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Fotograf, Manager und Philosoph

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Fotograf, Manager und Philosoph

Autor: Carole Schneuwly

Die Fotostiftung Schweiz ist eine Art fotografisches Gedächtnis der Schweiz: Sie besitzt eine umfangrei- che Sammlung zur Schweizer Fotografie des 20. Jahrhunderts und betreut im Auftrag des Bundesamtes für Kultur die Nachlässe herausragender Fotografen und bedeutende Fotografiebestände der Eidgenossenschaft.

Eine Ausstellung in den Räumen der Fotostiftung in Winterthur ist für jeden Schweizer Fotografen ein Ritterschlag, eine Ehre, die oft erst am Ende einer langen Karriere oder gar erst nach dem Tod erfolgt. Nicht so im Fall des Freiburger Fotografen Jean-Luc Cramatte, der in der Fotostiftung soeben seine Ausstellung «Inventar» eröffnet hat. Mit Jahrgang 1959 sei er eigentlich viel zu jung für eine solche Ausstellung, sagt er, selber immer noch ein bisschen überrascht: «Es gibt so viele Fotografen, und nur wenige bekommen je eine solche Chance.»

Erfolgreich in Japan

Auf dem Radar der Fotostiftung erschien Jean-Luc Cramatte 1991 mit der Arbeit «Limite helvétique»: Zum 700-Jahr-Jubiläum der Eidgenossenschaft fotografierte er zufällig ausgewählte Punkte der Schweizer Grenze. Diese und andere serielle Arbeiten Cramattes erregten die Aufmerksamkeit von Peter Pfrunder, dem Direktor der Fotostiftung.

Als Pfrunder mit dem Vorschlag einer Ausstellung auf ihn zugekommen sei, sei klar gewesen, dass die fotografischen Inventare im Mittelpunkt stehen sollten, erzählt Cramatte. Diese Inventare bilden seit langem einen Schwerpunkt in seinem Schaffen. Eines der bekanntesten ist «Poste mon Amour» (2001–2008), eine Reihe über Schweizer Postbüros. Diese hat auch in Buchform grosse Erfolge gefeiert, sogar international: In Japan wurde das Buch öfter verkauft als in der Schweiz. Ebenfalls noch in Erinnerung ist das Projekt «Bredzon Forever», für das Cramatte 2009 mehr als 300 Männer und Frauen in der Greyerzer Tracht fotografierte.

Reise in die Vergangenheit

In über zwanzig Jahren hat Jean-Luc Cramatte rund dreissig fotografische Inventare erstellt; ein Dutzend davon sind in Winterthur zu sehen. Darunter finden sich neuere Arbeiten wie jene zur Post und zum Bredzon, aber auch frühe Projekte wie «Asile de Nuit» (1989–1990), eine Serie über das damalige Nachtasyl in Freiburg, die heutige Kunsthalle Fri-Art. Zum ersten Mal zeigt Cramatte zudem Bilder aus seinem aktuellen Projekt «Paysage de Ferme», das er im Verlauf des Jahres beenden will: Für diese Serie fotografiert er die Rückseiten von Bauernhöfen, die mit ihren Anzeichen von Zerfall und Unordnung zum Symbol des Wandels in der Landwirtschaft werden.

Die Vorbereitung der Ausstellung sei wie eine Reise in die eigene Vergangenheit gewesen, sagt Cramatte. «Ich habe selber vieles wiederentdeckt, eine schöne Erfahrung.»

Literarische Inspirationen

Trotz der Vielfalt seiner fotografischen Arbeit gehört Cramatte nicht zu jenen Fotografen, die ständig mit der Kamera unterwegs sind. Im Gegenteil: «Ich fotografiere gar nicht so viel», so der gebürtige Jurassier. «Ich sehe mich mehr als Projektmanager.» Bei seiner Arbeit gehe es nicht nur ums Fotografieren, sondern auch um das Entwickeln einer Idee, ums Organisieren und Vorbereiten und um Begegnungen mit Menschen. Die Bredzon-Serie etwa habe von der Idee bis zum Abschluss acht Monate in Anspruch genommen, tatsächlich fotografiert habe er aber nur an zwei Tagen.

Bei anderen Projekten arbeitet Cramatte nicht nur mit Bildern, sondern auch mit Worten. So ergänzt er die aktuelle Bauernhof-Serie mit Textfragmenten aus Presse und Literatur sowie mit eigenen Texten. Seine Affinität zum geschriebenen Wort zeigt sich auch in seinem Atelier im Freiburger Altquartier: Regale und Tische quellen über von Büchern, Katalogen, Zeitschriften und Zeitungsausschnitten. Viele Ideen habe er aus der Literatur, verrät er. So habe ihn Georges Simenons Roman «Les anneaux de Bicêtre» für die Serie «Policliniques» über die Uniklinik Lausanne (2002) inspiriert.

An Ideen fehlt es dem Fotografen auch für die Zukunft nicht. Und kaum ist die Ausstellung in Winterthur eröffnet, freut er sich schon auf die nächste grosse Aufgabe: Im Mai wird er als offizieller Fotograf am Filmfestival von Cannes dabei sein – und auch hier jene Perspektiven suchen, die anderen verborgen bleiben.

Fotostiftung Schweiz,Grüzenstrasse 45, Winterthur. Bis zum 28. Mai. Di. bis So. 11 bis 18 Uhr, Mi. 11 bis 20 Uhr. Weitere Informationen: www.fotostiftung.ch.

Zum ersten Mal zeigt Jean-Luc Cramatte Bilder aus seiner aktuellen Serie «Paysage de Ferme» (oben). Auch mit Menschen arbeitet er gerne, so für «Bredzon Forever» (2009, unten links) oder «Yodleurs» aus der Serie «Inventaires suisses» (2002).Bilder Jean-Luc Cramatte

Freiburg:Einzigartige Fotoinventare

Die Vorliebe Jean-Luc Cramattes für fotografische Inventare zeigt sich nicht nur in seiner eigenen Arbeit. Er war 1997 Mitbegründer der «Fotografischen Ermittlung» des Kantons Freiburg: Alle zwei Jahre beauftragt das Amt für Kultur auf der Basis eines Wettbewerbs einen Berufsfotografen mit einer seriellen Arbeit zu einem Freiburger Thema. Die Idee ist in der Schweiz einzigartig und wird national und international beachtet. Auch in der Ausstellung in Winterthur sind die bisher realisierten Ermittlungen in Form von Projektionen zu sehen.

Solche Inventare seien wichtig für die Fotografie der Gegenwart, sagt Jean-Luc Cramatte, aber auch für das kollektive Gedächtnis. Die Welt verändere sich immer schneller, und oft gehe dabei die Dokumentation vergessen. «Wenn wir so weitermachen, droht uns eine grosse Erinnerungslücke.» cs

LegendeBild ???

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