Ein milder Winter geht zu Ende. Auch wenn die Natur derzeit noch ruht, ist sie auf keinen Fall langweilig. Im Gegenteil: In der kalten Jahreszeit sind viele spannende Wetterphänomene zu beobachten.
Mit dem 28. Februar geht der meteorologische Winter zu Ende. Das ist nun der Zeitpunkt, an dem die Meteorologen und Klimatologen beginnen, den Winter als Jahreszeit rein statistisch auszuwerten. Die Fachleute werden nicht erstaunt sein, dass im gegenwärtigen Klimawandel über alle drei Monate Dezember, Januar und Februar wieder ein zu milder Winter registriert werden muss. Es gibt immer weniger Eistage.
Zu warm und zu trocken
An einem Eistag bleibt das Thermometer den ganzen Tag unter null Grad Celsius. Der Winter war auch viel zu trocken. Es gab zu wenig Niederschlag in Form von Regen oder Schnee im Vergleich zur dreissigjährigen Klimaperiode 1991 bis 2020.
Obwohl die ganze Natur im Winter in einer Ruhephase ist, mit eher eintönigen Farben, heisst das noch lange nicht, dass er deswegen langweilig sein muss. Im Gegenteil, diese Ruhezeit ermöglicht der Natur, einmalige Bilder zu generieren, die Ruhe und Bewegungsarmut geradezu voraussetzen. Drei repräsentative Beispiele zeigen auf, was da plötzlich möglich ist.
Rotierende Eisscheiben
Wenn in der Übergangszeit vom Winter zum Frühling Flüsse und Seen langsam auftauen, dann können sich da und dort kreisrunde Eisscheiben oder Eiskreise bilden. Diese bewegen sich ganz langsam, aber sichtbar um ihre eigene Achse. Bei grösseren Eiskreisen in Seen machen sich Enten und Schwäne gelegentlich einen Spass daraus, auf diese Eisscheiben zu sitzen und sie als Karussell zu benützen. Das Video eines Eiskreises in der Ärgera – leider ohne Enten – sehen Sie hier:
Man konnte sich diese Eiskreise lange nicht erklären. In einem Physiklabor der Universität Lüttich versuchten Physiker, dieses Phänomen künstlich zu erzeugen. Sie fanden heraus, dass das Geheimnis dahinter mit den Umwandlungsphasen und den Dichteverhältnissen von Wasser und Eis zu tun hat.
Wasser hat bekanntlich die grösste Dichte bei vier Grad Celsius. Bei höheren oder niedrigeren Temperaturen nimmt die Dichte wieder ab. Wenn das Eis bei null Grad Celsius schmilzt, senkt das Schmelzwasser zuerst die Temperatur der Umgebung, aber durch Vermischungsprozesse wird die Temperatur des Wassers langsam auf vier Grad Celsius erhöht. Das Wasser erlangt damit die grösste Dichte und sinkt in tiefere Schichten ab.
Unter der Eisscheibe entsteht ein Wirbel, der die Eisscheibe in Bewegung versetzt. Warum aber diese Scheiben kreisrund sind, kann man noch nicht genau erklären. Man vermutet, dass durch die Drehung eine Art Reibung an benachbarten Eisflächen entsteht und so Ecken und Kanten abgefräst werden.
Lichtsäulen in kalten Nächten
In sehr kalten Winternächten, besonders in nördlichen Ländern, kann man gelegentlich Lichtsäulen beobachten. Sie gehen von einer bodennahen Lichtquelle (Laterne, Strassenlampe, Scheinwerfer etc.) aus, die in die Höhe leuchtet. Dieses beeindruckende Winterphänomen hängt wieder mit den Aggregatszuständen von Wasser (fest, flüssig, gasförmig) und den dazu nötigen Temperaturen zusammen.
Wenn zum Beispiel in den bodennahen Luftschichten kalte und schwere Luft mit einer Temperatur von minus vier bis minus acht Grad Celsius einbricht, dann werden die Wasserdampfmoleküle in der Luft schlagartig abgekühlt. Sie gehen dann, ohne in Wasser zu schmelzen, direkt aus dem dampfförmigen in einen festen Zustand über. Man nennt diesen Vorgang eine Re-Sublimation.
Aus den Wassermolekülen entstehen ganz feine und dünne Eisnadeln oder auch sechseckige Eisplättchen, die sehr leicht sind, waagrecht in der Luft schweben und nur äusserst langsam zur Erde absinken. Lichtstrahlen werden nun an solch schwebenden Eispartikeln gespiegelt und gestreut und bilden über der Lichtquelle senkrechte Lichtsäulen. Man kann gelegentlich auch bei Sonnenuntergängen solche Lichtsäulen über der Sonne beobachten. Es muss einfach windstill sein, sonst werden die Eisplättchen oder Eisnadeln verweht.
Eisglocken
Noch ein kleines Winterwunder: die Eisglocken. Spaziert man an einem kalten Wintertag einem Bach oder Flüsschen entlang, tauchen am Ufer da und dort lustige Eisglocken auf. Sie entstehen an Zweigen und Ästen von Bäumen und Pflanzen, die sich knapp über den Wasserspiegel beugen. Kleine Wellen des fliessenden Baches umspülen diese Zweige und spritzen Wasser hoch. Bei genügend tiefen Lufttemperaturen bilden sich in einer gewissen Höhe Eisringe an den Zweigen. Von den Eisringen fliesst weiteres hochgespritztes Wasser herunter, gefriert und bildet eine Manschette. Die Manschette erhält mit der Zeit, durch das spritzende Wasser, die Form einer Glocke, und der Zweig im Innern der Glocke wirkt dann für den Beobachter wie ein Klöppel!
Wo bleibt da die «langweilige Natur»? Der Winter mit seinem speziellen Wetter hält immer wieder Überraschungen bereit.
Mario Slongo ist ehemaliger DRS-Wetterfrosch. Einmal im Monat erklärt er in den FN spannende Naturphänomene. Weitere Beiträge unter: www.freiburger-nachrichten.ch
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