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Flickwerk oder die einzige Lösung?

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Am 24. September stimmt das Schweizer Volk über die Reform der Altersvorsorge und deren Finanzierung ab. Im FN-Streitgespräch nehmen die Jungpolitiker Julia Senti (SP, Murten) für und Felix Bieri (FDP, Schmitten) gegen die Vorlagen Stellung.

 

Wie stellen Sie sich Ihren persönlichen Ruhestand eines fernen Tages vor?

Bieri: Der ist für mich sehr schwierig vorzustellen. Klar scheint mir, dass das typische Gesellschaftsmodell, bei dem der Vater arbeitet und die Mutter zu Hause ist, veraltet ist. Ich könnte mir durchaus vorstellen, auch in fortgeschrittenem Alter einen Beitrag in der Arbeitswelt zu leisten, auch wenn das nicht mehr ein 100-Prozent-Job sein wird. Es wäre eine langweilige Aussicht, im Rentenalter gar nicht mehr aktiv zu sein.

Senti: Persönlich kann ich mir den Ruhestand auch noch nicht vorstellen. Es wird bei mir sicher kein Ruhestand sein, bei dem ich zu Hause sitze und über das Wetter jammere. Ich hoffe doch, dass sich das Gesellschaftsmodell weiter ändert. Ich finde es gut, dass Frauen immer häufiger arbeiten und hätte nichts dagegen, dass Frauen gleich lange arbeiten müssten wie Männer, natürlich zu denselben Bedingungen. Den Zeitpunkt meiner Rente möchte ich individuell bestimmen können.

Es dauert noch ungefähr 40 Jahre, bis Sie in den Ruhestand kommen. In Anbetracht dieses Zeithorizonts: Ist für Sie die Abstimmung vom 24. September dennoch wichtig?

Senti: Sie ist sehr wichtig. Es ist höchste Zeit, etwas zu unternehmen. Ich denke, dass ich nun für eine andere Generation an die Urne gehe und nicht für mich selbst. Aber es wird noch andere Revisionen und Änderungen brauchen, bis wir in Rente gehen.

Bieri: Mir wäre es sehr wichtig, dass der Bundesrat der Bevölkerung endlich reinen Wein einschenkt, denn ein Rentenniveau wird garantiert, und gleichzeitig die Demografie überhaupt nicht berücksichtigt: Die Altersvorsorge muss angepasst werden. Diese Reform ist ein erster Vorschlag zur Korrektur, er geht aber in die falsche Richtung. Ich hätte mir gewünscht, dass schon vor zehn Jahren eine Reform eingeleitet worden wäre.

«Es ist nicht möglich, jetzt schon eine Lösung zu finden, die für unsere Generation passt.»

Julia Senti

SP-Grossrätin

 

Umfragen besagen, dass vor allem die Jungen das Projekt ablehnen. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Bieri: Eigentlich wollten wir die AHV ja sanieren, aber so würden wir sie ausbauen. Das macht den Jungen Angst. Viele haben das Vertrauen nicht, dass sie selbst einmal eine Rente erhalten werden.

Senti: Der Jugend wird vom Kontra-Lager Angst gemacht, dass es für sie eines Tages nicht mehr reichen wird. Aber die Veränderungen gerade in der Wirtschaft können wir nicht voraussehen. Es ist meines Erachtens gar nicht möglich, jetzt eine Lösung zu finden, die für unsere Generation auch schon passt.

Besteht aufgrund der Komplexität die Gefahr, dass das Volk einen Zufallsentscheid trifft?

Senti: Ja, sicher.

Bieri: Wahrscheinlich schon.

Senti: Angesichts der Komplexität der Reform ist diese in der Broschüre des Bundesrats aber gut dargestellt und einfach und verständlich beschrieben.

«Ich will nicht schwarzmalen, aber es sieht nicht rosig aus.»

Felix Bieri

Vorstand Jungfreisinnige

 
 

Die Reform der Altersvorsorge 2020 rechnet mit einem Zeithorizont 2030. Ist das wirklich eine Lösung oder doch eher Flickwerk?

Bieri: Es ist vor allem erkaufte Zeit. Man erhöht Steuern und subventioniert so die AHV noch stärker. Schon jetzt fliessen 26 Prozent von anderen Quellen in die AHV, etwa aus der Mehrwertsteuer oder der Glücksspielsteuer. Das macht das ganze System intransparent. Alles deutet darauf hin, dass vor allem die Jungen und die heutigen Rentner dafür bezahlen müssen. Es ist eine Wischiwaschi-Übergangslösung.

Senti: Das sind so typische Angstmacher-Begriffe, die mich stören.

Trotzdem: Sind zwölf Jahre nicht zu kurzfristig?

Senti: Wenn man den ganzen Wandel anschaut, sind zwölf Jahre einfach realistisch. Und wir brauchen ja eine realistische Lösung. Im Moment ist es für mich die beste Lösung.

