«Es ist ein grosser Schock für uns alle», sagte Gabi Brändli, Sekretärin des Vereins Höchstspannungsleitung Villarepos-Galmiz in den Boden. Anfang Juni hatte sich die Kassierin des Vereins, ein Gründungsmitglied, das Leben genommen. Wie Co-Präsidentin Lea Egli an der gestrigen Generalversammlung des Vereins gegenüber den FN erklärte, sei der Vorstand durch die wiederholte Mahnung eines Unternehmens auf Unregelmässigkeiten aufmerksam geworden. «Wir wollten dies mit der Kassierin an einem Treffen klären. Stattdessen traf die Nachricht ihres Todes ein.» Eine Kontrolle der Finanzen brachte dann die Misere ans Tageslicht: Die Kassierin hatte seit 2014 rund 14 000 Franken aus der Vereinskasse abgezweigt. 2800 Franken fehlten in der Jahresrechnung 2014, in der Rechnung 2015 waren es 11 200 Franken. Vom Vereinsvermögen blieb damit nichts mehr übrig. Nach dem Tod der Kassierin stellte sich heraus, dass sie überschuldet war.
«Die Buchhaltung wurde einmal jährlich revidiert», erklärte Brändli. Doch die Kassierin hatte unter anderem Bankauszüge und Unterschriften auf Cheques gefälscht, die von zwei Vorstandsmitgliedern unterschrieben werden mussten. «Damit hatten wir auch keine Handhabe gegen die Post, wir uns das zuerst erhofft hatten», so Co-Präsidentin Egli. Wie Brändli weiter erklärte, seien aufgrund der gefälschten Belege die Revisionen stimmig ausgefallen. Zudem sei die Kassierin, ein Gründungsmitglied des Vereins, für ihre Kolleginnen eine Vertrauensperson gewesen.
Das abgezweigte Geld wiegt auch darum schwer, weil der Verein seit 2015 keine Mitgliederbeiträge mehr erhebt. «Nachdem Swissgrid 2015 auf den Bau der neuen Höchstspannungsleitung verzichtete, sollte das Vereinsvermögen noch die künftigen Aufgaben des Vereins decken», erklärt Brändli–so etwa die Vernetzung der Mitglieder untereinander aufrechtzuerhalten. «Ohne Finanzen ist das aber nicht möglich», so Brändli. Aus diesem Grund lud der Vorstand gestern Abend schweren Herzens zur Auflösungsversammlung nach Villarepos. Sollte die Versammlung die Auflösung ablehnen, so hatte der Vorstand angekündigt, geschlossen zurückzutreten.
Häufiger als angenommen
Die Generalversammlung fand in gefasster, aber merklich gedrückter Stimmung statt. Die Präsentation der Rechnung stiess auf viel Verständnis, es gab aber auch vereinzelt kritische Fragen. Ein Mitglied meinte: «In einer Gemeinde müssen immer zwei Personen die Zahlungen kontrollieren. Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, wie so etwas passieren konnte.» Andere Mitglieder antworteten, mit gefälschten Unterschriften liessen sich auch Kontrollsysteme aushebeln. Vereine im Milizsystem basierten auf Vertrauen. Zudem würden Veruntreuungen auch in Gemeinden häufiger vorkommen als angenommen. Schlussendlich entschieden die Mitglieder einstimmig und weitgehend diskussionslos, den Verein aufzulösen. Meinrad Monney, Gemeindepräsident von Villarepos, meinte abschliessend zu den Mitgliedern: «Die Kassierin hat einen hohen Preis bezahlt. Es ist deshalb nun Zeit,zu verzeihen.»
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Erfolgreicher Kampf gegen Leitungsprojekt
Die schweizerische Netzgesellschaft Swissgrid plant seit mehreren Jahren, die Transportkapazität in ihrem Leitungsnetz mit mehreren neuen Höchstspannungsleitungen auszubauen. Ein Abschnitt dieser Leitungen sollte zwischen Yverdon und Galmiz verlaufen. Gegen dieses Projekt formierte sich Widerstand. So wurden 385 Einsprachen eingereicht, davon 106 in Villarepos. 2008 wurde der Verein Höchstspannungsleitung Villarepos-Galmiz in den Boden gegründet. Er vernetzte sich mit gleich gesinnten Gruppen, so auch mit der nationalen Dachorganisation Hochspannung unter den Boden (HSUB). Der Widerstand war erfolgreich: Im April 2015 teilte Swissgrid mit, dass sie auf acht Leitungsprojekte verzichten will, darunter auch auf den Abschnitt zwischen Villarepos und Galmiz. Grund waren laut Swissgrid Veränderungen im Strommarkt, welche durch die Energiewende ausgelöst worden waren. Trotz dieses Entscheides wollte der Verein aktiv und wachsam bleiben. Zuletzt hatte der Verein rund 320 Mitglieder. Darunter sind zahlreiche Gemeinden wie etwa Villarepos, Avenches oder auch Granges-Paccot.sos