Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Ein Freiburger in London

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Seit letztem Herbst ist der 56-jährige Freiburger Alexandre Fasel als Schweizer Botschafter in London tätig. Im ­Interview spricht er über seine temporäre Wahlheimat, aber auch über seine Freiburger ­Wurzeln.

Kürzlich war er Festredner am 175-Jahr-Jubiläum der Freiburger Gymnasialverbindung Zähringia, die gemeinsam mit der 100-jährigen Studentenverbindung Fryburgia feierte. Er nutzte den Besuch aber auch für Gespräche zum Thema Brexit in Bern.

Wie wurden Sie Diplomat?

Das hat sich als Berufswunsch früh herauskristallisiert. Im Wesentlichen basiert dies auf zwei Elementen: erstens auf einer Leidenschaft für die öffentliche Sache und die Politik. Oder wie es ein Cousin von mir ausdrückte: «Eine Passion für das Land und das Schicksal seiner Bewohner.» Das alleine aber hätte mich wohl eher in Richtung Politik gezogen, wozu es aber nie kam. Zweitens kam ein Interesse für das Internationale dazu. Ich habe nie einen bewussten Berufsentscheid getroffen, wusste aber früh, dass ich Staatsdiener im internationalen Bereich sein wollte. Konkret wurde es dann mit dem Zulassungswettbewerb für den diplomatischen Dienst. Vor diesem hatte ich schon ein Jahr beim Bund gearbeitet, in der Zeit der EWR-Verhandlungen. Das war 1991, im damaligen Integrationsbüro unter dem späteren IKRK-Präsidenten Jakob Kellenberger. Das ist mir sicher zugutegekommen. So konnte ich im Mai 1992 in den diplomatischen Dienst eintreten.

Und seit dem letzten September sind Sie in London.

Genau, zusammen mit meiner Frau. Die Botschaft liegt im Stadtteil Marylebone.

Ist Ihre Frau auch im diplomatischen Dienst tätig?

Nein. Sie ist aber auch Juristin. Sie hat in der Bundesverwaltung gearbeitet und sich später dem Kunstschaffen zugewendet.

Diplomat zu sein ist für viele ein Traumjob.

Das ist definitiv so. Die Aufgabe ist sehr erfüllend. Ich bin jedenfalls froh, dass ich diese Berufswahl getroffen habe. Ich habe nie daran gezweifelt und würde es wieder tun. Diplomat zu sein ist extrem interessant, spannend und abwechslungsreich, obwohl der Rahmen immer gegeben ist: die Stellung der Schweiz inmitten ihrer Nachbarländer, der Region und der Welt. Ein Diplomat ist gleichzeitig Journalist, Analyst, Kulturvermittler, Wirtschaftsförderer, Hotelier, Restaurateur und Unternehmer. Ich bin in London Chef von 60 Mitarbeitenden. Wichtig ist generell auch eine grosse Selbständigkeit. Vor Ort repräsentiert man die Schweiz, und schliesslich kann man auch nicht jederzeit in jeder Situation nach Bern telefonieren.

Ein Studium der Rechte ist aber keine Voraussetzung?

Nein. Wir haben Historiker, Ökonomen, Physiker, Mediziner, Literaten und vieles mehr unter den Diplomaten. Für mich persönlich war das Jus-Studium aber sicher eine gute Grundlage.

Sie verbringen mehr Zeit im Ausland als der Durchschnittsbürger.

Das empfinde ich durchaus als Privileg. Es stimmt aber nicht, dass Diplomaten die ganze Zeit am Reisen sind. Ist man einmal in ein bestimmtes Land berufen, so bleibt man vor Ort und vertieft sich in dieses Land, versucht, dessen Essenz zu verstehen. Das ist übrigens auch der Grund, wieso man nach vier Jahren wieder an einen anderen Ort wechseln muss. Sonst würde sich gewissermassen die Gefahr des «Stockholm-Syndroms» ergeben: Auf einmal würde man beginnen, die Interessen dieses Landes zu vertreten statt die der Schweiz.