Die letzten beiden Reformvorschläge 2004 und 2010 sind vom Volk und Parlament verworfen worden. Jetzt spricht man von einem Kompromiss bei dem alle etwas davon haben, aber auch alle etwas geben müssen. Ist etwas anderes als so ein Paket überhaupt mehrheitsfähig?

Bieri: Es braucht die Aufklärung der Bevölkerung, damit die Leute realisieren, wie schlimm es um die Altersvorsorge steht. Ich will nicht schwarzmalen, aber es sieht definitiv nicht rosig aus. Länder wie Schweden und Dänemark haben die Altersvorsorge entpolitisiert. Sie passen ihre Ausgaben oder das Rentenalter automatisch an, und zwar nicht um Jahre, sondern um ein paar Monate. Das ergibt ein mathematisches Gleichgewicht, welches auch bei einer jüngeren Generation das Vertrauen bezüglich einer zukünftigen Rente stärken könnte. Es wäre ein nachhaltiges System.

Senti: Das würde also bedeuten, dass auch das Rentenalter der Männer erhöht werden sollte?

Bieri: Ja. Es wäre eine Schuldenbremse für die AHV.

Senti: Es kann ja nicht die einzige Massnahme sein, das Rentenalter zu erhöhen. Die Bürgerlichen sind doch zum Beispiel mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer einverstanden. Bei einer Ablehnung der Vorlage würden solche und andere Massnahmen eine nach der anderen vorgeschlagen.

Bieri: Man weiss, dass 2030 wieder sieben Milliarden Franken fehlen würden. Und sieben Milliarden Franken als Budgetkürzungen beim Bund, da würden alle leiden. Massiv.

Senti: Genau deshalb ist es wichtig, dem jetzt zuzustimmen, solange man noch Ausgleichmassnahmen gewähren kann. Danach können kluge Köpfe wieder an die Arbeit gehen und neue Lösungen suchen.

Bieri: Aber es kann nicht sein, dass man eine AHV noch zusätzlich ausbaut, wenn sie schon ein Defizit anhäuft.

Senti: Die AHV wird ja nicht ausgebaut.

Bieri: Doch die 70 Franken im Monat …

Senti: Das ist ein Ausgleich. Insbesondere bei Frauen und Teilzeitarbeitern werden dadurch Lücken gestopft. Gleichzeitig müssen sie ein Jahr länger einzahlen. Es ist falsch, alles nur an diesen 70 Franken aufzuhängen.

Bieri: Aber die 70 Franken erhalten alle Personen, die ins Rentenalter kommen. Ein Grossteil braucht sie gar nicht.

Senti: Ich sehe sehr wohl ein, dass nicht alle die 70 Franken brauchen.

Bieri: Darum ist es offensichtlich nicht die effizienteste Lösung.

Senti: Ein Viertel der arbeitenden Frauen beziehen nur die AHV. Für sie ist das sehr wichtig. Und für jene, die Teilzeit arbeiten, ist das auch sehr wichtig.

Bieri: Sehr viel Geld versickert so. Dies auf Kosten der jüngeren Generation.

Das Rentenalter soll von 64 auf 65 Jahre erhöht werden.

Senti: Für mich ist dieses Opfer in Ordnung. Ich verstehe, dass es gute Gründe gibt, dagegen zu sein. Es ist ein grosser Schritt das zu akzeptieren, gerade weil Frauen oft immer noch weniger verdienen als Männer.

Dürfte angesichts dieses Opfers der Linken nicht auch das bürgerliche Lager beim einen oder anderen Punkt nachgeben?

Bieri: Statt zwischen Links und Rechts müsste bei dieser Vorlage viel stärker zwischen Jung und Alt unterschieden werden. Ein wichtiger Punkt ist der Umwandlungssatz, der von 6,8 auf 6,0 Prozent gesenkt werden soll: Das ist absolut notwendig, weil die ursprüngliche versprochene Rendite nicht eingehalten werden kann. Dieser Satz von 6,0 Prozent ist ebenfalls viel zu hoch. Gewisse Professoren meinen gar, es müssten um die 3 Prozent sein.

Ist die bürgerliche Seite nicht kompromissbereit?

Senti: Definitiv nicht. Das Reformpaket enthält nicht nur strittige Punkte. Deshalb sehe ich nicht ein, weshalb das bürgerliche Lager nicht über den eigenen Schatten springen und das Paket annehmen kann.

Beispielsweise bei den Lohnbeiträgen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern?

Bieri: Bezüglich der Lohprozente sehe ich ein grosses Problem. Die Schweiz ist ein Land mit einem hohen Lohnniveau. Je höher die Abgaben sind, umso stärker benachteiligen wir uns selbst gegenüber dem Ausland.

Senti: Die Abgaben würden gleichmässig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt: Jeder hätte 0,15 Prozent mehr zu bezahlen. Im Ausland ist hingegen die Mehrwertsteuer viel höher.

Die Mehrwertsteuer gilt als unsozial.

Senti: Sie ist Teil des Kompromisses. Niemand wird darum herum kommen, seinen Beitrag zu leisten. Und sie ist natürlich eine der am einfachsten zu erhebenden Steuern.

