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Eizellenspende: «Die Rechte der Spenderinnen müssen gesichert werden»

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Die Eizellenspende ist in der Schweiz aktuell noch verboten, soll aber legalisiert werden. Die FN haben sich mit der Freiburger Forscherin Laura Perler über das umstrittene Thema unterhalten. Im Interview erklärt Perler unter anderem, weshalb die Legalisierung der Eizellenspende nicht zur Gleichberechtigung der Geschlechter beiträgt und warum es länderübergreifende Lösungen braucht.

Während die Eizellenspende in den meisten europäischen Ländern längst legalisiert wurde, ist sie in der Schweiz nach wie vor verboten. Das soll sich aber bald ändern: Nachdem sich im März bereits der Nationalrat für die legale Eizellenspende ausgesprochen hat, hat der Ständerat im September mit einer knappen Mehrheit einer Motion zur Legalisierung dieser Methode der künstlichen Befruchtung zugestimmt. Nach der Zustimmung durch das Parlament ist es nun am Bundesrat, eine entsprechende Gesetzesvorlage zu schaffen. Eine Legalisierung ist aber nach wie vor stark umstritten. Die FN haben sich mit der Freiburgerin Laura Perler, die seit Jahren zur Eizellenspende forscht, über das Thema unterhalten. 

Laura Perler, in fast allen Ländern Europas ist die Eizellenspende legal. Nebst der Schweiz ist sie nur in Deutschland, der Türkei und in Bosnien und Herzegowina verboten. Erst in diesem Jahr hat sich das Parlament hierzulande für eine Legalisierung ausgesprochen. Warum dauert die Legalisierung der Eizellenspende in der Schweiz so lange?

Nun, zunächst einmal liegt das sicher daran, dass politische Prozesse in der Schweiz immer sehr langsam sind. Darüber hinaus hängt es aber auch mit dem patriarchalischen Weltbild zusammen, an dem wir immer noch festhalten: Während historisch die Vaterrolle nie ganz gesichert war, gilt in unserer Gesellschaft eine Mutter nur dann als ‹richtige› Mutter, wenn ihr Kind auch über ihre Gene verfügt. Wird ein Kind mittels Eizellenspende gezeugt, dann verfügt das Kind über die Gene der Eizellenspenderin, nicht aber über die der Empfängerin, die das Kind zur Welt bringt. Dass die Spende in der Schweiz verboten ist, ist aber trotzdem erstaunlich, denn in einigen Ländern wie in Spanien ist die Eizellenspende zu einem lukrativen Geschäft geworden, mit dem sich viel Geld machen lässt. Es stehen auch eine starke Lobby und ein grosser Markt dahinter. 

Andere Methoden zur künstlichen Befruchtung wie die Samenspende oder die In-vitro-Fertilisation können in der Schweiz legal durchgeführt werden. Weshalb hat ausgerechnet die Eizellenspende einen so schweren Stand?

Ein beliebtes Argument für die Legalisierung der Eizellenspende ist es, zu behaupten, dass diese die Gleichstellung zwischen Mann und Frau fördern würde. Denn wenn die Unfruchtbarkeit beim Mann liegt, dann gibt es mit der Samenspende eine legale Lösung. Ist jedoch die Frau von der Unfruchtbarkeit betroffen, dann gibt es keine legale Lösung in der Schweiz. Beim Verbot der Eizellenspende handle es sich daher um eine Diskriminierung der Frauen. Dieses Argument greift aber zu kurz. Denn die Eizellenspende kann man nicht einfach mit der Samenspende gleichsetzen; die beiden Verfahren sind nicht äquivalent. Im Gegensatz zur Samenspende ist die Spende einer Eizelle für die Spenderin ein invasiver und risikoreicher Eingriff.  

Kann eine Spenderin nicht selbstbestimmt und aufgeklärt darüber entscheiden, ob sie bereit ist, diese Risiken auf sich zu nehmen?

In einer idealen Welt wäre das so. Leider sieht die Realität anders aus.

 Forschungen in Ländern wie Spanien, Iran, Mexiko und Zypern haben gezeigt, dass die Spenderinnen fast immer aus prekären Lebensverhältnissen stammen. Der Entschluss, eine Eizelle zu spenden, wird meist aus einer finanziellen Notlage heraus getroffen.

Wenn diese Frauen andere Optionen hätten, würden sie sich wohl nicht für eine Spende entscheiden. Ausserdem werden sie oft schlecht oder gar nicht über mögliche Risiken aufgeklärt. Ein weiteres Problem ist auch, dass es kaum Forschung gibt über die Langzeitfolgen von Eizellenspenden. 

Sind Sie also gegen eine Legalisierung?

Ich bin nicht gegen die Eizellenspende per se. Als Forscherin fühle ich mich aber verpflichtet, meine Forschungsresultate sichtbar zu machen und die Leute über die Lebensrealitäten der Spenderinnen aufzuklären. Diese gehen im gegenwärtigen Diskurs, der fast ausschliesslich von der Perspektive der Empfängerinnen geprägt ist, leider oft vergessen. Ich finde es zudem wichtig, danach zu fragen, wer bei einer Legalisierung tatsächlich Zugang hätte zum Verfahren. Ausserdem wäre die Legalisierung der Spende eine technische Lösung für Probleme, die soziale Ursachen haben und für die man auch soziale Lösungen finden müsste. 

Inwiefern?

Wir müssen uns fragen, weshalb die Nachfrage nach dieser Methode der künstlichen Befruchtung so gross ist. Das liegt teilweise daran, dass sich viele Menschen heute erst relativ spät dazu entscheiden, Kinder zu haben. Und wir wissen, dass die Fruchtbarkeit von Frauen ab einem gewissen Alter signifikant abnimmt. Warum also wird die Familienplanung immer weiter nach hinten verschoben? Ein Grund dafür ist, dass sich die Familie und der Beruf insbesondere für Frauen schlecht vereinbaren lassen. Was wir wirklich bräuchten, wären also Modelle zur besseren Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienleben. Zudem sollten wir darüber nachdenken, was Familie jenseits der klassischen Kleinfamilie sein kann. Die rechtliche Absicherung von Mehrelternschaft etwa wäre dringend nötig. Ausserdem wäre es wichtig, die problematischen Aspekte des ‹Reproduktionstourismus›, der mit der Eizellenspende einhergeht, einzudämmen. So könnte man verhindern, dass Spenderinnen in anderen Ländern ausgebeutet werden. 

Könnte man mit der Legalisierung der Eizellenspende in der Schweiz nicht verhindern, dass Spenderinnen ausgebeutet werden?

Nein, ich denke nicht. Für eine Eizellenspende würden die Leute mit grosser Wahrscheinlichkeit immer noch nach Spanien reisen, wo die Preise niedrig sind, die Spende anonym möglich ist und wo es auch genügend Spenderinnen gibt. Das zeigen die Beispiele Grossbritannien und Frankreich, wo sich genau das beobachten lässt. Es reicht daher nicht aus, die Spende im eigenen Land zu legalisieren, sondern es braucht auch transnationale Lösungen. 

Warum gehen überhaupt so viele Schweizer Paare mit unerfülltem Kinderwunsch nach Spanien, um eine Eizellenspende vornehmen zu lassen?

Zum einen ist Spanien ein gesellschaftspolitisch enorm liberales Land und hat die legale Eizellenspende bereits im Jahr 1988 gesetzlich verankert. Das ist auch historisch bedingt: Nach der Franco-Diktatur wollte sich das Land radikal von der katholischen Kirche und den damit in Zusammenhang stehenden Werten abgrenzen. Zudem verfügt Spanien über eine sehr gut ausgebaute Tourismusinfrastruktur, und die Preise sind vergleichsweise niedrig. Es gibt dort auch hoch spezialisierte Reproduktionskliniken, die sich auf ausländische Kundinnen und Kunden ausgerichtet haben.

Kinder zu zeugen, ist doch das Natürlichste der Welt. Greift man mit der künstlichen Befruchtung nicht zu stark in die natürliche Ordnung der Dinge ein?

Nein, ich halte das für ein schlechtes Argument. Gibt es Natur als solche überhaupt? Der Mensch hat die Natur doch schon immer beeinflusst. Auch in die Reproduktion greifen wir schon längst ein, zum Beispiel indem wir mit Verhütungsmethoden ungewollte Schwangerschaften verhindern. Wer dieses Argument vertritt, müsste konsequenterweise auch lebensrettende medizinische Eingriffe ablehnen, denn diese sind ja auch ein Eingriff in die Natur. Was ich hingegen problematisch finde, ist, wie die Reproduktionsmedizin heute mit Möglichkeiten im Bereich der genetischen Selektion umgeht. In diesem Bereich hat die Forschung in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, und die Grenzen des Machbaren wurden stark erweitert: Heute können wir immer mehr genetische Veranlagungen, die zu einer Krankheit oder einer ‹Behinderung› führen können, sehr früh erkennen. Mit der Genschere Crispr/Cas9 hat man zum ersten Mal in das menschliche Erbgut eingegriffen. Man weiss jedoch nicht, was die Nebeneffekte von so einem Eingriff sind.

Ist das nicht eine erfreuliche Entwicklung?

Ich bestreite nicht, dass diese Art der Genmanipulation auf den ersten Blick Gutes bewirken kann. Das ist dann der Fall, wenn eine Krankheit verhindert werden kann, die mit viel Leid einhergeht. Aber das Problematische daran ist, dass wir mit solchen Verfahren entscheiden, welches Leben wertvoll ist und welches nicht.

In Spanien zum Beispiel kommen kaum mehr Kinder mit Trisomie 21 zur Welt. Dahinter steht ein gesellschaftlicher Wert, demzufolge ein Leben mit Trisomie 21 weniger wertvoll ist als ein Leben ohne diese Genvariante. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Linie zwischen dem, was als lebenswert gilt und was nicht, immer von gesellschaftlichen Werten und Normen abhängt und sich im Lauf der Zeit verändert.

Ich befürchte, dass mit den aktuellen gentechnischen Möglichkeiten künftig nur noch Kinder geboren werden, die dem gesellschaftlichen Idealbild entsprechen. Das wäre ein tragischer Verlust für die menschliche Vielfalt und Individualität. 

