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Ein Gefühl, als ob die Welt unterginge

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

 

Birgitta Lürkens, Bösingen

 

«In der Wohnung hörte ich den Sturm nur mässig. Ich ging kurz ins Lädeli nebenan frisches Brot einkaufen. Bei meiner Rückkehr lagen auf dem Fussweg direkt vor dem Haus drei bis vier Ziegel am Boden, genau dort, wo ich kurz zuvor vorbeigegangen war. Da staunte ich schon sehr und war erleichtert, dass diese mir nicht auf den Kopf gefallen waren. Als ich am nächsten Tag zu Pferd einen Ausritt machte, da erkannte ich die Landschaft kaum noch – der Wald und seine Umgebung waren nicht mehr wiederzuerkennen, und ich musste umkehren, da die üblichen Wege nicht mehr begeh- bzw. bereitbar waren. Das war für mich das Beeindruckendste: Die mir bekannte Gegend kaum mehr zu erkennen. Was für Kraft die Natur, der Wind doch hat!»

 

 

Monique Bürgy, Cordast

 

An den 26. Dezember 1999 kann ich mich sehr gut erinnern. Es war nämlich der Tag meines 50. Geburtstags. Heute denken die Leute bei diesem Datum indessen nicht unbedingt an meinen 50. Geburtstag, sondern daran, dass an diesem Datum der Sturm Lothar über unser Land hinweggefegt ist.

Der Tag begann schon am Morgen nach dem Aufstehen sehr speziell. Als ich vom Frühstückstisch zum Fenster hinausblickte, traute ich meinen Augen nicht! Es windete sehr stark und regnete dabei. Ein komisches Geräusch schreckte mich und meine Familie auf. Es war ein seltsames Sausen, Wimmern und Krachen, das man draussen hörte: Die starken Windböen rissen viele Bäume am nahen Waldrand aus oder liessen sie wie Zündhölzer abbrechen und umfallen. Dieses starke Winden und Toben dauerte den ganzen Tag an. Zum Teil hatte man das Gefühl, der Weltuntergang stehe bevor.

Aus Anlass meines runden Geburtstags hatte mein Mann für die Geburtstagsfeier das Dorfrestaurant in Cordast reserviert, um meinen 50. Geburtstag mit Freunden und Verwandten bei einem gemeinsamen Abendessen feiern zu können.

Für viele Gäste war das Anreisen nach Cordast mit etlichen Umwegen verbunden, da viele Bäume auf die Strassen gefallen waren und diese versperrten. Die Feuerwehr bemühte sich, das zahlreiche Fallholz von der Strasse zu räumen. Zum Glück sind alle Gäste heil und gut angekommen.

Wie wir alle gemütlich beim Apéro sassen, fiel plötzlich der Strom aus! Als Gastgeber hatten wir die Idee, den Gästen verschiedene Pizzen zum Essen zu servieren. Leider funktionierte der Pizzaofen jedoch nur mit Elektrizität! Deshalb mussten wir nach einer Alternative zur Verköstigung der Gäste suchen.

Der damalige, uns gut bekannte Wirt Pius M. fand, dass es doch möglich sein sollte, den zahlreichen Gästen ein Abendessen ohne Strom zuzubereiten. So kam ihm die Idee, man könnte den Gästen ein Käsefondue auf dem Rechaud servieren. Wir waren natürlich sehr froh, dass überhaupt etwas auf die Teller kam. Umgehend rief der Wirt einen Bekannten an, der als Käser über genügend Käsevorräte verfügte. Trotz des schlechten Wetters nahm dieser den Weg auf sich, um uns den Käse für das Fondue vorbeizubringen. Nun fehlte noch das dazugehörige Brot. Mein Mann und mein Schwager haben auch dieses in kürzester Zeit organisieren können. Schliesslich gab es an meinem Fünfzigsten ein Käsefondue mit Freunden und Bekannten bei Kerzenschein. Es ergab sich daraus ein wundervolles, einprägsames Fest.

Wahrlich, der Lothar-Tag wurde ein unvergessener Geburtstag für mich!

Glücklicherweise sind trotz der Wetterkapriolen alle Gäste, meine Familie und ich selbst wieder gut nach Hause gekommen.

