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«Es ist schwierig Eingriffe abzulehnen»

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«Es ist schwierig Eingriffe abzulehnen»

Autor: Irmgard Lehmann

Seit zehn Jahren leitet der Freiburger Thierry Carrel die Klinik für Herz-und Gefässchirurgie am Inselspital Bern. Zum Operationsteam gehören nebst Carrel drei leitende Chirurgen (einer fürs Herz und zwei für Gefässe) sowie acht bis zehn Oberärzte. Bis zu 40 Prozent aller Einsätze erfolgen notfallmässig, was eine permanente Dienstbereitschaft verlangt. Das heisst 24 Stunden an 365 Tagen: Ein Blick hinter die Kulissen der Herzchirurgie.

Thierry Carrel – welche Kriterien entscheiden, um eine Herzoperation durchzuführen?

Unsere Patienten werden in der Regel durch einen Hausarzt für eine Herzuntersuchung zugewiesen. Je nach Befund dieser Untersuchung – Ultraschall, Herzkatheter oder Computertomographie beispielsweise – wird die Indikation für eine Herzoperation gestellt. Diese wird dann mit dem betroffenen Patienten ausführlich besprochen.

Wie hoch sind die Kosten einer solchen Operation?

Die Kosten sind sehr von der Art des Eingriffs abhängig: Welche Materialien (künstliche Herzklappe, Schrittmacher, künstliches Gefäss) werden verwendet und wie gross ist das Risiko für den Patienten. Denn Alter und andere Erkrankungen können den Verlauf der Herzoperation erschweren.

Für eine gewöhnliche Herzoperation rechnen wir mit Kosten von 25 000 bis 40 000 Franken. Darin inbegriffen sind alle Leistungen, die während eines durchschnittlichen Spitalaufenthalts von einer Woche entstehen.

Wie hoch ist die Erfolgsquote?

Glücklicherweise sehr hoch: Es sterben weniger als zwei Prozent aller Patienten, die bei uns operiert werden. Und bei einem grossen Teil der Patienten müssen grössere notfallmässige Eingriffe durchgeführt werden, ohne dass uns Zeit bleibt für eine umfassende Abklärung. Diese Eingriffe sind auch schwieriger als solche, die wir planen können.

Leider können wir nicht allen Patienten helfen. Einzelne sind so schwer krank, dass sie zwar den Eingriff überstehen, nicht aber die Komplikationen, die nachher entstehen.

Wird die Familie des Patienten miteinbezogen?

Ich bin immer sehr glücklich, wenn Angehörige eines Patienten auch gut informiert sind. Sie können beim Aufklärungsgespräch teilnehmen. Aber auch nach dem Eingriff werden sie benachrichtigt und laufend informiert.

Inwiefern hat sich die Technik verbessert und das Risiko verkleinert?

Die Herzchirurgie ist eine relativ junge medizinische Disziplin und es wurden in den letzten drei bis vier Jahrzehnten sehr viele Techniken erfunden und verbessert.

Heute ist in der Tat praktisch alles machbar, und dies mit einem sehr kleinen Risiko. Aber leider werden damit Erwartungen geweckt, die fast grenzenlos sind. Hier müssen wir versuchen, transparent zu informieren.

Grenzenlose Erwartungen – was meinen Sie damit?

Dass eben alles machbar ist und dass alle überleben. Mit der heutigen Einstellung wird es immer schwieriger, einen Eingriff abzulehnen und eine beobachtende Behandlung zu empfehlen.

Inwiefern sind Sie auch an der Forschung beteiligt?

Ich bin nur noch selten im Labor anzutreffen. Doch ist es wichtig, die Forschungsprojekte zu lesen, zu kennen und zu priorisieren. Die finanziellen Mittel sind ja beschränkt und alles muss sehr gut überlegt werden.

Es macht mir aber sehr viel Spass, junge Mediziner zu beraten und zu unterstützen.

Wie sind Ihre Erwartungen?

Unser Wunsch ist es, immer mehr Eingriffe mit weniger Belastung für den Patienten durchführen zu können.

Doch dies ist im Bereich der Herzchirurgie viel schwieriger als bei anderen Disziplinen wie etwa im Bauchbereich. Die Strukturen, die wir angehen müssen, sind in Bewegung, mit Blut gefüllt und von einer Dimension, die ein absolut ruhiges Operationsgebiet erfordert.

