Der chemische Pflanzenschutz steht in der öffentlichen Diskussion, der Schutz der Natur gewinnt an Boden. Der Überprüfung des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) vom letzten Herbst fielen erneut auch Pflanzenschutzmittel für den Gemüsebau zum Opfer. Das beschäftigt die Schweizer Gemüsebauern, auch jene im Grossen Moos. Am Freitag hält die Vereinigung der Gemüseproduzenten der Kantone Bern und Freiburg (GVBF) ihre Generalversammlung in Ins ab. Auch da werden Pflanzenschutzmittel unter den Landwirten ein Thema sein.
«Der Druck auf die Mittel nimmt ständig zu, und die Produktion von qualitativ hochwertigem und marktfähigem Gemüse wird zunehmend schwieriger», sagt Lorenz Gutknecht aus Ins, Vizepräsident der GVBF. «Im letzten Jahr war der Pflanzenschutz das Hauptthema in unserer Kommission Anbau und Label.»
Neues Mittel für Rüebli
Thomas Wyssa ist Gemüseproduzent in Galmiz und Mediensprecher der Vereinigung. «Bei den Zwiebeln und beim Lauch hoffen wir darauf, dass das BLW ein neues Mittel bewilligt», sagt Wyssa. Denn jenes, das er bisher auf seinen Feldern ausgebracht hatte, habe der Bund verboten. «Beim Rüebli ist zwar auch ein Mittel nicht mehr erlaubt; es gibt aber bereits ein neues Herbizid, das bewilligt ist.»
Gründünger passt nicht
Das grösste Problem sieht Wyssa beim Fenchel: «Es gibt im Moment kein Herbizid, das bewilligt und kulturverträglich ist.» Kulturverträglich heisse, dass es dem Gemüse nicht schadet, sondern eben nur dem Unkraut. «Und für Fenchel ist kein neues Mittel in Aussicht», sagt Wyssa. Die Pflanzen mit Gründünger wie Klee vor Unkraut zu schützen sei weder beim Rüebli noch beim Fenchel die Lösung: «Diese Pflanzen brauchen Platz», sagt Wyssa, «Gründünger würde ihnen den Raum wie auch die benötigten Nährstoffe wegnehmen.»
Bei Kohlarten zum Beispiel sei Gründünger durchaus eine Möglichkeit, um von den Herbiziden wegzukommen. Aber nicht beim Fenchel: «Die einzige Lösung sehe ich im Moment darin, dass wir das Unkraut von Hand jäten, um den Fenchel zu schützen», sagt Wyssa. Die Folge sei jedoch, «dass wir den Fenchel teurer verkaufen müssen». Und das sei schwierig, denn noch vor den Konsumenten müssten sich Grossverteiler wie die Migros oder Coop bereit erklären, mehr zu bezahlen.
Unterschiede zur EU
Neue Mittel, die den Richtlinien des Bundes entsprechen, stammen aus dem Labor von Chemiefirmen. «Doch diese haben ein geringes Interesse daran, nur für die Schweiz nach neuen Lösungen zu suchen», erklärt der Galmizer Landwirt. Und obwohl er das Feld mit Fenchel von Hand vom Unkraut befreit, könne er das Gemüse nicht unter dem Bio-Label verkaufen: «Im Gegensatz zur EU müssen die Betriebe in der Schweiz den gesamten Betrieb auf Bio umstellen.» In der EU könne ein Landwirt auf seinem Hof sowohl Bio-Gemüse produzieren als auch konventionellen Anbau betreiben. «Das ist bei uns nicht möglich», sagt Wyssa. Und es sei auch nicht unbedingt erstrebenswert. «Man muss da ehrlich sein», sagt Wyssa, «wenn die Felder nebeneinanderliegen ist es schwierig, genau abzutrennen.»
Für Lukas Inderfurth von Bio Suisse geht es dabei auch um Glaubwürdigkeit: «Wenn der Landwirt seinen gesamten Betrieb auf Bio umstellt, hat der Konsument die Gewissheit, dass kein Mittel versehentlich auf dem falschen Feld ausgetragen wird.»
Generalversammlung
Konsultativabstimmung zu Bio-Sektion
Der Verband der Schweizer Gemüseproduzenten ist der nationale Dachverband aller Gemüseproduzenten. Er ist in regionale Sektionen aufgeteilt. Jeder Produzent ist Mitglied einer regionalen Sektion. So sind die Freiburger Gemüseproduzenten Mitglied bei der Gemüseproduzentenvereinigung Bern und Freiburg. In den Sektionen sind Produzenten mit konventionellem und biologischem Anbau vertreten. Weil sich aber die Biobauern als Minderheit schlecht vertreten fühlten, haben sie eine eigene Sektion gegründet, die Biogemüseproduzenten-Vereinigung (die FN berichteten). Aber der nationale Verband will nicht, dass die Bioproduzenten aussteigen. Die Sektion Bern und Freiburg sucht deshalb nach Lösungen. Für die Generalversammlung am Freitag steht eine Konsultativabstimmung zu dem Thema auf der Traktandenliste.emu