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«Ein Helfersyndrom reicht nicht»

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«Ein Helfersyndrom reicht nicht»

Autor: Irmgard Lehmann

Sie fahre vom Tessin über Freiburg nach Frankreich und hätte einen Moment Zeit, um über ihre Einsätze bei den «Ärzten ohne Grenzen» zu erzählen, sagt die 40-jährige Aargauerin Julia Schürch am Telefon. Im Bahnhofbuffet Freiburg trifft man sich, und in einer Stunde hat die Ärztin ganz viel erzählt über ihre zahlreichen Einsätze in Asien, Afrika und Südamerika. Sie packt eine Menge Unterlagen aus: einen Film, Broschüren, Fotos zu «Médecins Sans Frontières» MSF, die Powerpoint-Präsentation über ihren letzten Einsatz in Afghanistan, wo sie Anfang Jahr war – mitten im Gebiet der Taliban-Rebellen.

Studienzeit in Freiburg

Freiburg kennt die Medizinerin aus der Studienzeit. Wegen der Zweisprachigkeit ist sie hierher gekommen. «Den ersten Vortrag über MSF habe ich hier in Freiburg gehört, und von da an wusste ich, dass ich einmal für ‹Ärzte ohne Grenzen› arbeiten werde.» Julia Schürch hat ihr Medizinstudium in Basel fortgesetzt, liess sich zur Internistin, Notfallärztin und Tropenmedizinerin ausbilden. Seit ein paar Jahren arbeitet sie auf der Anästhesie- und Intensivstation im Spital in Lugano. Ihr erster Einsatz bei «Médecins Sans Frontières» brachte sie in ein Kriegsgebiet im Osten der Demokratischen Republik Kongo.

Kein Reisevergnügen

Was treibt eine Frau in gefährliche Länder? Was kann sie als Ärztin tun? Wie geht sie mit den Risiken um? Was braucht es überhaupt, um solche Einsätze durchzustehen? Auf diese Fragen gibt die energische Frau klare Antworten. Bei Projekten in Kriegsgebieten sei aus Sicherheitsgründen die Bewegungsfreiheit der Ärzte sehr eingeschränkt. Ende März ist sie von einem dreimonatigen Einsatz in Afghanistan zurückgekommen: «Dort konnten wir uns nur im Spital und in unserer Residenz aufhalten. Vom Land habe ich ausser Kabul und der Sicht vom Flugzeug aus nichts gesehen.» Das sei auch in anderen Ländern so gewesen.

Eine Portion Abenteuergeist

Zehn Einsätze in Kriegs- und Krisengebieten hat die 40-Jährige bereits hinter sich und war «praktisch noch nie krank». Dazu braucht es eine gute Gesundheit und eine Portion Abenteuerlust. «Wenn man überall schlafen kann und einen robusten Magen hat, hilft das einem enorm.»

Julia Schürch hat den Krieg hautnah erlebt. «Man muss kaltes Blut bewahren, auch wenn in unmittelbarer Nähe Bomben und Schüsse fallen.» 2008 wurde im Sudan ihre Freundin im Auto entführt. «Da ich gerne laufe und die Sicherheitssituation es zuliess, habe ich mich damals entschieden, zu Fuss zu gehen.»

Bei der Medizinerin Schürch liegt die Angstschwelle wohl um einiges höher als bei vielen anderen Menschen. Doch Respekt muss sein. «Respekt bewahrt einen vor allzu grossem Risiko, Angst hingegen hemmt.» Um diese Arbeit zu machen, reiche aber ein Helfersyndrom nicht aus.

Auch Schreibarbeit

Von der Arbeit als MSF-Ärztin ist die sie begeistert. Kein Tag ist gleich wie der andere, jeder Einsatz eine neue Herausforderung. Nebst der medizinischen Betreuung ist die Ärztin auch mitverantwortlich für den Einsatz der örtlichen Mitarbeiter, schreibt Rapporte und Statistiken und hilft bei der Logistik und Organisation der Medikamente und des Materials. «Die Logistik ist unentbehrlich. Denn ohne Wasser und Material kann kein Arzt etwas ausrichten.».

