach einem geeigneten Thema suchte, stiess ich auf das Buch «Le Testament d’Adam» des Freiburger Autors Jean-François Haas. In der Novellensammlung beschreibt er fiktive Menschen. Mir gefiel der unaufgeregte Ton dieser Geschichten über ganz normale Leute. Ich habe mich daraufhin mit Jean-François Haas getroffen. So kristallisierte sich allmählich mein Porträt-Projekt für die «Fotografische Ermittlung» heraus.

Porträts von ganz normalen Freiburgerinnen und Freiburgern: Auf den ersten Blick nicht gerade ein besonders ausgefallenes Thema …

Das soll es auch nicht sein. Mit dem Wort «normal» wäre ich aber auch vorsichtig, denn was heisst das schon. Mir ging es darum, Begegnungen auf eine ganzheitliche Art einzufangen, etwas zuzulassen und das gegenseitige Vertrauen zu zeigen, das es dafür braucht. Ich habe keine Freiburger Klischees gesucht, im Gegenteil: Die Menschen, die ich fotografiert habe, hätte ich überall treffen können. Ich liess bewusst den Zufall regieren.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Es kommt doch immer wieder vor, dass man jemanden auf der Strasse oder an der Migros-Kasse sieht, der einen aus irgendeinem Grund interessiert. Meine erste Idee war, solche Menschen anzusprechen und sie zu fragen, ob ich sie nach Hause begleiten und dort fotografieren dürfte. Dies war aber leider nicht realisierbar: Kaum jemand ist heutzutage spontan bereit für so etwas.

Wie sind Sie stattdessen vorgegangen, um die Idee des Zufalls nicht zu verraten?

Ich habe mit einzelnen Personen aus dem Kanton Freiburg angefangen, die ich von früher kannte, wenn auch nur flüchtig. Als allerersten habe ich Jean-François Haas porträtiert. Dann habe ich mir von diesen Leuten weitere Personen vorschlagen lassen. Es sollten weder bekannte Persönlichkeiten sein noch Leute, die sonst etwas repräsentieren. Bei mir zu Hause habe ich eine Karte des Kantons aufgehängt, um einen Überblick über die Orte zu haben, auch wenn es mir in erster Linie um die Menschen ging, nicht darum, woher sie kommen.

Wie viele Porträts sind so am Ende zusammengekommen?

Insgesamt habe ich 61 Personen aus allen Bezirken fotografiert, Menschen im Alter zwischen 10 und 94 Jahren. 50 Porträts sind im Buch erschienen; in der Ausstellung im Fri Art sind 34 Bilder zu sehen.

Wie lief so eine Foto-Begegnung im Einzelnen ab?

Ich habe alle Porträtierten bei ihnen zu Hause getroffen. Dabei ging es mir nicht darum, den persönlichen Hintergrund zu zeigen, sondern mehr um den Ausdruck des Vertrauens. Ich wollte einen Moment der Begegnung schaffen, in dem die Menschen ganz sich selber waren. Das ist gar nicht so einfach, wie es tönt. Alle diese Menschen haben sich mir ein Stück weit ausgeliefert – und umgekehrt. Meistens habe ich mich vor dem Fotografieren mit ihnen unterhalten; wir haben uns gegenseitig von unserem Leben erzählt. Das hat gut funktioniert: Die Leute haben sich darauf eingelassen und sich viel Zeit genommen.

Sie haben dieses Projekt analog fotografiert – auch das ein Entscheid für die Langsamkeit?

Ja, der Prozess ist langsamer, man hat mehr Zeit mit den Leuten, das hilft bei so einem Projekt. Was mir daran auch gefällt, ist, dass der ständige Kontrollblick auf das Display wegfällt. Auch das passt zu dieser Arbeit: Weder meine Gegenüber noch ich konnten die Bilder im Moment ihres Entstehens sehen.

Sie haben sich auch für Porträts in Schwarz-Weiss entschieden. Warum das?

Ich habe in meiner Arbeit immer den Anspruch, dass die Betrachter meiner Fotografien nicht nur das wahrnehmen, was auf den ersten Blick sichtbar ist, sondern auch das, was unter der Oberfläche liegt – dass sie gewissermassen durch das Bild hindurchschauen. Bei Schwarz-Weiss-Bildern ist das leichter, gerade bei Porträts. Wenn die Farbe wegfällt, gibt es automatisch weniger Informationen zur Oberfläche.

Sie haben etwa eineinhalb Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

Ich bin jemand, der nicht so leicht zufriedenzustellen ist, aber ich bin mit der Arbeit sehr glücklich. Allein schon das Realisieren war schön. Für dieses Projekt brauchte es zwei Seiten: den Fotografen und die Porträtierten. Das hat wunderbar funktioniert; diese Menschen haben mir alles gegeben. Leider ist das geplante Finale wegen der Corona-Pandemie nicht möglich. Ich wollte im Rahmen der Ausstellung alle Porträtierten zusammenbringen; das geht jetzt leider nicht.

Sie sagen, Sie haben nicht nach Freiburger Gemeinplätzen gesucht. Haben Sie trotzdem typisch Freiburgisches entdeckt?

Eine interessante Erfahrung war für mich die Zweisprachigkeit. Und ich habe nebst der Sprachgrenze auch ein Gefühl bekommen für die anderen unsichtbaren Grenzen, die es in diesem Kanton gibt. Entscheidend bleiben für mich aber die Menschen: Es waren alles schöne Begegnungen, von denen hoffentlich etwas in meine Bilder eingeflossen ist.

Zur Person

Zwischen Aargau und San Francisco

Thomas Kern wurde 1965 in Brugg (AG) geboren und lebt heute in Möriken (AG). Er absolvierte eine Fotografenlehre und die Fotoklasse der Kunstgewerbeschule Zürich. Seit 1989 arbeitet er als Fotojournalist. Er beschäftigte sich lange mit den Auswirkungen von Krieg und Konflikten auf den Alltag der Menschen, unter anderem in Haiti. Von 1998 bis 2006 lebte er in San Francisco. Er war Mitgründer der Bildagentur Lookat Photos und erhielt zahlreiche Preise, darunter zweimal den World Press Award.

cs

 

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema