«Wir präsentieren zwei Kandidaten, die sich bestens ergänzen: Der eine kommt aus dem Greyerzbezirk, ist Jurist und französischsprachig, der andere vertritt den Broyebezirk, ist Ökonom und deutscher Muttersprache.» Dies sagte Parteipräsident Didier Castella gestern bei der Vorstellung der beiden FDP-Kandidaten für die Staatsratswahlen am 27. November 2016.
Der amtierende FDP-Staatsrat Maurice Ropraz bestätigte an der Medienkonferenz, dass er sich im Herbst zur Wiederwahl stellen wird. Dazu schickt die FDP als zweiten Kandidaten den Grossrat und Fraktionschef Peter Wüthrich aus Domdidier ins Rennen.
Die Doppelkandidatur Ropraz-Wüthrich ist der Entscheid des Parteivorstandes, so Castella. Die Delegiertenversammlung muss die Nomination am 12. April noch bestätigen. Gemäss Castella hatte der FDP-Vorstand die Bezirkssektionen sowie die Grossräte angefragt und war mit mehreren Personen im Gespräch. Dabei habe sich Wüthrich als idealer und verfügbarer Kandidat herausgestellt. «Anders als 2011 wollten wir keine Stichwahl innerhalb der Partei», so Castella. 2011 hatte die Ausmarchung zwischen den Seebezirklern Markus Ith und Daniel Lehmann für einige Nebengeräusche gesorgt.
Zweierkandidatur ist Usus
Dass die FDP mit einer Zweierkandidatur zu den Staatsratswahlen antritt, war für Castella von Anfang an klar. «Es ist eine Tradition in unserer Partei, mit zwei Kandidaten anzutreten: Das war auch bei früheren Wahlen so», erklärt Castella. «Wir sind für Wettbewerb und wollen den Wählern eine Auswahl bieten.»
Mit der Nomination von zwei Kandidaten entspricht die FDP der Vereinbarung, welche die bürgerlichen Parteien bei den Ergänzungswahlen 2013 eingegangen sind und 2015 für die kommenden Staatsratswahlen bestätigt haben. Die Bürgerlichen wollen gemeinsam der Linken einen ihrer drei Regierungssitze streitig machen. Die bürgerlichen Kandidaten werden auf einer gemeinsamen Liste erscheinen, diese kann bis zu sieben Namen enthalten, und jede Partei soll auch in einem zweiten Wahlgang Kandidaten stellen dürfen. Derzeit deutet alles auf drei CVP-, zwei FDP- und einen SVP-Kandidaten hin.
Nebst dem amtierenden Staatsrat Maurice Ropraz stellt die FDP mit Peter Wüthrich einen Kandidaten deutscher Muttersprache. Wüthrich ist im Emmental geboren und aufgewachsen und hat Französisch im Kanton Freiburg gelernt: im Militärdienst in der Poya-Kaserne und nach seiner Heirat in Domdidier.
Wüthrich präsentierte sich gestern als Liberaler mit einer sozialen Ader. Er hat eine behinderte Tochter und ist in sozialen Institutionen wie einem Altersheim, einer geschützten Werkstätte und einem Betrieb für soziale und berufliche Wiedereingliederung engagiert.
Strebt Wüthrich nun den frei werdenden Sitz des Deutschfreiburgers Beat Vonlanthen oder den dritten Sitz der Linken an? Didier Castella: «Wir greifen niemanden an, und es gibt definitiv keinen Komplott gegenüber einer bestimmten Person. Wir verteidigen ganz einfach unsere Kandidaten auf einer vereinten bürgerlichen Liste.»
Reaktionen: Andere Parteien schauen für sich
D ie gestrige Ankündigung der FDP, mit zwei Kandidaten zu den Staatsratswahlen anzutreten, sorgt bei den anderen Parteien weder für Erstaunen noch für Besorgnis.
SVP-Präsident Roland Mesot sagte auf Anfrage der FN, er habe schon länger vom Vorhaben der FDP gewusst. Die Rechtspartei hatte durchblicken lassen, dass sie mit Stéphane Peiry (Freiburg) als einzigem Staatsratskandidaten antreten wird. Wenn die FDP mit zwei Kandidaten komme, so habe das keinen Einfluss auf die Nomination der SVP, so Mesot. «Ich will die Kandidaturen der FDP nicht kommentieren.» Um die Chancen beurteilen zu können, müsse man den ersten Wahlgang abwarten.
CVP-Präsident André Schoenenweid erklärte, seine Partei nehme Kenntnis davon, dass die FDP mit zwei Kandidaten eine Konkurrenzsituation innerhalb der Partei schaffe. Dies sei ihr Recht und ändere nichts an der Strategie der CVP, eine Auswahl vorzugsweise an Kandidatinnen aus Deutschfreiburg zu präsentieren.
SP-Präsident Benoît Piller erfuhr gestern von der Kandidatur des FDP-Manns Wüthrich. Auf den Auswahlprozess der SP werde sich dies nicht auswirken, so Piller: «Wir liessen die Gemeindewahlen vorübergehen und werden jetzt dann die kantonalen Wahlen angehen.» Er bezweifelt, dass die deutsche Muttersprache Wüthrichs die Ausgangslage verändern wird: «Es wird einige zweisprachige Kandidaten geben, das ist fast eine Pflicht für das Amt. Wenn Wüthrich eine soziale Ader mitbringt, freut uns das, solange es nicht zum Schaden unserer Kandidaten ist.» uh
Zur Person
Peter Wüthrich, 53-jährig, Domdidier
Peter Wüthrich ist ein gebürtiger Emmentaler, der vor 27 Jahren nach Domdidier zog. Der Betriebswirtschafter wurde 2001 in den Generalrat gewählt; er präsidierte die Finanzkommission. Von 2006 bis zur Fusion zur Gemeinde Belmont-Broye per 2016 war Wüthrich Syndic von Domdidier. 2011 wurde Wüthrich Grossrat; seit Herbst 2015 ist er Chef der FDP-Fraktion. Seit 24 Jahren arbeitet Wüthrich als Kaderperson in der Bundesverwaltung, zuletzt im Generalsekretariat des VBS.uh
Zur Person
Maurice Ropraz, 51-jährig, Sorens
Maurice Ropraz tritt als amtierender Staatsrat zu den kantonalen Wahlen an. Der Jurist arbeitete acht Jahre als Anwalt, wurde 1996 Grossrat und übernahm 2002 das Amt des Oberamtmanns im Greyerzbezirk. 2011 wurde Ropraz in die Kantonsregierung gewählt. Er übernahm die Raumplanungs-, Umwelt und Baudirektion. Ropraz sagte gestern, er wolle im Sinne der Kontinuität die Arbeit in dieser Direktion gerne fortsetzen. 2017 sollte Ropraz turnusgemäss Staatsratspräsident werden.uh