Es ist zwar möglich, einzelne Eingriffe am schlagenden Herz durchzuführen. Dies verlangt aber eine grosse Erfahrung.

Auch möchten wir denjenigen Patienten, die wenig Chancen haben, ein Spenderorgan zu erhalten, langlebige Kunstherze einsetzen. Das ist heute zwar möglich. Doch die damit verbundenen Probleme und die Kosten sind nicht zu unterschätzen.

Haben Sie auch schon eine Operation erfahren, die an ein Wunder grenzt?

Ja, es gibt immer Verläufe in der Medizin, die man nicht im Traum erwartet hätte, speziell eben bei sehr schwierigen Eingriffen mit einer fast aussichtslosen Ausgangslage. Das sind eben die Grenzerfahrungen, über die ich froh bin, dass sie mein Leben bereichern.

Was fasziniert Sie?

Mich fasziniert in der Herzchirurgie die Kombination von intellektuellen Leistungen mit handwerklichen Fähigkeiten.

Die Operation von Bundesrat Merz im Jahr 2007 hat Sie und das Inselspital endgültig in die Schlagzeilen gebracht – mit Absicht wohl. Schliesslich müssen ja auch Chirurgen auf Werbetour.

Mit Absicht? Das sind eigenartige Unterstellungen, würde ich mal behaupten. Am Schluss gab es gar Kollegen, die gerne behauptet hätten, wir hätten in Bern noch den Zusammenbruch vom Bundesrat Merz selber ausgelöst.

Ich denke, dass es der Familie von Bundesrat Merz und dem zuweisenden Kardiologen in St. Gallen bekannt war, wo welche Leistungen und mit welcher Qualität erbracht werden.

Und es war einzig für Zürich bitter feststellen zu müssen, dass eben viele Patienten nicht dorthin gehen möchten. Aber der Fall Merz ist kein Einzelfall. Unsere Klinik betreut immer wieder Patienten aus der Ostschweiz und der Region Zürich.

Ist nun das Seilziehen zwischen Zürich und Bern ausgestanden?

Viele Diskussionen wurden damals – als es um meine Berufung nach Zürich ging – leider von den Medien aufgeblasen. Es gab für mich nie einen Zweifel, dass sowohl Zürich für die Nordostschweiz wie auch Bern für das grosse Gebiet des Mittellandes stark sein müssen.

Wenn wir aber nur die Operationszahlen und die wissenschaftliche Aktivität anschauen, hat Bern – schon seit bald zehn Jahren – Zürich überholt. Wir behandeln am Inselspital bei weitem mehr Herzpatienten als das Universitätsspital Zürich oder Basel.

Und Ihre persönliche Bilanz?

Über die Jahre haben die andauernde Belastung und die grosse Verantwortung einige Spuren hinterlassen. Ich arbeite seit mehr als 25 Jahren in öffentlichen Spitälern. Hier – wie übrigens an vielen anderen Orten – kennen wir als Chefärzte keinen Zeitplan, weil die Bereitschaft zur Leistung und eben auch zur Herausforderung jeden Tag 24 Stunden vorhanden sein muss.

Als Verantwortlicher für diese sehr lebhafte Einheit habe ich mich zwar daran gewöhnt, doch braucht ein solches Engagement nach wie vor eine grosse Überzeugung. Kompromisse gibt es keine.

Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass ich an die Grenzen meiner physischen Möglichkeiten stosse. Ganz zu schweigen von der psychischen Belastung.

Wie tanken Sie auf?

Wenn man diesen Beruf ausüben will, so muss man sich auf kurze Pausen und Regenerationsinseln einstellen.

Ich bin überzeugt, dass ich – anders als der Durchschnittsschweizer – alles sehr intensiv erlebe. Es gelingt mir auch, mich innert kurzer Zeit auf anderes einzustellen.

Erholung finde ich beim Musikhören, auf Spaziergängen in der Natur – auch nachts – oder am Wochenende im Kloster Altenryf. Dort gehe ich regelmässig hin – auch wenn es nur für eine kurze Zeit ist.

In Freiburg sind Sie gross geworden – sieht man Sie hie und da hier?

Leider selten, die Zeit ist wirklich knapp geworden. Am ehesten besuche ich meine Eltern oder meine Patenkinder. Ebenfalls zieht mich die St.-Nikolaus-Feier nach Freiburg, ist sie doch eine schöne Erinnerung an meine Zeit am Kollegium St. Michael.

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