Für Notfall-Einsätze braucht es aber auch Flexibilität. «Ich hatte schon Einsätze, wo ich am Abend angefragt wurde und am anderen Tag bereits im Flugzeug sass.»

Eine Strategie

Vor Beginn eines jeden Projektes werden an Ort und Stelle als Erstes alle möglichen Volksgruppen, Rebellen- und Regierungsvertreter angehört und die Ziele, Möglichkeiten und Grundsätze von MSF erklärt. Das MSF-Team wählt unterschiedliche Mitarbeiter aus, so dass jede Gruppierung vertreten ist. Ebenfalls legt das Team Wert auf eine klare und transparente Information: Die Ärztin meint: «Mit dieser Strategie ist MSF gut gefahren und hat inzwischen auch einen guten Ruf.»

In Kriegs- und Krisengebieten fehlen oft die rudimentärsten Dinge. «Daher ist es wichtig, dass man Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen kann.» Julia Schürch arbeitet wie alle andern für einen minimalen Lohn. Doch sagt sie: «Die Befriedigung bei der Arbeit ist enorm, die Patienten und Mitarbeiter geben mir ein Vielfaches zurück.»

2005 hat MSF nach einem Hurrikan in Haiti eine mobile Klinik aufgebaut: Die Ärztin Julia Schürch (r.) verteilt Medikamente an die Bedürftigen.Bilder zvg

Sudan: Ernährungsstudie im Flüchtlingslager Darfur.

Haiti: Julia Schürch mit Kindern in der von Rebellen kontrollierten Stadt Gonaïves.

Afghanistan: Ein Patient wartet vor einem provisorischen

Ambulatorium auf seine Behandlung.

Sudan: Ambulatorium in einem Lager mit 120000 Flüchtlingen, wo Julia Schürch die einzige Ärztin war.

MSF:Seit 40 Jahren freiwillig im Einsatz

Die Institution «Médecins Sans Frontières» MSF haben französische Ärzte und Journalisten vor 40 Jahren gegründet. Die Schweizer Sektion entstand vor 30 Jahren. MSF ist in über 70 Ländern aktiv und hilft Menschen in Not, ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, religiösen oder politischen Überzeugung.

MSF wird von privaten Spenden getragen. Die Aktivitäten sind vielfältig: Wiederaufbau und Inbetriebnahme von Krankenhäusern, mobile Kliniken, Impfprogramme, medizinische Versorgung in Flüchtlingslagern, psychologische Betreuung, Aufbau von Ernährungszentren, Wasser- und Sanitärprojekte sowie Gesundheitsversorgung von besonders gefährdeten Gruppen (z.B. Strassenkinder, Slumbewohner). Alle arbeiten freiwillig. il

Infos: www.msf.ch. Spendenkonto: Postkonto 12-100-2; Bankkonto UBS – 1211 Genf 2, IBAN CH18 0024 0240 3760 6600 Q.

Einsätze

Als MSF-Ärztin zu jeder Zeit bereit

Seit acht Jahren ist die Ärztin Julia Schürch für MSF tätig:

2003 Kongo: Flüchtlingslager mit 12000 Vertriebenen.

2005 Haiti: Nach Hurrikan Aufbau von Ambulatorien.

2005/2006 Indonesien:

Nach Tsunami Notfall-Einsatz im Rebellengebiet.

2008 Rio de Janeiro: Aufbau Notfallstation in einer der gefährlichsten Favelas.

2009 Sudan: Einzige Ärztin in Lager mit 120000 Flüchtlingen.

2009 Burkina Faso: Anästhesistin in kleinem Spital.

2011 Afghanistan: Aufbau Notfallstation in heftig umkämpfter Provinz.

2011 Senegal: Evakuation von schwer erkranktem MSF-Arzt. il/Bild il

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