Werden wir in Zukunft nur noch zum Vergnügen Sex haben und uns ausschliesslich künstlich fortpflanzen?

Das ist etwas überspitzt formuliert, aber der Trend geht schon in diese Richtung. Die männliche Fruchtbarkeit verschlechtert sich unter anderem aufgrund von Mikroplastik, Weichmachern und Pestiziden stetig. Man könnte sagen, dass uns unser kapitalistischer Lebenswandel unfruchtbar macht. 

Heute verbietet das Schweizer Fortpflanzungsgesetz neben der Eizellenspende auch die Embryonenspende und die Leihmutterschaft. Ist die Legalisierung dieser Verfahren der nächste Schritt?

Wenn die Eizellenspende legalisiert wird, gibt es keinen Grund, die Embryonenspende nicht auch zu erlauben. Auch die Leihmutterschaft ist mit Blick auf schwule Paare mit Kinderwunsch eine logische und legitime Forderung. Jedoch gelten hier dieselben Bedenken wie für die Eizellenspende: Die Gefahr, dass Frauen ausgebeutet werden, ist auch bei diesen Methoden vorhanden.

Es braucht Lösungen, die nicht nur die reproduktiven Freiheiten von Menschen mit Kinderwunsch garantieren, sondern auch die Rechte derjenigen sichern, die als ‹Arbeiterinnen› ihre Eizellen und Körper zur Verfügung stellen.

Laura Perler widmet sich dem Thema seit mehreren Jahren 

Laura Perler hat an der Universität Bern Sozialanthropologie, öffentliches Recht und Gender Studies studiert. In ihrer Dissertation an der Universität St. Gallen (HSG) beschäftigte sie sich mit der transnationalen Eizellenspende und der Reprogenetik in Spanien. Seit 2018 ist Perler in der Sozial- und Kulturgeografie am geografischen Institut der Universität Bern tätig. Seit Oktober 2021 beschäftigt sie sich in einem Forschungsprojekt des Schweizerischen Nationalfonds mit reproduktiven Geopolitiken und fokussiert sich dabei hauptsächlich auf die reproduktiven Biografien von Frauen im schweizerischen Asylprozess. In diesem Jahr hat Perler das Buch «Selektioniertes Leben. Eine feministische Perspektive auf die Eizellenspende» veröffentlicht. Sie ist in Wünnewil aufgewachsen und lebt heute in der Freiburger Unterstadt. mbe

Vorschau

Babys machen

Im Kornhausforum Bern findet vom 24. November bis am 14. Januar die Ausstellung «Babys machen? Eizellenspende und Reproduktionspolitiken» statt. Die Ausstellung, die aus der Zusammenarbeit zwischen Laura Perler, der Fotografin Tamara Sánchez Pérez und dem Kurator Mirko Winkel entstanden ist, porträtiert das Leben von Eizellenspenderinnen aus Spanien und gibt Einblick in Labore und Operationssäle einer Reproduktionsklinik. Man lernt eine Eizellenempfängerin kennen und erfährt von einer jungen Frau, die mithilfe einer Eizellenspende gezeugt wurde. Am Donnerstag, 24. November, wird die Ausstellung um 17.00 Uhr mit einer Podiumsdiskussion eröffnet, bei der auch eine Eizellenspenderin und eine -empfängerin berichten. mbe

Künstliche Befruchtung

Bei der Eizellenspende wird eine gespendete Eizelle mit dem Samen des Partners befruchtet und in die Gebärmutter der Frau übertragen. Eine Eizellenspende erwägen vor allem Frauen im fortgeschrittenen Alter, Frauen mit einer verfrühten Menopause oder Frauen, die sich aufgrund einer Krebserkrankung einer Chemotherapie unterziehen mussten. In ihren Eierstöcken reifen keine Eibläschen mehr heran, aus denen befruchtungsfähige Eizellen entstehen. 

Bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) findet die Befruchtung nicht im Körper der Frau statt, sondern «künstlich» im Labor. Die Behandlung erstreckt sich häufig über mehrere Wochen. Bei der IVF ist fast immer eine Hormonbehandlung der Frau notwendig. Anschliessend entnimmt die Ärztin oder der Arzt Eizellen aus dem Eierstock und führt sie in einem Laborglas mit Samenzellen des Partners zusammen. Gelingt die Befruchtung und entwickeln sich die befruchteten Eizellen weiter, werden ein bis höchstens drei Embryonen in die Gebärmutter übertragen.

Wenn bei einem unerfüllten Kinderwunsch der Mann von der Unfruchtbarkeit betroffen ist, kann eine Samenspende vorgenommen werden. Dabei führt die Ärztin oder der Arzt den Samen durch einen dünnen Schlauch in die Gebärmutter ein. Die Behandlung geht fast immer mit einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke einher. Zum entsprechenden Zeitpunkt lösen Medikamente den Eisprung aus. Spätestens 36 Stunden danach wird die Insemination durchgeführt. Zuvor wird das tiefgefrorene Sperma aufgetaut und speziell aufbereitet. mbe

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