Das jetzige Dossier umfasst beide Säulen. Ist das richtig?

Bieri: Beide sind defizitär.

Senti: Was ich hier als Dossier vorliegen habe, scheint mir eine sinnvolle Lösung zu sein. Es geht ja nur um den obligatorischen Teil der zweiten Säule.

Bieri: Wir haben da ein System mit der Giesskanne. Warum ist es nicht möglich, mit Zusatzleistungen gezielt dort zu helfen, wo es nötig ist? Und zwar auf eine viel präzisere und genauere Art, und schliesslich auch mit weniger Geld.

Senti: Es gibt auch Leute, die nicht auf die AHV angewiesen sind. Aber die AHV ist darauf angewiesen, dass diese Leute ihren Beitrag leisten.

Ist das vorliegende Projekt die ideale Reform?

Senti: Es gibt keine ideale Lösung. Es braucht einen Kompromiss, nur schon, weil der Vorschlag mehrheitsfähig sein muss. Nicht alle können alles haben. Zum jetzigen Zeitpunkt und unter den jetzigen Umständen vertraue ich der vorliegenden Lösung und hoffe, dass das noch genügend andere Leute tun. Danach kann man sich mit weiterführenden Lösungen beschäftigen.

Bieri: Die ideale Lösung ist eine, die allen Altersklassen die Angst nimmt. In einer Demokratie ist Angst das Schlimmste, weil Leute dann dazu tendieren, überhastete Entscheide zu treffen. Es braucht eine Schuldenbremse in der AHV. Das Rentenalter muss flexibler werden. Wichtig ist, dass die Vorsorge langfristig finanziert wird. Es kann notwendig sein, die Mehrwertsteuer vorübergehend zu erhöhen, um die Babyboomer-Jahrgänge abzufedern. Es wäre auch gut, wenn der Arbeitnehmer die Pensionskasse selber auswählen könnte. Da gibt es sehr grosse Einsparmöglichkeiten.

Senti: Wie lange soll denn das gehen, bis diese sogenannte ideale Lösung steht?

Bieri: So schnell wie nur möglich.

Senti: Das sind vielleicht sieben Jahre.

Bieri: Ich hoffe, dass das Parlament in 18 Monaten etwas vorschlagen wird. Wir haben 20 Jahre gewartet. Sicher nicht, um einen Schritt in die falsche Richtung zu gehen.

Zur Person

Felix Bieri

Der 1993 geborene Felix Bieri ist in Schmitten aufgewachsen, wo er auch heute noch wohnt. Nach der Matura studiert er nun Betriebswirtschaft an der Uni Bern. Bieri sitzt im Vorstand des Freiburger Jungfreisinns. Er kandidierte 2015 für den Nationalrat und 2016 für den Grossen Rat.

uh

 

Zur Person

Julia Senti

Julia Senti ist 1989 geboren. Nach dem Gymnasium hat sie in Freiburg Recht studiert und 2015 abgeschlossen. Momentan macht die Juristin ein Anwaltspraktikum. Die Murtnerin sitzt seit 2016 im Grossen Rat. Sie ist auch Generalrätin und Mitglied der Jugendkommission.

uh

 

Altersvorsorge

Die beiden Vorlagen kurz erklärt

Die Rentenreform umfasst zwei Vorlagen, über welche am 24. September an der Urne entschieden wird: das Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 und der Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine höhere Mehrwertsteuer. Nur wenn das Volk beide Vorlagen annimmt, tritt die Reform auch in Kraft.

Ziel der Reform ist, die Renten zu sichern und die Altersvorsorge an die gesellschaftliche Entwicklung anzupassen. Die Reform betrifft sowohl die erste als auch die zweite Säule: Mit Einsparungen und zusätzlichen Einnahmen soll die AHV mindestens zwölf Jahre im Gleichgewicht gehalten werden. Bei der beruflichen Vorsorge werden der Mindestumwandlungssatz und der Koordinationsabzug gesenkt.

Dank den Massnahmen in der beruflichen Vorsorge sowie einer Erhöhung der AHV-Rente um 70 Franken und des Plafonds für Ehepaare soll das kombinierte Niveau der Altersrenten erhalten bleiben. Auf der Einnahmenseite ist die schrittweise Erhöhung des Rentenalters für Frauen von 64 auf 65 Jahren geplant: zwischen 2018 und 2021 pro Jahr um jeweils drei Monate. Gleichzeitig soll die Pensionierung zwischen 62 und 70 Jahren flexibler gewählt werden können.

Dazu soll die AHV zuerst den ganzen Ertrag aus dem Mehrwertsteuerprozent erhalten: Ab 2018 kommen 0,3 Prozentpunkte hinzu, die derzeit an die IV gehen, ab 2021 soll die Mehrwertsteuer um 0.3 Prozentpunkte angehoben werden. Ebenfalls ab 2021 sollen die Beiträge für die AHV erhöht werden: um je 0.15 Prozentpunkte für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

uh

 

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