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«Ein behindertes Kind hat seinen Sinn»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Autor: Irmgard Lehmann

Schon allein die Erziehung eines normal begabten Kindes ist eine schwierige Kunst. Erst recht aber jene eines behinderten Kindes. Um den Eltern «ein wenig Trost zu bringen, wenn die Geburt eines behinderten Kindes sie ratlos lässt», hat der Verband der Eltern von geistig behinderten Kindern den Frühberatungsdienst vor 40 Jahren ins Leben gerufen. Seither hat die Zahl der betreuten Kinder im Vorschulalter stetig zugenommen. Letztes Jahr haben die 40 heilpädagogischen Früherzieherinnen mit 350 Kindern gearbeitet.

Marianne Schmuckli ist seit drei Jahren Direktorin: ein Gespräch über behinderte Kinder und die Möglichkeit, Eltern den Alltag zu erleichtern.

Welche Defizite weisen die Kinder auf, die von der Frühberatung betreut werden?

Die Kinder werden bei uns angemeldet, weil sie auffallen: Ihre Entwicklung verläuft zum Beispiel langsamer als bei ihren Altersgenossen. Ein häufiger Anlass ist auch das schwierige Verhalten des Kindes. Manche Kinder haben auch eine Behinderung.

Was zeigt sich am häufigsten?

Häufig sind es die Meilensteine der kindlichen Entwicklung, die nicht erwartungsgemäss erreicht werden: die ersten Schritte, die ersten Worte, die ersten Ablösungsprozesse. Oft sind es auch Kinder, die nicht spielen können, weder alleine noch mit anderen Kindern.

Und wie gehen Sie vor?

Zuerst ist es uns wichtig, dass die Eltern ihre Situation, ihre Sorgen und Freuden schildern können. Dann erfassen wir sorgfältig den Entwicklungsstand des Kindes mit seinen Stärken und Schwächen. Wenn wir gemeinsam mit den Eltern zum Schluss kommen, dass es Heilpädagogische Früherziehung braucht, beantragen wir diese beim Amt für Sonderpädagogik. Sie ist übrigens für die Eltern kostenlos.

Schiebt man der Frühberatung damit auch einen Teil Erziehung zu?

Ja, unbedingt. In der neuen Terminologie spricht man nicht mehr von Frühberatung, sondern von Heilpädagogischer Früherziehung. Und alle Kinder mit einem besonderen Erziehungsbedarf haben Anrecht darauf.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel schildern, das auch zum Erfolg geführt hat?

Ein dreijähriges Kind wurde uns angemeldet, weil einfach alles nach seinem Willen gehen musste. Alle litten darunter. Zuerst ging es darum, besser zu verstehen, warum das Kind so reagierte. Wir konnten seine Zwänge zuerst im Spiel, dann im Alltag auflockern und der ganzen Familie zu einer entspannteren Atmosphäre verhelfen.

Heute kann dieses Kind mit heilpädagogischem Stützunterricht die Regelschule besuchen. Alle sind zufrieden mit der Situation, manchmal sogar stolz auf das Erreichte.

Da haben Sie sicher nicht nur das Kind erzogen, sondern auch die Eltern – inwiefern?

Das war ein sehr partnerschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis. Wichtig war, dass die Heilpädagogische Früherziehung in der Familie während der ganzen Kindergartenzeit weitergeführt wurde. So gelang es, dem Kind den bestmöglichen Start in seine Schulzeit zu ermöglichen.

Die Zahl der Kinder, die verhaltensauffällig sind oder einen Entwicklungsrückstand haben, häufen sich. Wo sehen Sie die Gründe?

Die sind vielschichtig. Wir beobachten, dass viele kleine Kinder unter sehr ungünstigen Bedingungen aufwachsen müssen, weil sich ihre Eltern in schwierigen Situationen befinden. Sobald diese sogenannten Risiko-Kinder erste Anzeichen von Auffälligkeiten zeigen, brauchen sie und ihre Familien dringend Heilpädagogische Früherziehung.

Dabei zahlt sich diese Investition im frühen Kindesalter später doppelt und dreifach aus.

In Österreich darf man ungewollte behinderte Kinder bis zur Geburt abtreiben – ein Recht, das hohe Wellen schlägt. Mehrere Urteile sprachen Eltern hohe Schadenersatzsummen zu. Entweder wegen mangelhafter Beratung oder weil der Arzt die mögliche Behinderung übersehen hat. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie sowas hören?

Ein solches Gesetz kann bei werdenden Eltern die Erwartung wecken, dass sie Anspruch auf ein gesundes oder sogar ein vollkommenes Kind hätten. Eltern von behinderten Kindern können in eine grosse seelische Not geraten, denn die leidige Schuldfrage steht plötzlich wieder im Zentrum. Eltern brauchen vielmehr die Gewissheit, dass auch ein behindertes Kind in unserer Gesellschaft seinen Platz und seinen Sinn hat.

Wie sieht es in der Schweiz aus?

Ich kenne zunehmend Situationen, in denen nicht stur die medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, sondern Ärzte und Eltern gemeinsam einen verantwortungsvollen und respektvollen Weg gesucht haben. Das heisst, dass trotz pränataler Diagnostik ein Kind mit einer Behinderung zur Welt kommen darf.

In der Schweiz sind wir mit der Umsetzung des neuen Behindertengleichstellungsgesetzes auf einem guten Weg.

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