Eigene Statuten verletzt
Pensionskasse des Personals der Stadt Freiburg
Seit 1992 muss die Pensionskasse des Personals der Stadt Freiburg gemäss eigenen Statuten den Verpflichtungen gegenüber den Anspruchsberechtigten nachkommen können. Die bisher getroffenen Massnahmen haben sich aber als ungenügend erwiesen.
Die städtische Pensionskasse kann vom Grundsatz der Bilanzierung in geschlossener Kasse abweichen, weil ihr die Gemeinde die Ausrichtung der Leistungen garantiert. Sie hat somit die gesetzlichen Vorschriften trotz ihres tiefen Deckungsgrades immer eingehalten. «Deshalb hatte die Aufsichtsbehörde bisher keine Massnahme zu treffen, die über den Dialog mit dem paritätischen Organ bzw. über die vom BVG-Experten vorgeschlagenen Massnahmen hinausgingen», schreibt der Staatsrat in seiner Antwort auf eine Anfrage von Grossrat Hubert Zurkinden (Grüne, Freiburg). Er gibt so zu verstehen, dass das Amt für die Aufsicht über die Stiftungen und die berufliche Vorsorge seine Pflicht nicht vernachlässigt hat.
Suche nach dem
finanziellen Gleichgewicht
Der Staatsrat weist aber darauf hin, dass sich die Pensionskasse im Jahre 1992 neue Statuten gegeben und sich somit verpflichtet hat, ein finanzielles Gleichgewicht zu gewährleisten. Um diese Vorgabe zu erreichen, habe ein BVG-Experte Massnahmen empfohlen: Vorerst eine Erhöhung der Beiträge, später auch eine Anpassung der Referenzgrösse, die für die Berechnung der Renten massgebend ist. Per 1. Januar 2002 seien auch die Statuten entsprechend revidiert worden.
«Als aufgrund der Jahresrechnung 2002 absehbar wurde, dass sich die finanzielle Situation nicht verbessert, hat die Aufsichtsbehörde die Pensionskasse im Mai 2004 aufgefordert, ein neues versicherungstechnisches Gutachten erstellen zu lassen. Dieses hat bestätigt, dass andere Massnahmen erforderlich wären, um das finanzielle Gleichgewicht gemäss Statuten zu gewährleisten», schreibt der Staatsrat in seiner Antwort weiter.
Sanierungsmassnahmen
Die Aufsichtsbehörde habe den Vor- stand der Pensionskasse deshalb im Juli 2004 aufgefordert, dem Gemeinderat gemäss Empfehlungen des Experten die erforderlichen Sanierungsmassnahmen vorzuschlagen. Der Vorstand habe in der Folge beschlossen, ein zweites Gutachten erstellen zu lassen. «Dieses wurde dem Generalrat anfangs Dezember 2004 vorgestellt. Es schlägt im Gegensatz zum Erstgutachten hauptsächlich eine Rekapitalisierung der Pensionskasse vor», hält der Staatsrat weiter fest.
Statutarische Unterdeckung
Weil das finanzielle Gleichgewicht mit den bisher getroffenen Massnahmen nicht zu erreichen ist, befindet sich die Kasse gemäss Staatsrat in statutarischer Unterdeckung. Deshalb werde sich die Aufsichtsbehörde an die neuen BGV-Bestimmungen und Weisungen des Bundesrates halten. «Sie wird notfalls Massnahmen anordnen, wenn dies die Vorsorgeeinrichtung nicht selbst in angemessener Frist tut», betont der Staatsrat weiter.
Konkrete Massnahmen zur Sanierung der Pensionskasse würden gegenwärtig von einer Arbeitsgruppe der Stadt Freiburg untersucht. Zudem unterhalte das Amt für Gemeinden regelmässige Kontakte mit den zuständigen Behörden der Stadt Freiburg und achte darauf, dass gesetzliche Bestimmungen zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts eingehalten werden.
«Extrem besorgniserregend»
In seiner Anfrage gab Hubert Zurkinden zu bedenken, dass die Pensionskasse der Stadt Freiburg mit rund 31 Prozent den tiefsten Deckungsgrad aller öffentlichen Pensionskassen der Schweiz aufweise. Der aktuarielle Experte Meinrad Pittet halte die Lage für «extrem besorgniserregend» und finde es unumgänglich, dass die Stadt eine Rekapitalisierung von mindestens 30 bis 50 Millionen Franken oder mehr vornimmt und ein Paket weiterer Massnahmen trifft, u. a. Aufhebung des Teuerungsausgleichs auf den Renten, höhere Beiträge, einen tieferen Rentensatz und Massnahmen, um künftig die sehr hohe Zahl von Invalidenfällen zu vermeiden.
Die Pensionskasse des Personals der Stadt Freiburg wurde 1986 provisorisch und im Jahre 1992 definitiv ins kantonale Register der beruflichen Vorsorge eingetragen. Gemäss Staatsrat sind dort vier öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen eingetragen. «Mit Ausnahme der Pensionskasse des Personals der Stadt Freiburg gibt keine dieser Vorsorgeeinrichtungen Anlass zur Sorge», schliesst der Staatsrat seine Antwort.
Keinen Alarm geschlagen
Mittlerweile hat auch die CSP-Grossrätin Madeleine Genoud-Page (Freiburg) eine Anfrage eingereicht. Sie möchte u. a. vernehmen, weshalb die Aufsichtsbehörde nicht Alarm geschlagen hat, obwohl die versicherungstechnischen Gutachten der Jahre 1989, 1995 und 1999 eine Verschlechterung des Deckungsgrades zum Vorschein brachten. az