 

 

Ueli Herren, Lurtigen

 

Als «Winter-Waldarbeiter» musste ich mit Tränen in den Augen von meinem Wohnort Lurtigen aus, der komplett von Wald umgeben ist, zusehen, wie ringsumher die schönsten Bäume wie Dominosteine umfielen. Besonders schlimm war es vis-à-vis und unterhalb der Zimmerei Walter Helfer: Jahrzehntelange Waldpflege wurde innerhalb kurzer Zeit zunichtegemacht.

Bis alle Zufahrtsstrassen zu unserem Dorf wieder frei waren, dauerte es eine Woche. Alle fähigen Leute vom Dorf halfen dabei mit.

Mir persönlich löschte es dann nach drei Wochen gefährlicher Arbeit in diesem Wirrwarr ab, und ich verbrachte eine Woche lang Ferien im Oberland.

Nach und nach hat sich die Natur nun wieder einigermassen erholt, aber es wird einige Generationen dauern, bis es in den Wäldern in etwa wieder so aussieht wie vor Lothar.

Noch eine Geschichte, die ich am 26. Dezember 1999 erlebt habe: Noch während des Sturms klopfte ein Dorfbewohner an die Haustüre und sagte mir, dass er auswärts den «Sonntagsblick» holen wolle, die Strasse jedoch durch Bäume blockiert sei. Ich erklärte ihm dann, dass er eine Motorsäge haben könne, ich aber daheim bleiben werde.

In meinem Privatwald habe ich dann am Ende des Winters mit Brennholz eine Holzbeige erstellt mit der Inschrift des Unbekannten, von dem alle nur den Vornamen kennen.

 

 

Veronika Dick, St. Ursen

 

1999 war ich bereits Ende November in den Niger gereist. Dort erfuhr ich am 1. Januar 2000 von einer unbekannten Touristin in Agadez die Nachricht von den enormen Zerstörungen durch einen Sturm in der Schweiz, – unvorstellbar, nie gesehen bisher. Als ich Ende Januar zurückkehrte, waren die Schäden überall sichtbar, bereits aus dem Flugzeug. Für mich persönlich gab es einen Lichtmoment: Mein Lebensbaum, eine bemalte Skulptur aus Buche aus dem hiesigen Wald, zehn Meter lang, die im öffentlichen Raum aufgehängt war, hatte dem zerstörerischen Orkan Lothar widerstanden.

 

Erwin Götschmann, Düdingen

 

Heimlich hatte sich der wilde Sturm auch an mein Waldstück im Chiemi in Düdingen herangemacht. Unheimlich war danach der Anblick der Zerstörung.

Unsere Familie hatte gerade in San Diego, Südkalifornien, Weihnachten mit unserem Sohn gefeiert, als uns die Nachricht erreichte: «Euer Haus steht noch, aber dein Wald, der liegt ziemlich angeschlagen am Boden.» Heute, nach 20  Jahren, zeigt die eigene Wiederaufforstung mit Ahorn und Buchen wieder ein schönes Waldbild.

 

 

Laurent Riedo, Bösingen

 

An diesem denkwürdigen Sonntag war ich schon am Morgen bei einem guten Freund und dessen Bruder im Rechthaltner Trossland eingeladen.

Ihre Eltern waren damals nicht zu Hause – wir hatten also «sturmfrei». Wir hatten uns auf einen gemütlichen TV-Nachmittag eingestellt, als plötzlich der Wind mit unglaublicher Wucht auf das Haus traf und drohte, alles mitzureissen, was nicht niet-und nagelfest war.

Wir hatten Angst, dass die Fenster eingedrückt werden. Ich weiss noch genau, wie wir versuchten, die Fensterläden zu schliessen. Doch diese wurden derart gegen die Fassade gedrückt, dass es uns nicht gelang, sie überall zu schliessen.

Am späteren Nachmittag machte ich mich dann mit dem Auto auf den Rückweg nach Düdingen.

Auf dem geraden Stück eingangs Rechthalten wurde mein Auto vom Sturm mehrmals auf die Gegenfahrbahn gedrückt, und ich fragte mich, ob das eine gute Idee war, zu fahren … Ich hatte jedenfalls ewig lange bis nach Düdingen und habe seither nie mehr so viele Äste auf den Strassen liegen sehen.

Unvergesslich! Das ganze Ausmass der Schäden wurde dann erst am anderen Tag richtig sichtbar.

