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«Dieses Brauchtum ist nicht altmodisch»

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Gestern ist mit einer Finissage in Murten das 2016 lancierte Projekt «Tradifri – Lebendige Traditionen in Bildern» zu Ende gegangen (siehe unten). Es handelt sich um eine Initiative des kantonalen Amts für Kultur in Zusammenarbeit mit der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Ziel war, die lebendigen Traditionen Freiburgs aus heutiger Sicht zu zeigen und eine Fotosammlung dazu aufzubauen. Das kantonale Inventar der lebendigen Traditionen umfasst heute siebzig Einträge, die von der Sankt-Nikolaus-Feier in Freiburg über die Murtner Solennität bis zum Maisingen reichen. Verantwortlich für dieses Inventar ist das Greyerzer Museum in Bulle. Die FN haben zum Abschluss von Tradifri mit Isabelle Raboud-Schüle, Direktorin des Greyerzer Museums und Ethnologin, über die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes und über die Eigenheiten des Freiburger Brauchtums gesprochen.

Isabelle Raboud-Schüle, warum ist es wichtig, lebendige Traditionen zu definieren und zu inventarisieren?

Zum einen erfüllen wir damit die Verpflichtung, welche die Schweiz 2008 mit der Ratifizierung des Unes­co-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes eingegangen ist. Die Verantwortung für die Inventare liegt bei den Kantonen; das Greyerzer Museum hat vom Kanton Freiburg ein entsprechendes Mandat erhalten. Zum andern geht es darum, der Bevölkerung korrekte und historisch fundierte Beschreibungen der lebendigen Traditionen zur Verfügung zu stellen. Inventarisieren heisst hier nicht, die Dinge wie bei einer Schmetterlingssammlung in kleine Kästchen zu stecken. Die lebendigen Traditionen sind ständig in Bewegung, sie sind an den Zeitgeist gebunden und davon abhängig, wie die Menschen in ihrem Leben damit umgehen.

Was muss eine Tätigkeit mitbringen, um auf die Liste der lebendigen Traditionen aufgenommen zu werden?

Sie muss eine mindestens vierzigjährige Tradition haben, mindestens zwei Generationen oder Orga­nisa­tions­komi­tees überdauert haben und einen klaren Bezug zum Kanton Freiburg haben. Wichtig ist uns, dass die Liste offen und beweglich ist. Neue Traditionen können dazukommen, aber es kann auch einmal eine verschwinden. Unsere Rolle ist nicht, zu sagen, was man wie tun soll, sondern zu beobachten und zu beschreiben, was es gibt. Vieles hängt dabei auch von den Trägern der jeweiligen Traditionen ab.

Inwiefern?

Es ist wichtig, ob eine Gruppe das, was sie tut, als lebendige Tradition empfindet. Ist dies der Fall, kann sie uns die Tradition zur Aufnahme auf die Liste vorschlagen. Auch wenn die Initiative von uns ausgeht, kann es entscheidend sein, wer die Tradition trägt. Ein Beispiel ist das Memorial Sekulic, das Fussballturnier für Kinder und Jugendliche. Wir wollten es ins Inventar aufnehmen, aber da jedes Jahr ein anderer Club als Veranstalter auftritt, gibt es keinen klar definierten Träger. Darum steht das Turnier momentan nicht auf der Liste.

Gibt es etwas, was an den Freiburger Traditionen typisch ist?

Etwas, das uns auch im Rahmen von Tradifri ganz stark aufgefallen ist, ist, dass die gelebten Traditionen in Freiburg von einem glücklichen Volk erzählen. Ohne zu romantisieren, kann man sagen, dass es oft um das Zusammenleben, um Geselligkeit, um Festlichkeit und Fröhlichkeit geht.

Haben Sie eine persönliche Lieblingstradition?

Da kommt mir spontan das Maisingen in den Sinn, das es so nur im Kanton Freiburg gibt. Es ist originell und auf eine positive Weise unorganisiert. Es funktioniert ohne Verein und Statuten, ohne Präsident und Kassier und ist doch fest in der Bevölkerung verankert. Obwohl also die vorhin erwähnte Trägerschaft fehlt, haben wir diesen Brauch ins kantonale Inventar aufgenommen. Wir haben ihn auch für die eidgenössische Liste vorgeschlagen, dort wurde er aber nicht berücksichtigt.

Das Fotoprojekt Tradifri ist nun abgeschlossen. Welche Bilanz ziehen Sie?

Das Projekt hat bestätigt, dass die lebendigen Traditionen einen wichtigen Platz in der Gesellschaft haben, gerade auch bei den Jungen. Dieses Brauchtum hat nichts Altmodisches, sondern es lebt und verändert sich. Die professionellen Fotoreportagen erzählen davon ebenso wie die eingereichten Amateurfotos. Der Rücklauf in den sozialen Netzwerken war erfreulich, umso mehr, als sich die Nutzer respektvoll verhielten und uns nicht mit Belanglosem überschwemmten. Ich denke, dass wir auf diesem Weg das Mögliche erreicht haben und dass es gut ist, das Projekt jetzt abzuschliessen.

Wie geht es denn jetzt weiter mit der Tradifri-Plattform und den gesammelten Fotografien?

Die Fotografien werden wir archivieren und aufbewahren, sowohl die professionellen als auch die nicht professionellen. Sie dokumentieren eine Realität der Jahre 2015 bis 2018, die man in der Zukunft vielleicht mit anderen Augen sehen wird. Der Hashtag Tradifri wird noch eine Weile zur Verfügung stehen und irgendwann verschwinden.

Und womit wird sich Ihre Arbeitsgruppe in Zukunft befassen?

Was uns aktuell besonders inte­ressiert, sind Fragen rund um gegenwärtige Entwicklungen und die so­ziale Bedeutung. Ich denke dabei etwa an die Integrationskraft der lebendigen Traditionen. Ich glaube, dass das Brauchtum eine wichtige Rolle bei der Integration von Zuwanderern spielt, weil es einen unkomplizierten Zugang zum hiesigen Leben ermöglicht. Das ist aber nur ein Eindruck, und wir möchten dem genauer auf den Grund gehen.

Definition

Gesellschaft, Sprache, Kunst und Handwerk

2008 hat die Schweiz das Unesco-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes ratifiziert. Als immaterielles Kultur­erbe gelten demnach «Bräuche, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten sowie die dazu gehörigen Instrumente, Objekte, Artefakte und kulturellen Räume, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen als Bestandteil ihres Kulturerbes ansehen.» Als Untergruppen definiert die Unesco mündliche Ausdrucksweisen, darstellende Künste, gesellschaftliche Praktiken, den Umgang mit der Natur und das traditionelle Handwerk. Seit 2008 führt das Bundesamt für Kultur in Zusammenarbeit mit den Kantonen die «Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz». Die eidgenössische Liste, die eine Auswahl aus den kantonalen Traditionen ist, umfasst heute 199 Einträge. Auf der Freiburger Liste stehen aktuell 70 Traditionen.

cs

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