Faktencheck: Das sagt der stellvertretende Kantonsarzt zum Corona-skeptischen Flyer

Masken nützen nichts und in Impfungen ist Gift drin: Dies und noch mehr steht auf einem Flyer, der über die Ostertage im Sense-Oberland verteilt worden ist. Die FN haben das Kantonsarztamt mit den Aussagen konfrontiert.

Mit «Corona-Aufklärung» ist das vierseitige Flugblatt überschrieben, welches über die Ostertage in vielen Briefkästen im Sense-Oberland gelandet ist. Der Verfasser oder die Verfasserin des Flyers befürchtet, dass die Corona-Pandemie ein Ablenkungsmanöver weniger reicher Familien ist, welche eine weltweite Überwachung und Diktatur einführen wollen.

Im Flyer steht auch, dass die Covid-Tests nicht nur nicht zugelassen seien, sondern gar nicht funktionierten. In Impfungen sei Gift enthalten, und das Tragen von Masken nütze nichts. Die FN haben den stellvertretenden Kantonsarzt Christophe Monney mit den Behauptungen konfrontiert und gefragt: Stimmt das? Lesen Sie die Antworten im nachfolgenden Faktencheck.

Der Flyer ist mit «Ein Erdenbürger» unterschrieben. Zwar enthält er mehrere Links zu Websites, aber keine Kontaktadresse. Deshalb konnten die FN mit dem Urheber oder der Urheberin des Flyers keinen Kontakt aufnehmen.  

Behauptung Corona-Tests: Der Teststreifen reagiert nicht auf Viren, sondern nur auf eine natürliche, harmlose Substanz, welche in jedem Menschen, in jedem Tier und auch in Pflanzen vorkommt. Kein einziger Test hat bis heute ein korrektes Zulassungsverfahren bestanden.

Christophe Monney: Sämtliche in der Schweiz verwendeten Corona-Tests wurden durch Swissmedic, das Schweizerische Heilmittelinstitut, zugelassen. Swissmedic ist die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel in der Schweiz mit Sitz in Bern und ist unabhängig von Pharmakonzernen. Es gibt zwei Typen von Tests. Antigen-Tests suchen einen kleinen Teil des Virus und weisen diesen nach. Die PCR-Tests weisen die RNA des Virus nach. Dieses Biomolekül trägt die Erbinformation des Virus.

Behauptung Masken: Masken müssen sehr atmungsaktiv sein, damit der Mensch nicht an Erstickung stirbt. Ultrafeine Partikel werden durch den Ausatmungsdruck zum grossen Teil ganz locker durch das Maskengewebe und durch die Luftschlitze zwischen Maskenrand und Kopfhaut hinausgeblasen. Masken zu tragen ist sehr schädlich, besonders für Kinder, da wir unsere verbrauchte Luft nicht richtig ausscheiden und nicht genügend reine Luft einatmen können.

Christophe Monney: Wir alle tragen nun seit mehreren Monaten Masken. Es ist noch niemand wegen des Maskentragens gestorben, aber schon sehr viele Leute sind am Coronavirus verstorben. Laut Pädiatrie Schweiz, der Vereinigung der Schweizer Kinderärztinnen und Kinderärzte, ist das Maskentragen für Kinder ab zwei Jahren unbedenklich. Dazu gibt es internationale Studien. Bei einer chirurgischen Maske können tatsächlich kleine Partikel entkommen. Eine FFP2-Maske liegt enger an und schützt besser. Aber selbst eine chirurgische Maske verringert den Tröpfchenausstoss und somit das Risiko einer Übertragung. Es gibt dazu nicht nur Studien, sondern auch Videos, die dies eindrücklich zeigen.

Behauptung Impfung: Die Impfung besteht aus Viren und hat äusserst gefährliche und sehr giftige Inhaltsstoffe. Es fehlt ein Beweis, dass eine Impfung vor irgendeiner Krankheit schützt. Impfungen können sehr schwere Nebenwirkungen herbeiführen oder auch lebensgefährlich sein.

Christophe Monney: Auch die Impfungen gegen das Coronavirus sind von Swissmedic zugelassen. Zudem haben andere Kontrollstellen wie jene der EU oder der USA sie geprüft. Wir können sehen, dass die Zulassung des Impfstoffs von Astra Zeneca einige Zeit in Anspruch nimmt und dass Swissmedic die Akte gewissenhaft studiert. Kein Punkt ist dem Zufall überlassen. Das zeigt, dass das System funktioniert. In Impfungen sind keine Viren drin, sondern Teile der RNA der Viren. Diese lösen im menschlichen Körper die Bildung von Antikörpern und Speicherzellen aus, welche gegen die Krankheit schützen. Die Impfung verändert unsere DNA nicht. Covid enthält RNA und unsere menschlichen Zellen enthalten DNA, die je verschiedene Biomoleküle sind. Es gibt ausreichende wissenschaftliche Beweise dafür, dass Impfstoffe wirksam sind und bestimmte Krankheiten wie Pocken sogar ausrotten konnten.

Behauptung Todeszahlen: Es hat im Jahr 2020 nicht mehr Tote gegeben als in anderen Jahren. Andere Todesursachen wie Grippe, Herzinfarkt oder Krebs sind in der Corona-Statistik gelandet.

Christophe Monney: Die Statistik der Eidgenossenschaft zu den Todeszahlen im letzten Jahr zeigt klar, dass 2020 mehr Menschen starben als in den Jahren zuvor: 2018 und 2019 starben rund 67‘000 Menschen, 2020 waren es 76‘000. Die Übersterblichkeit ist also ein Fakt. Der Arzt oder die Ärztin, der oder die die Krankengeschichte eines Menschen kennt, kann evaluieren, ob eine Person an Covid gestorben ist.