Ratgeber Erziehung
Birgit Kollmeyer
Bettnässen – Kind und Eltern verzweifelt
Unser siebenjähriger Sohn macht nachts immer noch ins Bett. Er kann deswegen nie bei Freunden schlafen und leidet darunter. Haben wir mit der Sauberkeitserziehung etwas falsch gemacht? Was kann man tun, damit er nicht mehr einnässt? J.A.
Ungefähr fünf Prozent der Kinder bis zehn Jahre sind von diesem Problem betroffen, und auch bei Teenagern kommt es noch vor. Bei vielen Kindern verschwindet das Problem von alleine, bei anderen nicht. Bettnässen hat nichts mit einer falschen Erziehung zu tun. Eltern trauen sich oft nicht, das Problem zum Beispiel beim Kinderarzt anzusprechen, weil sie befürchten, dass sie in der (Sauberkeits-) Erziehung etwas falsch gemacht haben. Da sie nicht mehr wissen, was sie noch gegen das Einnässen machen können und verzweifelt sind, kommt es zu Auseinandersetzungen mit den Kindern. Schimpfen und Strafen helfen nicht, sondern erhöhen Angst, Scham und Schuldgefühle, was den Leidensdruck bei den Kindern noch verstärkt.
Wenn Ihr Sohn noch nie länger als sechs Monate trocken war, hat dies meist damit zu tun, dass er seine Blase noch nicht gut kontrollieren kann – vor allem nachts. Kinder, die einnässen, haben zudem oft einen besonders tiefen Schlaf. Ebenso kann ein Mangel des antidiuretischen Hormons ADH dazu führen, dass in der Nacht zu viel Urin produziert wird. Der Kinderarzt kann untersuchen, ob solche organischen Ursachen vorliegen. Es kann infolgedessen eine medikamentöse Therapie erfolgen, die den ADH-Spiegel erhöht. Neben Medikamenten gibt es Feuchtigkeitsfühler, die in der Unterwäsche angebracht werden und Alarm geben, um das Kind zu wecken, wenn etwas Feuchtigkeit austritt. Dadurch erhöht sich die Kontrolle der Blase, weil das Gehirn lernt, die Signale besser wahrzunehmen. Loben und belohnen Sie Ihr Kind fürs Mitmachen und für kleine Erfolge, wenn es zum Beispiel ein paar Nächte hintereinander nicht eingenässt hat.
War Ihr Kind schon trocken und nässt plötzlich wieder ein, sollten Sie auch psychische Belastungen in Betracht ziehen. Stress, Scheidung der Eltern, ein neues Geschwister, Schulwechsel oder Versagensangst in der Schule können Auslöser dafür sein. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber. Durch Zuwendung, Zuhören und Unterstützen geben Sie Ihrem Kind mehr Sicherheit und Selbstvertrauen, und das Bettnässen gehört bald der Vergangenheit an.
Ambulante Hilfen für Kinder, Jugendliche, Eltern, Paare und Einzelpersonen:
Tel. 026 300 76 90; www.unifr.ch/iff.
Telefonberatung zu Familienfragen: Fr. 14.00 bis 16.00 Uhr: 026 300 73 57
Die PsychologinBirgit Kollmeyer ist beim Familieninstitut der Uni Freiburg zuständig für Prävention und Beratung.