Der diplomatische Umgangston ist sprichwörtlich. Sind Sie diplomatisch?

Ich habe eine gute Kinderstube und bin meinen Eltern sehr dankbar dafür. Dieser bürgerliche Anstand reicht aber grundsätzlich. Häufig wird Diplomatie aber damit verwechselt, nicht zu sagen, was Sache ist. Und damit bin ich überhaupt nicht einverstanden. Eine wesentliche Rolle der Diplomatie ist nämlich, Klarheit zu schaffen. Es gibt keine konstruktive Vieldeutigkeit.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Nicht zwei Tage lang gleich und nicht eine Sekunde lang langweilig. Ich stehe jetzt seit 27 Jahren im Bundesdienst, und nie wurde meine Tätigkeit repetitiv oder langweilend. Natürlich arbeitet man als Botschafter auch mehr als 42 Stunden in der Woche. Aber das gehört dazu. Mir hilft dabei sehr, dass ich gerne arbeite und eine Passion für das habe, was ich mache. Man muss als Diplomat schon ein wenig Workaholic sein.

Wie erleben Sie die Stadt London persönlich?

Sie hat zwei Seiten. Einerseits stellt sie eine der wichtigsten Weltstädte dar. Andererseits sind alle stark in ihrem eigenen Quartier, dem «village», verwurzelt. Das geht auch mir und meiner Frau so. Die Stadt ist ja enorm gross, und wir kommen viel herum. Aber zu Hause sind wir in Marylebone.

Wie wird die Schweiz und insbesondere Freiburg dort wahrgenommen?

In Westminster kennt man Freiburg nicht – in der akademischen Welt aufgrund unserer Universität hingegen durchaus. Im Zuge des Brexit ist die Schweiz in Grossbritannien als westeuropäischer Drittstaat, der nicht in der EU ist, bekannt. Aus­serdem kennt man vor allem Zürich, Genf und Basel im Finanzsektor, und die Schweiz als touristische Destination, insbesondere für den Wintersport, ist sehr bekannt.

Grossbritannien ist ein spe­zielles Land. Was bekommen Sie von der monarchistischen und aristokratischen Komponente mit?

Die Monarchie ist die Klammer, die alles zusammenhält. Sie ist einfach da, und von 80 Prozent der Menschen wird sie nicht infrage gestellt. Vom aristokratischen Element bekomme ich weniger mit. Aber natürlich gibt es in Grossbritannien grosse soziale und auch regionale Unterschiede zwischen dem reichen Südosten und dem ärmeren Norden rund um Sheffield oder Newcastle. Auch die soziale Mobilität ist noch lange nicht so weit, wie man es gerne hätte. Nicht zu vergessen ist die Problematik des Föderalismus, mit Schottland, Wales und Nord­irland.

Welche Fragen bewegen die Briten momentan besonders?

Ich glaube, das Vereinigte Königreich ringt momentan gleich mit sechs Fragen: erstens die europäische Frage mit dem Brexit, dann die Frage nach der Stellung Grossbritanniens in der Welt, drittens die weiterhin offene irische Frage, viertens die Frage der schottischen Unabhängigkeit, fünftens jene der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion im Lande und schliesslich die Funktionsweise des politischen Westminster-Systems.

Gegenwärtig ist der Brexit in aller Munde. Wie sehen Sie diesen Prozess?

Bei der Brexit-Debatte zeigt sich der gescheiterte Versuch, das plebiszitäre und das repräsentative Element der Demokratie miteinander zu vereinbaren. Der ehemalige konservative Premierminister David Cameron wollte eine plebiszitäre Sanktio­nierung seiner Politik, und seine ebenfalls konservative Nachfolgerin Theresa May will von diesem Hintergrund ausgehend ein repräsentatives Mandat ableiten. Diese zwei Dinge passen im britischen System und im Gegensatz zu uns einfach nicht zusammen.

