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«Er ist einfach nicht mehr aufgewacht»

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«Gewehrkugeln und die Überfahrt in einem Flüchtlingsboot über das Mittelmeer hat er überlebt. Nun hörte sein Herz auf zu schlagen, im Bett eines schweizerischen Asylheims.» So lautete die Todesanzeige für den 23-jährigen Wegahta Goitom, der am 27. Juni in der Asylunterkunft Foyer du Bourg verstorben ist.

«Er war ein humorvoller Mensch, hat gerne Witze erzählt. Wir haben viel gelacht; wegen und mit Wegahta.»

Filmon Gebrezghi

Freund von Wegahta Goitom

 
 

Es ist nicht nur ein trauriges Gespräch, das die drei Freunde des Verstorbenen im Büro des Foyer du Bourg führen. Es hat Platz für ein Schmunzeln, gar ein Lachen. Etwa wenn sie sich daran erinnern, dass Goitom unbedingt ein blondes Mädchen heiraten wollte. Oder wie er die kalten Temperaturen während den Freiburger Winterwochen nicht gemocht hat. Wie sie sich gestritten haben, ob jetzt Chelsea oder Manchester United die bessere Fussballmannschaft ist, und sich Goitom dabei immer für Chelsea eingesetzt hat. Und wie Goitom – immer zu einem Scherz aufgelegt – der gegnerischen Mannschaft vor gut einem Monat den Pokal gestohlen hat, nachdem sein Team das Fussballspiel verloren hatte. «Wegahta war ein humorvoller Mensch, hat gerne Witze erzählt. Wir haben viel gelacht; wegen und mit Wegahta», sagt Filmon Gebrezghi, einer der Freunde des Verstorbenen. «Wegahta konnte gut auf Leute zugehen», so Dawit Gebrtensae, der den 23-Jährigen aus der Heimat kannte.

Eine lange Reise

Goitom wuchs in Hnbrti auf, einem mittelgrossen, eritreischen Dorf. Er hatte einen Bruder und eine Schwester, doch er sprach nicht oft über seine Vergangenheit. Gebrezghi betont, dass sie ihn auch nie dazu gedrängt hätten. «Das war privat», so Gebrezghi.

Trotzdem wissen seine Freunde, dass Goitom die Heimat aus politischen Gründen verlassen hat. Eritrea ist seit Jahren eine Militärdiktatur, Wehrdienstverweigerer werden hart bestraft. Um der Zwangsarbeit des Regimes zu entgehen, entschloss sich Goitom zur Flucht; kein leichtes Unterfangen. Seine Freunde schätzen, dass der Eritreer rund ein Jahr lang unterwegs gewesen ist, von Eritrea nach Äthiopien, durch die Wüste des Sudans nach Libyen. Von dort aus überquerte er mit einem Boot das Mittelmeer und reiste von Italien mit dem Zug in die Schweiz. 2015 kam er schliesslich in Freiburg an und stellte ein Asylgesuch. Im Foyer du Bourg folgte eine lange Periode des Wartens. Zwei Jahre später, im April 2017, erhielt Goitom schliesslich den positiven Asylentscheid. «Er ist sehr erleichtert gewesen», so Gebrezghi, «die Ungewissheit hatte endlich ein Ende.»

Sogleich begann Goitom mit der Planung seiner Zukunft. Eine eigene Wohnung wollte er suchen, eine Lehrstelle finden und eine Berufsausbildung absolvieren. Irgendetwas Praktisches sollte es sein, vielleicht Maler. Damit die Sprache für ihn möglichst bald kein Hindernis mehr darstellte, startete Goitom seinen dritten Französischsprachkurs. «Wegahta wollte sich unbedingt ein Motorrad kaufen», so Yohannes Mehari, der dritte Gesprächspartner, «wahrscheinlich war das seine Hauptmotivation.»

«Wir haben für ihn gebetet»

Dann kam der Tag, an den sich die drei Freunde nicht gerne zurückerinnern; ein Dienstagmorgen, Ende Juni. In seiner Freizeit hatte Goitom immer gerne Fussball gespielt. «Er war ein guter Fussballspieler», so Gebrezghi. Goitom spielte sowohl in einer Mannschaft des FC Freiburg mit als auch in einem Freiburger Team, das nur aus Flüchtlingen besteht. Stundenlang habe sich der Eritreer mit dem Ball seine Zeit vertrieben und sei immer mit vollem Einsatz beim Sport dabei gewesen. Als Goitom an jenem Dienstag nicht zum Training erschien, hat sein Coach deshalb sofort Alarm geschlagen. Doch das Heimpersonal fand Goitom nur noch tot in seinem Bett. «Er ist einfach nicht mehr aufgewacht», so Emmanuel Nistikakis, Leiter des Foyer du Bourg.

«Der Glaube war ihm wichtig. Jeden Sonntag ist er in die Messe gegangen und bis zu dreimal pro Woche in den Bibelunterricht.»

Yohannes Mehari

Freund von Wegahta Goitom

 

Für Goitoms Freunde war das ein Schock. «Wir waren sehr traurig und haben für ihn gebetet», so Gebrezghi. Auch eine kleine Zeremonie in der Kirche habe man für Goitom veranstaltet, denn der orthodoxe Christ sei sehr gläubig gewesen. «Jeden Sonntag ist Wegahta in die Messe gegangen und bis zu dreimal pro Woche in den Bibelunterricht», sagt Mehari. Sein Körper wurde nun nach Eritrea gebracht. «Damit er bei seiner Familie sein kann», so Gebrezghi.

Die Todesanzeige von Wegahta Goitom.

Ein blondes Mädchen heiraten, eine Ausbildung machen, eine eigene kleine Wohnung finden, sich ein Motorrad kaufen. Bescheidene Wünsche, so scheint es; ganz einfache Wünsche eines ganz normalen 23-Jährigen. Nur dass Goitom kein ganz normaler 23-Jähriger war. Er hatte seine Heimat verlassen, die gefährliche Mittelmeerüberquerung gewagt und dann zwei Jahre in einem Schweizer Asylheim mit Warten zugebracht. Und sollte sein ganz normales Leben dann doch nicht bekommen.

 

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