Autor: Imelda Ruffieux
Der amerikanische Kultautor erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der von seiner Stiefmutter im Wald ausgesetzt wird, nachdem sie ihm die Kehle durchschnitten hat. Er überlebt zwar, lernt jedoch nie sprechen. Er passt sich seiner Umgebung an, lebt von dem, was der Wald bietet, Nüsse, Würmer oder kleine Tiere. Er wird unempfindlich gegen Kälte und Wärme, wird ein Kind der Natur.
Zwei Persönlichkeiten
Jäger entdecken ihn, jagen ihn wie ein Tier, zu dem er geworden ist, und versuchen ihn wieder zu zivilisieren. Fluchtversuche bleiben erfolglos. Er wird in ein Heim für Gehörlose gesetzt. Einige gute Seelen versuchen ihm zu helfen, aus ihm einen Menschen zu machen. Der Junge gewöhnt sich auch daran, regelmässig zu essen zu haben und ein Bett zum Schlafen. Doch im Grunde bleibt er ein «Wilder» und diese zweite Persönlichkeit bricht immer wieder aus ihm aus.
Als «unzivilisierbar» und «nicht gesellschaftstauglich» abgeschoben, fristet er später ein Dasein in einem Haus. Seine tierischen Instinkte sind verkümmert, die menschlichen nicht richtig entwickelt. Als Gefangener zwischen zwei Welten stirbt er mit 40 Jahren.
Brillante Sprache
T. C. Boyle beschreibt das Schicksal des Wolfskindes sehr ergreifend. Dieses Buch unterscheidet sich grundlegend von seinen anderen Werken, die vor Sarkasmus und Spott triefen. Geblieben ist jedoch sein grosses sprachliches Talent.
T. C. Boyle: «Das Wilde Kind», Hanser Verlag, München 2010, 112 S.