Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Eine schmerzliche Suche nach den eigenen Wurzeln

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die 32-jährige Autorin Alice Zeniter hat selber algerische Wurzeln. In ihrem Roman «Die Kunst zu verlieren» geht es um die schmerzliche Aufarbeitung der Familiengeschichte, die die junge Naïma vornimmt. Weder von ihrem Vater, einem in Algerien geborenen Franzosen, noch von ihrer Grossmutter bekommt sie Hilfe; Ersterer hüllt sich in Schweigen, Letztere spricht kaum Französisch.

Doppelt diskriminierte Algerier

Alice Zeniter gibt der Beschreibung des Dramas der Ursprungsfamilie viel Raum. In starken Bildern beschreibt die Autorin den Alltag des Patriarchen Ali und seiner Familie in den Bergkämmen der Kabylei. Ali heiratet in dritter Ehe die erst 14-jährige Yema. Durch die Geburt des Sohnes Hamid erlebt die junge Frau einen kleinen hierarchischen Aufstieg in der Grossfamilie.

Mit dem Algerienkrieg ändert sich das Leben der Familie abrupt. Am Beispiel von Ali erzählt der Roman die Geschichte der Algerien-Franzosen. Es geht um das Schicksal der Harkis, jener Algerier, die während des Zweiten Weltkriegs für die französische Armee gekämpft haben. Als der Algerien-Krieg ausbricht, gelten diese Kämpfer im eigenen Land als Verräter. Ali ist gezwungen, Ländereien und Olivenhaine zu verlassen und mit Frau und Kindern nach Frankreich zu flüchten. Dort lebt die Familie, mit zuletzt acht Kindern, in einer Zweizimmer-Wohnung. Ali und seine Frau Yema haben nie lesen und schreiben gelernt, Yema kann auch nach vielen Jahren kaum Französisch. Ihre Kinder wiederum verlernen die arabische Sprache, sie werden zu Franzosen.

In der neuen Heimat?

Algerien lebt aber weiter in den Köpfen der Vertriebenen, einige kommen zeitlebens nie richtig in Frankreich an. Besonders männliche Verwandte kritisieren die Lebensführung der jungen Frauen, die nicht mehr in ihr Bild der «richtigen» Moral passen will: «Was glaubt ihr, machen eure Töchter in den grossen Städten? Sie sagen, sie gehen studieren. Aber schaut sie euch an: Sie tragen Hosen, sie rauchen, sie trinken, sie führen sich auf wie Huren. Sie haben vergessen, woher sie kommen». Haben sie vergessen, woher sie kommen? Naïma ist die Tochter von Hamid, dem Erstgeborenen von Yema und Ali, und Clarisse, einer Französin. Für die in Frankreich Geborene ist Algerien immer da: «ihr Vorname, ihre braune Haut, ihr schwarzes Haar, die Sonntage bei Yema». Dieses Algerien trägt Naïma bei sich. Mit neunundzwanzig bietet sich ihr die Gelegenheit, die Heimat ihres Vaters zu besuchen. Der Galerist, bei dem Naïma arbeitet, schickt sie zu Recherchen nach Algerien. Bei dieser Reise muss Naïma allerdings feststellen, dass es das Algerien ihres Vaters nicht mehr gibt.

«Die Kunst zu verlieren» ist ein Roman über koloniale Verstrickungen und zugleich ein Generationenroman der besonderen Art. Alice Zeniter ist eine Autorin, die ihrer Leserschaft viel zu sagen hat.

Alice Zeniter: «Die Kunst zu verlieren», Roman. Berlin Verlag 2019, 558 Seiten.

Silvia Häcki-Eggimann ist Erwachsenenbildnerin.

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema