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Ernährungssouveränität und Fair-Food: Hehre Absichten, aber wohl kaum umsetzbar

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m 23. September gelangen zwei Volksinitiativen zur Abstimmung, die thematisch auf den ersten Blick sehr ähnlich sind, sich bei genauerem Hinsehen in ihrem Fokus aber doch deutlich voneinander unterscheiden: die Fair-Food-Initiative und die Ernährungssouveränitäts-Initiative.

Zwei verschiedene Ansätze

Die Fair-Food-Initiative der Grünen will den Staat verpflichten, die ökologischen und sozialen Anforderungen an die Herstellung und den Verkauf von Lebensmitteln stark zu erhöhen. Zusätzliche Produktionsvorschriften im In- und Ausland sollen sicherstellen, dass in der Schweiz nur noch Lebensmittel importiert und verkauft werden, die den Schweizer Standards entsprechen.

Die Ernährungssouveränitäts-Initiative der Bauerngewerkschaft Uniterre will die Landwirtschaftspolitik noch fundamentaler ändern. Der Staat soll über zusätzliche Vorschriften die kleinbäuerliche Landwirtschaft fördern, die regional produziert und verkauft. Die Initiative sieht eine Reihe von Massnahmen vor, unter anderem Importverbote, höhere Zölle, zusätzliche Subventionen und mehr Angestellte in bäuerlichen Betrieben.

Klassischer Links-rechts-Graben

Es zeichnet sich ein klassischer Links-rechts-Graben ab. Von den grossen Parteien unterstützten sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene lediglich die SP und die Grünen die beiden Initiativen. Die CVP, die FDP und die SVP lehnen sie ab. Bundesrat und Parlament empfehlen, beide Volksinitiativen abzulehnen. Der Schweizerische Bauernverband hat zu beiden Vorlagen Stimmfreigabe beschlossen.

Der Ausgang der beiden Abstimmungen scheint derzeit noch völlig offen. Die zweite Tamedia-Umfrage zum Thema ergab bei Fair-Food eine 55-prozentige Zustimmung, bei der Ernährungssouveränität einen Ja-Anteil von 53  Prozent. Das Ganze kann also noch auf die eine oder andere Seite kippen. Es wird erwartet, dass viele SVP-Wähler entgegen der Parole ihrer Partei doch Ja zur Ernährungssouveränität – und infolgedessen vielleicht auch zu Fair-Food – sagen könnten, da ihnen der Gedanke des Grenzschutzes doch zusagt, obwohl Uniterre bei der Partei als Ganzes wohl kaum Sympathien gewinnt.

Transparenz oder Planwirtschaft?

Die Befürworter beider Initiativen haben sicher hehre Absichten. Das Fair-Food-Komitee warnt vor Klimawandel und Umweltzerstörung, fordert artgerechte Tierhaltung statt «Lebensmittel aus tierquälerischer Produktion» und will sowohl bei der inländischen Produktion als auch bei den Importen Qualität, Nachhaltigkeit sowie Produkte aus fairem Handel und bäuerlichen Familienbetrieben fördern. Die Hauptanliegen der Befürworter der Ernährungssouveränität sind eine vielfältige und gentechfreie Landwirtschaft, faire Preise, mehr Transparenz und ein gerechterer internationaler Handel.

Die Gegner halten dem entgegen, dass eine Annahme der beiden Initiativen eine ganze Reihe von negativen Folgen nach sich ziehen würde: so etwa steigende Preise, weniger Auswahl, eine Bevormundung der Bürger, mehr Einkaufstourismus, einen teuren Kontrollapparat im In- und Ausland sowie neue Handelshemmnisse. Die Fair-Food-Initiative führe zu einem «Bürokratiemonster», sie sei im Inland unnötig und im Ausland nicht umsetzbar. Die Ernährungssouveränitäts-Initiative wolle sogar «eine Art staatliche Planwirtschaft mit Preis- und Mengensteuerung». Beide Initiativen würden zudem internationales Handelsrecht verletzen.

Unnötiges Essdiktat

Auch wenn dies von den Befürwortern als Angstmacherei abgetan wird, ist die Gefahr steigender Preise und verminderter Wahlfreiheit der Konsumenten wohl tatsächlich gegeben. Die Schweizer bezahlen im Schnitt schon heute 70  Prozent mehr für ihre Lebensmittel als in der EU. Werden die Vorstellungen der Initianten von einem konsequenten Höchststandard durchgesetzt, dann dürften die Preise noch weiter steigen.

Möglich ist auch, dass zahlreiche internationale Produkte hierzulande gar nicht mehr erhältlich wären. Denn für global ausgerichtete Hersteller dürfte es sich kaum lohnen, ihre gesamten Produktionsmethoden für den kleinen Schweizer Markt umzustellen. Dies würde sehr viele Produkte betreffen: von der Aprikose über die Fertigpizza bis zu Salami oder Süssigkeiten. Rund 40 bis 50  Prozent aller Lebensmittel kommen gegenwärtig aus dem Ausland. Die Folgen wären gravierend: Nicht nur der Einkaufstourismus, sondern auch der Online-Handel würden massiv zunehmen.

Die Konsumenten sind mündige Bürger, die selbst entscheiden können, was auf ihre Teller kommt, wo sie ihre Lebensmittel einkaufen und ob sie Bio-Produkte wollen oder nicht – wobei Letzteres für viele Haushalte mit bescheideneren Einkommen auch eine finanzielle Frage ist. Auf alle Fälle braucht niemand ein staatliches Essdiktat. Die bereits bestehenden Produktlabels schaffen Orientierung und gewährleisten die Wahlfreiheit.

Kurz: Die beiden Initiativen, die den Stimmbürgern am 23. September vorgelegt werden, gehen zu weit. Sie würden die Schweiz und ihre Landwirtschaft in eine grosse Ungewissheit stürzen, die mittel- und langfristig sehr schädlich wäre.

Leitartikel

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