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Gastkolumne

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Gastkolumne

 

Von unserem Umgang mit der Zeit

Autor: Simone Flüeler

Zeit ist Geld. Zeit heilt alle Wunden. Kommt Zeit kommt Rat… Doch was ist eigentlich «die Zeit»? Wenn wir «die Zeit» greifen wollen, gestaltet sich dies schwierig. Denn Zeit kann zwar einerseits objektiv gemessen werden, andererseits wird sie von Mensch zu Mensch und von Kultur zu Kultur subjektiv anders wahrgenommen.

Moderne, westliche Gesellschaften haben ein lineares, horizontales Zeitverständnis. Pünktlichkeit wird hier grossgeschrieben. Uns scheint die Zeit ständig davonzulaufen. Naturvölker, aber auch südliche und östliche Kulturen haben hingegen ein zyklisches, vertikales Verhältnis zur Zeit. Das erweckt für uns den Eindruck, dass sie über viel mehr Zeit verfügen als wir.

Verschiedener Umgang mit der Zeit kann zu Konflikten und Missverständnissen führen. So gilt es in der Deutschschweiz als höflich, wenn man fünf Minuten zu früh zu einer Einladung erscheint, in der Romandie sollte man sich jedoch immer fünf Minuten verspäten.

Probleme können auch die verschiedenen Zeitbegriffe bereiten. So habe ich mich schon mit deutschen Freunden am Sonnabend verabredet und erst zu spät gemerkt, dass dies wohl nicht der Sonntagabend ist. Den Westdeutschen bereitet das ostdeutsche «drei viertel sieben» immer wieder Mühe: Ist dies nun viertel vor sieben oder viertel vor acht? Und auch in der Schweiz leben nicht alle in derselben «Zeitzone». Dies zeigt sich an den verschiedenen Tagesgrüssen. Im Lötschental und im Goms gilt frühmorgens bis etwa 8 Uhr «güätu Morgu», danach bis am Mittag «güat Tag wohl». Nach dem Mittagessen bis zirka 20 Uhr wird man mit «güäta Aabu» begrüsst. Später gilt «güät Nacht wohl». Das kann den Süddeutschen irritieren, da für ihn «guten Abend» bedeutet, dass man eine gute Nachtruhe wünscht, oder den Ostschweizer verunsichern, da diese Grussformel in vielen Regionen erst ab 18 Uhr oder später gilt; und ein Romand wird noch spät-abends «bonjour» grüssen, da dies für ihn eine von der Uhr unabhängige Grussformel bedeutet.

Meine welsche Freundin und ich haben uns auch schon etliche Male missverstanden, wenn es darum ging, dass wir uns am «nächsten Freitag» treffen. Ich warte auf sie – sie kommt nicht, denn für sie findet der «nächste Freitag» erst in einer Woche statt. Was für mich «nächsten Freitag» ist, ist für sie «diesen Freitag». Nachdem dies mehrmals vorgekommen ist, treffen wir uns jetzt nur noch zu einem präzisen Datum. Doch auch hier sind Verwirrungen nicht ausgeschlossen. Man möchte doch meinen, dass die schweizerische Bundestagsfeier ganz klar am 1. August stattfindet? Doch Feuerwerke werden schon am Vortag abgefeuert. Und tatsächlich wird der 1. August neuerdings mancherorts schon am 31. Juli gefeiert.

Diese Tendenz, über zwei oder mehrere Tage zu feiern, lässt sich übrigens bei den meisten Festen beobachten. Dies hängt wohl damit zusammen, dass wir Menschen immer versuchen, Zeit festzuhalten, Frei-zeit zu gewinnen. Und dies wiederum ist wahrscheinlich allen Kulturen und Menschen gemeinsam.

 

Simone Flüeler wohnt in Freiburg. Sie studiert Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Freiburg. Sie ist Mitglied einer FN-Autorengruppe, die im Monatsrhythmus frei gewählte Themen zur Zweisprachigkeit bearbeitet.

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