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«Es geht darum, Präsenz zu markieren»

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«Es geht darum, Präsenz zu markieren»

Autor: Nicole Jegerlehner Christoph Nussbaumer

Zu Beginn der Sommerferien hat SP-Bundesrat Moritz Leuenberger seinen Rücktritt erklärt, im August dann FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz. Hat dies Ihre Ferienpläne durcheinandergebracht?

Christian Levrat: Für mich kam ja zumindest der eine Rücktritt nicht unerwartet – der von Moritz Leuenberger. Eher überraschend war der Zeitpunkt der Rücktrittsankündigung von Bundesrat Merz mitten in den Ferien, so wie auch der Zeitpunkt des Rücktritts im September. Das hat uns gezwungen, einige Gespräche zu führen.

Haben Sie Ihre Ferien verschoben?

Levrat: Ich musste kurzfristig meine Ferien unterbrechen.

Urs Schwaller: Die ungewöhnliche Rücktrittsankündigung von Moritz Leuenberger auf Dezember hat mich in New York erreicht. Ich habe morgens um halb vier Uhr verschiedene Gespräche geführt, mit den entsprechenden Telefonrechnungen. Wir haben uns innerhalb der Partei auf die Sprachregelung geeinigt. Nachher wurde es ruhig. Als Bundesrat Merz zurücktrat, sagte ich mir, nun muss die SP zeitlich gleichziehen, um ihrem Kandidaten keinen Nachteil zu verschaffen.

Was läuft in einer Parteizentrale ab, wenn ein Bundesrat zurücktritt?

Schwaller: Das ist eher ein Fraktions- denn ein Parteigeschäft. Was mich bei einem Rücktritt interessiert, sind die Ausgangslage und der Fahrplan – und ob es ganz kurzfristige Massnahmen zu ergreifen gibt. Dieses Mal konnten wir einige Wochen zuwarten und die Sache sich entwickeln lassen. Selbstverständlich ist die Ausgangslage etwas anders, wenn ein eigener Bundesrat zurücktritt.

Musste die SP nach dem Rücktritt von Bundesrat Merz im August improvisieren?

Levrat: Nein, das war eines unserer Szenarien, als wir den Rücktritt von Bundesrat Leuenberger besprachen. Wir hatten zwei Fahrpläne, einen für die Wahl im Dezember, einen für die Wahl im September. In der Regel sind wir sehr gut vorbereitet, auch in der Sprachregelung. Dass die Grünen antreten, war für uns von Anfang an klar, auch, dass die CVP überlegt anzutreten. Dass die SVP antritt, daran haben wir uns gewöhnt. Da gehts auch darum, Präsenz zu markieren.

Der CVP-Fraktionsvorstand hat entschieden, vorläufig nicht zu entscheiden, ob eine eigene Kandidatur lanciert werden soll. Ist das die Reaktion des gebrannten Kindes, das sich an die Niederlage von 2009 erinnert?

Schwaller: Diese Frage ist nicht richtig gestellt. Zuständig für die Frage einer CVP-Kandidatur ist die CVP-Gesamtfraktion. Um einen Kandidaten in dieser Situation ins Rennen zu schicken, brauche ich die Unterstützung der gesamten Fraktion – nicht eines Drittels oder der Hälfte, sondern aller. Ich habe eigenständige Persönlichkeiten in meiner Fraktion, die nicht immer grösste Parteidisziplin leben. Darum ist es mir wichtig, dass ich im Vorstand die Entscheide vorbereite, sie aber in der Gesamtfraktion fällen lasse.

Die Wahlen von 2009 haben Sie nicht beeinflusst?

Schwaller: Natürlich fliessen die Ergebnisse der letzten Bundesratswahlen in unsere Überlegungen ein. Sie haben zumindest den Vorteil, dass wir niemandem etwas schuldig sind. Wir können offen in diese Wahlen hineingehen und alle Optionen diskutieren, was die Unterstützung verschiedener Kandidaturen angeht. Wir behalten uns auch überraschende Entscheide vor.

Diesmal wollen Sie nicht kandidieren. Bereuen Sie es, letztes Jahr angetreten zu sein – mit einer Doppelvakanz scheinen die Chancen doch besser zu stehen als 2009?

Schwaller: Ich teile diese Einschätzung nicht. Ich würde auch im Rückblick noch einmal antreten. Meine Kandidatur scheiterte an verschiedenen Faktoren. Wir hatten sicher eine stärkere Unterstützung der SP und der Grünen erwartet. Dazu kam die Sprachenfrage, die relativ hoch gespielt wurde. 2011 werden die Wählerprozente neu verteilt: Dann schauen wir die Situation verschiedener Leute wieder neu an – inklusive meiner.

