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Engagement für Opfer staatlichen Zwanges

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Ursula Schneider Schüttel (SP) ist die Amtsjüngste in der Freiburger Nationalratsdelegation. Sie trat im April 2012 für Christian Levrat in die Grosse Kammer ein, nahm Einsitz in der Rechtskommission und diskutierte dort über das Thema fürsorgerischer Zwangsmassnahmen mit. Da merkte sie: «Die betroffenen Menschen leiden körperlich und psychisch unter dem Erlittenen.» Als Folge der Gespräche, die sie als Mitglied des runden Tisches mit Opfern führte, engagierte sie sich für die Wiedergutmachungsinitiative, die heute eingereicht wird. Die Gesetzgebungsarbeit betraf «nur» bestimmte Zwangsmassnahmen, nämlich die administrativen Versorgungen, so Schneider. Doch das Ausmass des Unrechts ist viel umfangreicher.

«Verdingkinder, Fremdplatzierte, Zwangsadoptierte, Kinder der Landstrasse, Zwangssterilisierte, Menschen, die ohne Gerichtsurteil ins Heim oder ins Gefängnis gesteckt wurden», zählt Schneider auf, «viele waren von einer oder mehreren solcher Massnahmen betroffen.» Diesen Menschen haben Staat, Verbände und Kirche Unrecht getan. «Es herrschte eine Kultur des Wegschauens. Die Behörden nahmen ihre Verantwortung zu wenig wahr.» Die Betroffenen wurden «versorgt», so Schneider, das Problem war aus Sicht der Behörden erledigt. Der Bundesrat habe mittlerweile das Unrecht anerkannt und sich bei den Opfern entschuldigt.

Hilfe in bitterer Not

Die Betroffenen litten laut Schneider vor allem als Kinder unter dem Gefühl, an ihrer misslichen Lage selbst schuld zu sein. «Sie sind traumatisiert, wollen ihre eigene Geschichte kennenlernen und Zugang zu Archiven und Dossiers.» Die Initiative fordere zudem eine wissenschaftliche Aufarbeitung, so Schneider.

Und Geld: ein Fond mit 500 Millionen Franken, aus dem Betroffenen rasch Beiträge erhalten könnten. Vielen fehle wegen ihrer Vorgeschichte die Ausbildung oder sie schafften den Einstieg ins Berufsleben nicht, so Schneider, deshalb lebten sie in prekären Situationen. «Aber eine Entschuldigung allein reicht nicht, wenn man nicht weiss, womit man sein Essen bezahlen soll.» Die Betroffenen sollten sich nicht als Bittsteller fühlen. Sie setze sich dafür ein, dass die Menschen ihr Selbstwertgefühl zurück erhalten.

Eigentlich gut gemeint

Vieles war gar nicht böse gemeint, ist Schneider überzeugt. Zwangsplatzierte Kinder hatten es in ihrem Pflegefamilien vielleicht besser als bei ihren armen Eltern, doch sie wurden aus ihren Familien gerissen, entwurzelt, und litten darunter. «Der Ansatz war per se gar nicht schlecht, doch die Massnahmen öffneten dem Missbrauch Tür und Tor.» Auch heute müsse der Staat zu Zwangsmassnahmen greifen. Und Fehlentscheide seien auch heute nicht ausgeschlossen. Doch erfolge eine Unterbringung heute im Rahmen eines professionellen Verfahrens, als letzter Ausweg und nach der Gewährung von Rechtsmitteln. «Bevölkerung und Behörden müssen sensibilisiert werden. Es ist wichtig, dass so etwas nicht noch einmal passiert.» Das Kindeswohl stehe heute im Vordergrund, man arbeite mit der Familie und wisse über die Folgen der Entscheide.

Fälle in eigener Familie?

Schneider verweist darauf, dass Fälle von Zwangsmassnahmen ohne Möglichkeiten von Rechtsmitteln noch bis in die 1980er-Jahre hinein reichten. Viele Opfer litten heute noch unter den Folgen des Unrechts, der Misshandlungen und des Missbrauchs. «Es sind also nicht einfach Geschichten von viel früher», betont die Nationalrätin aus Murten.

Seither frage sie sich auch, ob es nicht auch in ihrer eigenen Familie–die zum Teil aus einfachen bäuerlichen Verhältnissen stammte–hätte Opfer von Zwangsmassnahmen geben können. «Es brauchte nicht viel, um zwischen die Räder zu geraten. Das hat mich betroffen gemacht», sagt Schneider Schüttel.

Fakten

Eine Unterstützung für jene, die es nötig haben

Das überparteiliche Initiativkomitee reicht heute zusammen mit Betroffenen bei der Bundeskanzlei die Unterschriftenbögen für die Wiedergutmachungsinitiative für Verdingkinder und andere Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen ein. Die Unterschriftensammlung begann im Frühling und schon zehn Monate vor Ablauf der Frist waren über 110000 gültige Unterschriften zusammengekommen. Die Initiative fordert für rund 20000 Opfer einen Wiedergutmachungsfonds. Das diesen Frühling genehmigte Gesetz, mit dem administrativ Versorgte rehabilitiert werden sollen und das das ihnen zugefügte Unrecht anerkennt, reicht für die Initianten nicht. Dieses Frühjahr wurde auch ein Soforthilfefonds auf freiwilliger Basis geschaffen. Bis Anfang Oktober gingen 500 Gesuche um finanzielle Unterstützung aus diesem Fonds ein.fca/sda

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