Und woran liegt das?

Vor allem auch am englischen Wahlsystem: einem Majorzsystem ohne zweiten Wahlgang, bei dem ein einziger Abgeordneter pro Wahlkreis ins House of Commons entsandt wird. Dann gibt es zwei grosse Blöcke: die Konservativen und die Arbeiterpartei. Einer dieser Blöcke hat jeweils die Mehrheit, stellt die Regierung und bestimmt das politische Geschehen. Der andere Block wehrt sich nach Kräften dagegen und hofft, das nächste Mal zum Zuge zu kommen. Als nun dieses System mit der Brexit-Problematik konfrontiert war, die das ganze Land buchstäblich spaltete – und das mitten durch die Parteigrenzen hindurch –, zeigte sich, dass das Land überhaupt nicht darauf vorbereitet war. In der Schweiz ist die politische Kultur auf Konvergenz ausgerichtet – in Grossbritannien nicht.

Was wäre in dieser verfahrenen Situation Ihrer Meinung nach eine mögliche Lösung?

Die einzige Art, mit der Situation umzugehen, ist wohl ein «hängendes Parlament» mit einer Minderheitsregierung, wie wir sie jetzt haben. Das scheint die Beteiligten bei aller aus­ufernden politischen Debatte in Sachentscheiden doch zu einer gewissen Mässigung zu bewegen.

Und wie geht es nun weiter?

Die Frist ist der 29. März 2019. Wenn es bis dann – wie ich erwarte – zu keinem gegenteiligen Entscheid kommt, findet der Brexit tatsächlich statt. Zunächst würde es dann allerdings noch eine 18-monatige Übergangsfrist bis Ende 2020 geben, während der alles beim Alten bleibt und das Land Zeit hat, mit der EU die neuen Bestimmungen zu den künftigen Beziehungen auszuhandeln.

Sie als Botschafter können dabei wohl nur eine ­Beobachterrolle einnehmen.

Genau. Wir mischen uns natürlich nicht in die Innenpolitik eines anderen Staates ein. Aber der Brexit betrifft auch die Schweiz, und wir müssen deshalb Vorkehrungen treffen.

Was bedeutet ein endgültiger Brexit für die Schweiz?

Die Schweiz und Grossbritannien unterhalten sehr enge wirtschaftliche Beziehungen. Die Schweiz ist zum Beispiel der viertgrösste Exportmarkt für britische Dienstleistungen. Wir sind der siebtgrösste Investor in Grossbritannien. Das basiert massgeblich auf unserem engen Geflecht von bilateralen Abkommen mit der EU und der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU. Wenn dieses nun austritt, droht eine Rechtslücke, die wir zeitig schliessen müssen. Es ist dies die «Mind the Gap»-Strategie des Bundesrates. Wir wollen im Verhältnis mit dem Vereinigten Königreich die bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten über den Zeitpunkt des EU-Austritts hinaus sicherstellen und allenfalls ausbauen. Daran arbeiten wir zurzeit in London und in Bern.

Wie wichtig ist Ihnen Freiburg als Anknüpfungspunkt?

Ja, gerade in einem Diplomatenleben ist das entscheidend. Heimat bedeutet für mich nicht nur Familie, sondern auch Scholle. Die Idee war, zunächst Posten im Ausland anzunehmen, solange wir noch jünger sind, und uns hier niederzulassen, wenn die Kinder kommen. Durch Vorsehung oder Zufall hat das dann auch geklappt. Unsere vier Kinder konnten alle zumindest teilweise in Freiburg die Schule besuchen. Mein Lebensmittelpunkt war aber immer hier. Nach all unseren Auslandsaufenthalten in England, Belgien, Kanada und Australien habe ich mich mit meiner Frau beziehungsweise meiner Familie immer wieder in Freiburg niedergelassen.

