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Fast überall stehen Hindernisse

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Gegen 13 Uhr fährt der Bus aus Plaffeien im Busbahnhof ein, und Katharina Kanka steigt aus. Sie fährt im Rollstuhl über eine Rampe aus dem Bus, die ihr der Chauffeur ausgeklappt hat. Die Fahrt musste sie am Tag davor bei den TPF angeben, damit auch sicher ein behindertengängiger Bus auf den Kurs geschickt wird. «In diesem Bereich hat Freiburg gegenüber anderen Städten aufgeholt und sie zum Teil gar überholt», sagt sie. Allerdings erst auf Druck der Betroffenen.

Noch ist es sehr aufwendig, um öffentlich mobil zu sein. «Ich muss immer zittern und hoffen, dass auch wirklich alles klappt.» Sie zeigt auf eine der Rampen auf die Perrons. Sie sei neu. «Früher wurde ich mit dem Warenlift hochgefahren.» Überhaupt die Lifte. Dieser sei noch sauber. «Lifte sind aber oft dreckig und stinken nach Urin. Feinheiten, die auf die Psyche schlagen.»

Umweg mangels Vertrag

Sie fährt auf das Gleis 1. Die S1 über Bern nach Münsingen wartet, ein Zug, den gemäss SBB Rollstuhlfahrer nicht benutzen dürfen. Sie müsste auf einen Intercity, sagt sie. Will sie es trotzdem versuchen, würde sie rasch beim Lokführer fragen, ob er helfen könne. Denn dieser könne eine Faltrampe hinlegen, um den Zugang zu ermöglichen. Eine Türe ist mit einem Rollstuhl-Piktogramm bezeichnet, aber rein kommt sie nicht, da keine Rampe eingebaut ist und das Perron noch nicht wie anderswo erhöht wurde.

Den Intercity nach Bern müsste sie auch nehmen, um nach Murten zu kommen. Zwar kann sie in Freiburg einen SBB-Mobilitätshelfer anfordern. Dieser darf aber nicht für die TPF arbeiten. «Da fehlt ein Vertrag», weiss Kanka aus Erfahrung. Und wegen zu knapper Anschlüsse muss sie für diese Fahrt zwei Stunden einrechnen.

Aussteigen an den Bahnhöfen Düdingen und Flamatt sei übrigens nicht vorgesehen: «Sie sind nicht bedient.» Sie verlässt den Bahnhof und fährt Richtung Universität. Beim Kiosk hält sie kurz vor einer Karte. Aus ihrer Optik, etwa 1,5 Meter über dem Boden, ist die Karte kaum entzifferbar, das Licht spiegelt sich auf der Scheibe, der Blickwinkel ist zu steil. Ein ähnliches Problem kenne sie von Veranstaltungen: «Wenn ich Glück habe, hat es irgendwo eine Erhöhung, sonst sehe ich in erster Linie nur Hinterteile.»

Sie weist auf die Zeile mit den Läden am Bahnhofsgebäude. Jeder hat eine Schwelle, da komme sie nicht hinein, sagt sie. Die meisten Schwellen seien ohnehin vermeidbar. Es falle ihr auf, sagt Kanka weiter, dass sich in den letzten Jahren zwar einiges verändert habe im Umgang mit den Bedürfnissen von Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Das Stichwort heisst Barrierefreiheit. Nicht nur für sie als Rollstuhlfahrer, wie sie betont, sondern beispielsweise auch für Mütter mit Kinderwagen oder Leute mit viel Gepäck. Doch viele Verbesserungen wären nicht aufwendig.

Auch gute Lösungen gibt es

Eine gute Lösung sei der Strassenübergang über die Tivoli-Allee. Das Trottoir ist abgeflacht, Kanka schwenkt auf die Europa-Allee ein. Sie zeigt auf die moderne Fussgängerbrücke hinter dem TPF-Hauptsitz. An die Behinderten hat beim Bauen niemand gedacht. «Wie komme ich da rüber?», fragt sie rhetorisch.

In der Universität Miséricorde hat es teils Rampen und Lifte, trotzdem müsse man aufpassen. Hinunter in die Altstadt. Sie sinniert über Notfälle. Jene, in denen die Blase drückt. Wer in seiner Mobilität nicht eingeschränkt ist, sucht ein Restaurant-WC auf. «Da ist die Lage in Freiburg schlecht.» Aber immerhin: im Bahnhof, auf dem Pythonplatz und in grösseren Einkaufszentren gibt es rollstuhlgängige WC.

Holprig und eng

Jede Altstadt habe für Behinderte ihre Tücken, hält Kanka fest und möchte das eigentlich nicht als Kritik verstanden wissen. Die Lausannegasse zum Beispiel sei mit dem Elektrorolli kein Problem, so Kanka, doch sie müsse aufs Shoppen verzichten. «Dann gehe ich halt ins Einkaufszentrum.» Zu eng sind die Eingänge, zu klein die Läden und zu hoch die Schwellen am Eingang. Und wer mit dem Handrollstuhl unterwegs ist, hat mit den Rinnen seine liebe Mühe. In Bern sei vieles besser gelöst, sagt sie; überhaupt sei Bern weiter in Sachen Barrierefreiheit als andere Städte.