Christian Levrat, die CVP ist in dieser Wahl eher eine Beobachterin am Rand. Wie beurteilen Sie die bisherige Strategie der Partei?

Levrat: Ich würde wohl ähnlich handeln. Ich habe den Eindruck, dass es dieses Jahr bei der CVP noch schwieriger ist als letztes Jahr, einen Kandidaten zu finden, der innerhalb seiner Fraktion genügend Unterstützung findet.

Hören wir heraus, dass für die SP ein Deal mit der CVP eher unwahrscheinlich ist?

Levrat: Die Situation ist etwas komplizierter, als von Urs Schwaller skizziert. Die CVP hat keinen klaren Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz. Rein arithmetisch und in der Logik der Konkordanz können sowohl FDP als auch CVP den Anspruch auf einen zweiten Sitz anmelden. Das heisst, dass es eine Personenwahl wird. Damit handeln die Fraktionen nicht geschlossen – und darum verpflichten wir uns gegenüber FDP oder CVP niemals, geschlossen einen Kandidaten zu unterstützen.

Verhindern die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats von 2011 allzu gewagte Manöver bei den jetzigen Wahlen?

Schwaller: Nein, im Gegenteil. Es gehört zu den Wahlen 2011, dass wir dieses Jahr einsteigen. Wir wollen einen zweiten Sitz. Darum müssen wir präsent sein.

Christian Levrat, fürchten Sie überhaupt um den SP-Sitz?

Levrat: Ich habe nicht besondere Befürchtungen wegen dieser Wiederbesetzung.

Sie müssen anderen Parteien keine Versprechen machen, um Stimmen zu gewinnen?

Levrat: Wir sprechen mit den anderen Parteien, das gehört dazu. Es ist auch die Gelegenheit, die Spielregeln für die Gesamterneuerungswahlen festzulegen. Eine zentrale Fragen stellen die Grünen: Sie verlangen eine Änderung der Zauberformel. Sie wollen eine arithmetische Siztverteilung. Jetzt haben wir die Gelegenheit, die Verteilung zu besprechen – auch im Hinblick auf 2011.

Schwaller: Ich will aus den Bundesratswahlen nicht eine rein mathematische Überlegung machen. Das Wichtigste ist, wieder ein Regierungskollegium herzustellen, das zusammenarbeitet.

Die Bevölkerung hat oft den Eindruck, in Bundesratswahlen würden nicht die Besten gewählt, sondern sie seien das Resultat von Kompromissen und Ränkespielen.

Schwaller: Ich mag das Wort Ränkespiele nicht. Politik ist eine Frage der Beschaffung von Mehrheiten; und Mehrheiten bedingen Absprachen. Um einen Bundesrat oder eine Bundesrätin zu wählen, braucht es drei Fraktionen. Bei jeder Wahl kommen weitere Überlegungen ins Spiel – bis hin zum Gedanken: Was bedeutet es für meine Karriere, wenn ich den oder die wähle?

Die Bevölkerung kritisiert aber oft die Abmachungen unter den Parteien. Was kann die Politik tun, um das Vertrauen der Bevölkerung wieder zu gewinnen?

Levrat: Gerade der Rücktritt von Bundesrat Merz wird viel zum Vertrauensaufbau beitragen; die Regierung wird wieder besser funktionieren. Der Vertrauensverlust der Bevölkerung entsteht auch, weil Parteien gegeneinander antreten – das ist neu. Was mich aber viel mehr stört: Ich habe den Eindruck, dass Fraktionen sich bemühen, möglichst schwache Kandidaten der anderen Fraktionen zu wählen. So kommen nicht die Besten in die Regierung, sondern die, vor denen sich die anderen Parteien am wenigsten fürchten.

Innerhalb eines Jahres werden drei neue Bundesräte gewählt. Ist das eine Chance oder ein Risiko?

Levrat: Vier Wechsel innerhalb einer Legislatur sind tatsächlich viel. Aber im konkreten Fall muss ich sagen: Ausser dem Rücktritt von Moritz Leuenberger waren die anderen Wechsel – Samuel Schmid, Pascal Couchepin und Hans-Rudolf Merz – dringend notwendig.

Schwaller: Ich würde Moritz Leuenberger ohne weiteres in dieses Viererpaket einschliessen. Er ist in den letzten zwei, drei Jahren nicht als Motivationskanone aufgefallen. Auch dieser Wechsel war überfällig. Und noch einer steht an.

Welcher denn?

Schwaller: Micheline Calmy-Rey (SP). Wir gehen davon aus, dass sie nicht mehr zehn Jahre im Bundesrat ist.

Levrat: Mit den zehn Jahren sind wir einverstanden.

Schwaller: Gut. Ich wollte nur etwas Spielraum einbauen.

Levrat: Den benutzen wir dankbar. (Beide lachen.)

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