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Ein Mann will nicht erwachsen werden

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Über Rolf Lapperts fünften und bis dahin erfolgreichsten Roman «Nach Hause schwimmen» schrieb die NZZ 2008: «Ein Roman mit unerhörter erzählerischer Grosszügigkeit geschrieben: wuchtig, kraftvoll erzählt und kühn erdacht.» Diese Attribute, die Lapperts Schreibstil sehr passend kennzeichnen, könnte man ohne zu zögern auf das vorliegende Buch «Über den Winter» übertragen. Der Autor entpuppt sich in diesem für den Deutschen Buchpreis 2015 vorgeschlagenen Roman als Meister der feinen, detaillierten Schilderung und Poesie. Besonders hervorzuheben sind die starken Figurencharakterisierungen: Lappert beschreibt sowohl die Protagonisten als auch die anderen Figuren überaus subtil.

Neuer Zugang zur Familie

Zum Inhalt: Lennard Salm ist fünfzig und als Künstler weltweit durchaus erfolgreich. Als seine älteste Schwester stirbt, kehrt er zurück nach Hamburg und in die Familie, der er immer entkommen wollte. So schnell wie möglich will er wieder zurück in sein eigenes Leben. Aber was ist das, das eigene Leben? Salms jüngere Schwester Bille verliert ihren Job, sein Vater nähert sich immer schneller der Hilflosigkeit. Einen funkelnden Winter lang entdeckt Salm, dass niemand jemals alleine ist. Er lernt seine Eltern, seine Geschwister und Nachbarn neu kennen. Sie alle und vor allem Nadja, eine alleinerziehende und ziemlich überforderte Mutter, wecken Salms Beschützerinstinkte und halten ihn, den einsamen Wolf, davon ab, wieder in die weite Welt hinaus zu fliehen und sich vor der Verantwortung zu drücken.

«Über den Winter» erzählt in sechs Kapiteln die komplizierte Geschichte der Familie Salm, erzählt von zerbrochenen Träumen, einer ungewollten Schwangerschaft, Betrug und Geheimniskrämerei sowie dem Drama, sich ungeliebt zu fühlen. Dieser Roman wird vor allem Leserinnen und Leser in der zweiten Lebenshälfte ansprechen. Gewisse Lebenserfahrungen, gute und schlechte, auch Ernüchterungen und Desillusionierungen bringen den Lesenden dazu, dem Antihelden Salm in seiner Existenzkrise das nötige Verständnis entgegenzubringen.

Ein Läuterungsprozess

Dem Autor gelingt in seinem Roman das fesselnde Porträt eines Mannes, der mit knapp 50 schliesslich doch noch erwachsen wird. Besser spät als nie, ist man versucht zu sagen. Salm dürfte nicht das einzige Individuum sein, das gefühlt ewig lange braucht, um nach einer irren Berg- und Talfahrt–Alkoholkonsum, Schlafstörungen, Beziehungswechsel und charakterliche Schwächen inklusive – die Kurve zu kriegen und eine Art Läuterungsprozess einzuläuten und zu einem guten Ende zu bringen. Und nicht zuletzt geht es darum, zu erkennen, was Familie, was echte, dauerhafte Beziehungen wirklich bedeuten.

Der Inhalt des Buches bringt es mit sich, dass sich eine melancholische Grundstimmung durch die Erzählung zieht, immer wieder mal aufgelockert durch recht skurrile Vorkommnisse und Szenen. Fazit: Es sind die Familienbande und die Wunder der oft kleinen, unaufgeregten Dinge, die Lennard Salm helfen, seinen Frieden zu finden.

Lappert, Rolf: Über den Winter, Roman, München: Hanser, 2015, 382 S.

Aldo Faselist Leiter der Volksbibliothek Plaffeien-Oberschrot-Zumholz.

Zur Person

Ein viel gereister Autor

Rolf Lappert, Jahrgang 1958, ist in Zürich geboren. Nach der Schule machte er eine Ausbildung als Grafiker, begann aber bereits mit 20 Jahren, Kurzgeschichten, Romane und Gedichte zu verfassen. Er lebte eine Zeit lang in Frankreich und unternahm viele Reisen nach Asien, in die Karibik und in die USA. Ab 2000 wohnte er in Irland. Ende 2011 ist er in die Schweiz zurückgekehrt. Er arbeitet auch als Drehbuchautor. 2008 erschien der Roman «Nach Hause schwimmen», der mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet wurde.af

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