Gut gemeinte Hindernisse

Kankas Ziel an diesem Tag ist Marly. Sie fragt sich, ob sie den Bus nehmen oder gleich selber das Perolles hinunterdüsen soll. «Viele dieser Häuser hier haben zwar einen Lift», sagt sie, während ihr der Fahrtwind durch die Haare streicht, «aber man muss eine Stufe überqueren, um zu ihnen zu gelangen.» Immer öfter stehe aber immerhin die Notfalllösung einer Faltrampe zur Verfügung.

Apropos Lifte: Zurzeit beteilige sich ein Kollege von der Fachstelle (Kasten) an der Diskussion über eine Gesetzesrevision. Neuere Liftmodelle seien zwar sicherer, dafür aber zu eng für den Rollstuhl. Deshalb setze er sich dafür ein, dass Zugang vor Sicherheit kommen müsse. Denn: «Liftunfälle sind selten.»

Roter Teppich? Nicht für sie

Kanka zieht Bilanz: Sie befalle immer wieder ein ungutes Gefühl. Der Eindruck, immer die Hintertüre oder den Lieferanteneingang nehmen zu müssen, sagt sie, und erinnert sich an ein Beispiel. Sie sei in einem Luxushotel in Bern als Gast eingeladen gewesen. Vor dem grandiosen Hoteleingang auf dem roten Teppich blieb sie stehen und kam nicht mehr weiter. Sie musste jemanden rufen, der sie durch den Lieferanteneingang über viele Kabel zur Hotelhalle leitete. «Das tut weh, nagt am Selbstvertrauen. Wenn man ohnehin nicht so gut drauf ist, erfährt man vieles als Erniedrigung.»

Sie kämpfe für die Selbstverständlichkeit, dass man auf die Mobilitätsbedürfnisse aller Menschen Rücksicht nimmt. «Verschiedenartigkeit ist normal», betont sie. Nicht, weil das dies das Gesetz vorschreibt, sondern weil es so ist und einfach selbstverständlich sein muss. «Das muss sich in den Köpfen etwas verändern», sagt sie. «Ich war kürzlich in Singapur. Der Stadtplaner sagte, sie seien für alle Bürger da und müssten darum auch so bauen, dass alle es nutzen könne.» Dort habe sie nichts vorbestellen müssen, die Rollstuhlgängigkeit gehöre einfach in der Architektur dazu.

Immer unter Spannung

«Spontan etwas zu machen, ist ein Abenteuer», sagt Kanka. Als Behinderte ist sie immer angespannt, muss stets mehrere Schritte vorausdenken, zum Teil Tage im Voraus eine Fahrt planen, die Nichtbehinderte einfach so antreten.

An diesem Tag habe sie bewusst darauf verzichtet, ihre Rückfahrt nach Plaffeien anzukündigen. In Marly sei die Chance gross für einen behindertengängigen Bus. Sie könne es wagen. Dann gibt sie Gas, nimmt Kurs auf Marly. Ohne Bus, das heisst für sie auch: ohne auf irgendetwas Rücksicht nehmen zu müssen, ganz spontan. Sie kann einfach tun, was sie will.

Auch Schwellen machen Katharina Kanka das Leben schwer.Hier kann sie problemlos über die Strasse.Ohne Hilfe ist der Eingang zu diesem Zug für Katharina Kanka Endstation. Sie hat keine Chance, ohne Hilfe einsteigen zu können.

 

Das tut weh, das nagt am Selbstvertrauen. Wenn man ohnehin nicht so gut drauf ist, erfährt man vieles als Erniedrigung.

Unterwegs: Mobilität für die Unmobilen

U m die Anliegen von Behinderten im öffentlichen Verkehr kümmert sich die Schweizerische Fachstelle Barrierefreier öffentlicher Verkehr (BöV) mit Sitz in Olten. Hinter der Vereinigung stehen vier grosse Behindertenorganisationen. Das Ziel ist, mittels Gesprächen und der Begleitung von Behörden und Unternehmungen den öffentlichen Verkehr diskriminierungsfrei und ohne Barrieren zu gestalten. Die zentralen Zielgruppen sind Sehbehinderte, Rollstuhlfahrende und Hörbehinderte.

Die Fachstelle Assistenz Schweiz (Fassis) setzt sich für mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung für Menschen mit Behinderung ein. Die Fassis engagiert sich seit 16 Jahren auf Bundesebene für ein neues Assistenzmodell. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Einführung des neuen Assistenzbeitrages Anfang Jahr. fca

www.boev.ch und www.fassis.net

Sommerserie

Freiburg macht mobil

Das Thema Mobilität ist seit einigen Jahren in aller Munde, eine Folge des Wachstums in vielen Lebensbereichen. In einer Sommerserie befassen ich die FN mit der Mobilität in allen seinen Facetten. Vom öffentlichen bis zum illegal schnellen Verkehr, vom 19. Jahrhundert bis in die nahe Zukunft.fca

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