«Es hat schleichend begonnen», erzählt Alois Wiprächtiger aus St. Antoni. Vor rund vier Jahren begann seine Frau, Dinge zu vergessen. Heute kann er mit ihr kein Gespräch mehr führen, sie läuft oft davon und ist häufig unruhig. Den Haushalt bewältigt der 74-Jährige hauptsächlich alleine, Hilfe erhält er von seiner Tochter, dem Netzwerk Sense und der Spitex.
Seiner an Alzheimer erkrankten Frau muss er beim Essen helfen und bei der Tabletteneinnahme, manchmal auch beim An- und Ausziehen. «Und ich muss einfach immer schauen, was sie macht und wohin sie geht», sagt Wiprächtiger.
Tochter gab Anstoss
Seit diesem März besucht die 71-jährige Gertrud Wiprächtiger, die früher bei der Spitex arbeitete, nun das Tagesheim St. Wolfgang in Düdingen (siehe Kasten). Den Anstoss dazu gab Cornelia Cotting, die Tochter des Ehepaars Wiprächtiger. Sie wohnt mit ihrer Familie gleich neben dem Haus ihrer Eltern und kümmert sich zusammen mit ihrem Mann Daniel Cotting auch oft um die Mutter. «Wir möchten sie einfach so lange wie möglich zu Hause behalten können, deshalb habe ich mich nach Hilfe umgeschaut», erzählt sie. So sei sie auf das Tagesheim gestossen.
«Ich war zuerst nicht begeistert von der Idee», gibt Alois Wiprächtiger zu. Den Gedanken, seine Frau abzugeben, habe ihm gar nicht gefallen. Für ihn war es deshalb gut, dass sie das Tagesheim mehrmals unverbindlich besuchen konnten, um zu sehen, wie es dort läuft.
Jetzt ist Alois Wiprächtiger, der in St. Antoni als Sakristan arbeitet, vollends überzeugt vom Tagesheim. «Ich habe Hochachtung vor den Frauen, die dort arbeiten.» Deren Geduld sei eindrücklich. Das Gleiche findet auch seine Tochter. «Obwohl sich meine Mutter kaum noch ausdrücken kann, nehmen sich die Betreuerinnen Zeit und warten ihre Antworten ab.»
Tagesheim tut gut
Im Tagesheim turnen die Betreuerinnen mit den Besuchern, gehen mit ihnen spazieren, kochen und backen mit ihnen. «Sie ist zufrieden, viel ruhiger als sonst und richtig müde, wenn sie nach Hause kommt», sagt Wiprächtiger. Das Tagesheim tue seiner Frau sehr gut, und sie freue sich jeweils darauf, hingehen zu können.
Und auch ihm tut die Entlastung gut. Er kann in Ruhe in der Kirche arbeiten und sich mit jemandem zum Mittagessen verabreden. «Früher konnte ich meine Frau noch in die Kirche mitnehmen, heute geht das nicht mehr», erzählt er. Und ganz früher seien er und seine Frau gemeinsam Sigrist gewesen. «Das ist alles vorbei.»
Die Kirche und die Arbeit als Sakristan seien sehr wichtig für ihn. «Dort kann ich neue Energie und neuen Mut schöpfen.»
Die Krankheit seiner Frau schliesst ihn auch etwas von der Gesellschaft aus. Er könne kaum mehr irgendwo hin mit ihr, sagt er. «Sie hat alle Hemmungen verloren und läuft ständig davon.» Nicht alle würden darauf mit gleich viel Verständnis reagieren, einige Menschen behandelten sie zuvorkommend, andere dagegen weniger. Umso wichtiger sei, dass Wiprächtiger gelegentlich alleine unter die Leute kommen und Kontakte pflegen könne.
Alternative zu Pflegeheim
Alois Wiprächtiger und seine Tochter sehen das Tagesheim auch als gute Alternative zu einem Pflegeheim. «Das kommt für mich noch gar nicht infrage», sagt Wiprächtiger mehrmals bestimmt. «So wie es jetzt ist, mit dem Tagesheim, ist es ideal.»
Tag der offenen Türe:Tagesheim St. Wolfgang, Düdingen. Mi., 4. September, 15 bis 18 Uhr.
«Obwohl sich meine Mutter kaum ausdrücken kann, warten die Betreuerinnen ihre Antworten ab.»
Cornelia Cotting
Tochter einer Tagesheim-Besucherin
Zahlen und Fakten
Abwechslungsreicher Tagesablauf
Das Tagesheim St.Wolfgang richtet sich an Menschen mit Demenz oder Alzheimer, an vereinsamte, pflegedürftige Personen und kann auch einen Übergang zum Pflegeheim darstellen. Es stellt eine Entlastung für die Angehörigen dar, welche zu Hause die Pflege übernehmen. Im Tagesheim arbeiten diplomierte Pflegepersonen, Aktivierungstherapeutinnen sowie Pflegehilfen. Sie gestalten einen abwechslungsreichen Tagesablauf; kochen und essen mit den Gästen, machen mit ihnen Gartenarbeit oder nehmen sie mit zum Einkaufen. Im Weiler St. Wolfgang befindet sich eine private Schule, gelegentlich finden Aktivitäten zusammen mit den Schülerinnen und Schülern statt. Das Tagesheim hat 15 Plätze, diese sind zu zwei Dritteln belegt. Es ist von Montag bis Freitag geöffnet. Die Kosten für einen Tag im Tagesheim belaufen sich für die Gäste auf 50 Franken, den Rest übernehmen Krankenkassen und der Kanton. Das Tagesheim bietet auch einen Gratis-Schnuppertag für solche, die sich für einen Aufenthalt interessieren.mir