Wie kamen Sie seinerzeit zur Zähringia?

Ich trat der Verbindung relativ spät bei, erst nach Weihnachten im Jahr meiner Maturaprüfungen. Das Interesse daran entstammte letztlich unserer Familientradition. Die Zähringia machte damals wegen Nachwuchsmangel eine schwierige Phase durch. Einer der Altherren lud mich daraufhin ein mitzumachen. Dem Verantwortungsgefühl und der Familientradition folgend nahm ich die Einladung an. Und ich bin dann gleich Senior der Verbindung geworden. An der Universität war ich dann in der Studentenverbindung Alemannia.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen die Verbindungszeit bei Ihrer diplomatischen Karriere geholfen hat?

Gebracht hat mir die Mitgliedschaft die Erfahrung, Verantwortung zu übernehmen, Mitglied einer Gemeinschaft zu sein und Sozialkompetenz zu entwickeln. Sehr wichtig ist auch das generationenübergreifende Element. Ausserdem lernte ich vor allem beim Schweizerischen Studentenverein die ganze Schweiz und ihre verschiedenen Volksschläge sehr gut kennen.

Und das viel zitierte Netzwerk? Was hat es Ihnen konkret gebracht?

Natürlich ist das Netzwerk eine wichtige Komponente des Verbindungslebens. Letztlich profitiert aber nur derjenige vom Netzwerk, der selber eine Menge reingibt. Wer nur wegen dem Netzwerk Mitglied wird, wird danach wohl enttäuscht sein.

Interview mit Alexandre Fasel, Schweizer Botschafter im Vereinigten Königreich

«Eine wesentliche Rolle der Diplomatie ist nämlich, Klarheit zu schaffen.»

Alexandre Fasel

Schweizer Botschafter

Der Mensch und die Karriere

Der vierfache Vater kennt die Welt – von Ottawa bis Canberra

Der 56-jährige Diplomat und Jurist Alexandre Fasel ist in Düdingen aufgewachsen. Er besuchte das Kollegium St. Michael und hat danach, von 1981 bis 1986, an der Universität Rechtswissenschaft studiert. Nach dem Lizenziat war er im Vereinsjahr 1986/1987 Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins und bis 1988 Assistent am Lehrstuhl für Völkerrecht von Professor Detlev Christian Dicke. Seine völkerrechtlichen Studien führte er dann von 1988/1989 als Nationalfonds-Stipendiat in Oxford weiter.

Drei Jahre bei der Credit Suisse

Sein diplomatisches Praktikum absolvierte Fasel auf der Schweizer Botschaft in Kanada. Danach kam er ins Kabinett des damaligen CVP-Bundesrats Flavio Cotti und blieb von 1994 bis 1999 bei ihm. Von 1999 bis 2001 war er die Nummer zwei in der Schweizer Botschaft im australischen Canberra. Zwischenzeitlich nahm er dann eine dreijährige Auszeit von der Diplomatie und betreute drei Jahre lang bei der Credit Suisse in Zürich deren Formel-1-Engagement.

Ab 2004 war Fasel drei Jahre lang Chef des Zentrums für Analyse und prospektive Studien in Bern. Danach war er noch vier Jahre lang Chef der politischen Abteilung «UNO und internationale Organisationen». Schliesslich amtete er viereinhalb Jahre als ständiger Vertreter der Schweiz bei der UNO und den anderen internationalen Organisationen in Genf. Vor London verbrachte Fasel ein Zwischenjahr in Bern, zuerst als stellvertretender Staatssekretär und dann betraut mit Sonderaufgaben. Seit dem 4. September 2017 ist Fasel Schweizer Botschafter im Vereinigten Königreich. Er lebt in London und in Freiburg, ist verheiratet und Vater von vier Kindern zwischen 21 und 27 Jahren.

jcg

Meistgelesen

Mehr zum Thema