 

Hubert Dietrich, Schmitten

 

Ich persönlich habe diesen Tag in der Turnhalle im Gwatt in Schmitten verbracht. Der zweite El-Niño-Cup, organisiert und durchgeführt vom Verein O.S.K.A.R., war angesagt. Ein polysportives Plauschturnier, für das sich 28  Mannschaften angemeldet hatten.

Das OK des Turniers war frühzeitig vor Ort, obwohl der Sturm Lothar bereits sehr lautstark über die Gegend fegte, mit zerstörerischer Kraft Bäume fällte und Schäden an Wohnhäusern und Scheunen verursachte. Auch die Mannschaften trafen mehr oder weniger pünktlich ein.

Die Stimmung war den ganzen Tag über bedrückt und angespannt. Wir konnten das Turnier aber planmässig durchführen, sogar ohne längere Stromausfälle. Diese beschränkten sich im Raum Schmitten auf Sekundenbruchteile, derweil die umliegenden Orte teils für viele Stunden ohne Strom auskommen mussten. Wir merkten die kurzen Unterbrüche daran, dass die Musik von den CDs, die über die Lautsprecheranlage die Turnhalle erfüllte, alle paar Minuten wieder von vorn anfing.

Der Fotograf der FN, der am Vormittag mit Verspätung, bleich im Gesicht und sichtlich aufgewühlt erschien, berichtete, dass er soeben in der Stadt Zeuge geworden war, wie der Wind ein Auto einfach umgekippt hatte.

Der Tag verlief für uns Organisatoren trotz des Sturms fast planmässig. Nur einmal wurde ein Teilnehmer des Turniers von einem Feuerwehrmann aufgefordert, sofort nach Hause zu gehen: Der Sturm habe einen Teil seines Hausdachs weggerissen.

Der El-Niño-Cup fand 20  Jahre lang immer am 26. Dezember statt. Dreimal passierten an diesem Tag aussergewöhnliche Dinge. Nach dem Sturm Lothar folgte vier Jahre später (2003) das grosse Erdbeben vom Bam mit über 26 000 Todesopfern und genau ein Jahr später (2004) das gewaltige Beben im Indischen Ozean, das den zerstörerischen Tsunami ausgelöst hat, dem geschätzte 230 000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Von da an habe ich mich jedes Jahr gefragt, was die nächste Katastrophe sei, die am Tag des El-Niño-Cups die Welt heimsuchen würde. Es ist zum Glück bei den drei Ereignissen geblieben.

 

 

Fritz Wieland, Murten

 

Am Vormittag des 26. Dezembers 1999 – der Sturm hatte bereits angezogen – ging ich joggen. In Münchenwiler, eingangs des Weges in den «Craux»-Wald, den ich oft benutze, stand ein Mann und beschwor mich, ja nicht hineinzugehen, denn heute sei es viel zu gefährlich. Er hatte recht, wie ich später feststellte, denn die grosse Anzahl umgestürzter Bäume auf dem Weg hätten genügt, mich gleich mehrmals zu erschlagen.

Am Nachmittag fuhren wir zu viert nach Ulmiz zum in der Altjahrswoche stattfindenden traditionellen «Ramset». Wegen Stromausfall jassten wir jedoch bei Kerzenlicht, und im Restaurant musste mit einem Notprogramm gekocht werden.

Aufruf

Wie haben Sie den Lothar-Tag erlebt?

Im Rahmen einer Sommerserie begibt sich die FN-Redaktion auf die Spuren des Sturms Lothar: Was geschah am 26.  Dezember 1999 im Kanton Freiburg, wie sahen die Sofortmassnahmen aus, und wie haben sich die betroffenen Wälder seither entwickelt? Vielen Menschen ist dieser Sonntag vor 20  Jahren noch sehr präsent, sie wissen ganz genau, wie sie den Sturm erlebt haben. Wie ist es mit Ihnen? Schildern Sie uns in zwei oder drei Sätzen, wie sie den Sturm Lothar erlebt haben, als Privatperson oder in beruflichem Auftrag. Ihre Erinnerungen publizieren wir im Laufe des Sommers in den FN. Einsendungen bitte per Mail: redaktion@freiburger-nachrichten.ch mit dem Betreff «Lothar-­Erinnerungen».

im/Bild key/a

 

 

Bild Charly Rappo/a

 

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