Autor: Corinne Wirth
In einem unscheinbaren Einfamilienhaus am Ende einer Sackgasse in Meyriez wohnen drei ausgewachsene Grüne Leguane und drei Nashornleguane aus dem Tierpark Dählhölzli. Im Untergeschoss des Hauses verteilen sich die eindrücklichen Urviecher aus der alten Welt auf zwei Zimmer, die eigens für sie zu Terrarien umfunktioniert wurden.
Nicht giftig, aber bissig
Tropisch warm ist es da drinnen und es riecht ziemlich penetrant, wie im Tierpark. Das Grüne Leguanmännchen ist entgegen seiner Namensbezeichnung von oranger Farbe und macht sich mit seinem Aufplustern gerade wichtig. Es stammt aus einer Auffangstation in München. Giftig sind die Tiere nicht, aber bisweilen bissig. Wenn sie schlecht gelaunt sind, hält man sich besser von ihnen fern. Denn so ein Biss oder ein Schwanzhieb in die Augen kann mitunter ziemlich üble Verletzungen verursachen.
Thomas Weissbach, von Beruf Qualitätsmanager, liebt alles, was kreucht und fleucht, seit er zehn ist. Als Knabe hielt er sich Eidechsen, Regenwürmer, Kaulquappen und Blindschleichen. Dies nicht immer zur Freude seiner Mutter. Heute ist Thomas Weissbach nicht nur selber gross, sondern hält sich mit den Leguanen auch grössere und anspruchsvollere Tiere, für die er eine Haltungsbewilligung vom kantonalen Veterinäramt braucht. Immerhin können Grüne Leguane locker bis zu eineinhalb Meter lang werden und die männlichen Nashornleguane bringen bis zu zehn Kilogramm auf die Waage.
Tierärztin Franziska Weissbach hat sich das Hobby ihres Mannes zu ihrem Spezialgebiet gemacht: Sie hat sich mittels Kursen in München zur Reptilien- und Amphibienspezialistin weitergebildet und vor drei Jahren ihre eigene Tierarztpraxis im Murtner Merlachfeld eröffnet. Sie sei aber nicht Zoologin, präzisiert sie, das sei ein ganz anderes Studium.
Keine Streicheltiere
«Echsen und Leguane sind keine Streicheltiere», sagt die Tierärztin. «Es sind nun mal Wildtiere, die man nicht domestizieren kann.» Es ist ihr ein grosses Anliegen, dass man sich vor der Anschaffung eines Reptils genauestens über die Anforderungen zur Tierhaltung informiert. Denn die meisten ihrer exotischen Patienten leiden unter Haltungsschäden. Damit meint sie nicht etwa, dass die Tiere eine schlechte Körperhaltung innehätten, sondern, dass sie von ihren Besitzern unter schlechten Konditionen gehalten würden. Bei einem Terrarium muss nämlich alles stimmen: von der Temperatur über die Luftfeuchtigkeit bis hin zum Bodengrund und dessen Feuchtigkeit.
So behandelte Franziska Weissbach schon Schlangen, die sich an Heizstäben schlimmste Verbrennungen zugezogen hatten. Schlangen sind Kaltblüter und müssen ihren Körper von der Sonne oder im Terrarium von Wärmelampen wärmen lassen. Die Tiere registrieren lediglich ihre Gesamttemperatur, das heisst, solange ein Teil ihres Körpers noch kalt ist, solange bleiben sie auch an Heizstäben liegen, an denen sie sich gleichzeitig verbrennen.
Kaiserschnitt an Echse
Am meisten mitgenommen hatte die Tierärztin aber ein junger Grüner Leguan, der völlig abgemagert und verwahrlost zu ihr in die Praxis gebracht wurde. Sie konnte nichts mehr für ihn tun und musste ihn einschläfern. Zum Glück sind so traurige Schicksale nicht an der Tagesordnung. Ihr Beruf bringe auch viel Schönes, so zum Beispiel ihren ersten Reptil-Patienten, eine illegal importierte Dornschwanzagame. Die Echse war gestresst und in Legenot. Franziska Weissbach musste die längst übertragenen neun Eier operativ entfernen. Das Tier hat den Kaiserschnitt gut überstanden und ist heute wohlauf.