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Fotograf Tomas Wüthrich hat festgehalten, wie der Hof seiner Eltern verschwand

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Kerzers 1999 – Hans Wüthrich holt den letzten Rest Grassilo bei einem Nachbarn, der zu viel Vorrat hat.
© Tomas Wüthrich

Vor zwanzig Jahren gaben Hans und Ruth Wüthrich aus Kerzers ihren Hof auf. Ihr Sohn Tomas begleitete seine Eltern in ihrem letzten Jahr als Bauern und hielt seine Eindrücke fotografisch fest. Nun ist ein Bildband über den Betrieb Nr. 4233 erschienen.

«Hof Nr. 4233 – Ein langer Abschied.» So lautet der Titel des Fotobandes, welcher über das Ende des Bauernhofs von Ruth und Hans Wüthrich aus Kerzers berichtet. Auf dem Buchdeckel kämpft sich Ruth durch das hoch gewachsene Ökoheu. Eigentlich ist sie auf der Suche nach dem Grenzstein zwischen zwei Feldern. Die Heugabel wie einen Speer in der Hand, scheint sie gegen einen unsichtbaren Feind zu kämpfen. Verloren und allein auf weiter Flur.

Kerzers 1999 – Beim Mähen von Ökoheu sucht Ruth Wüthrich den Grenzstein zwischen zwei Feldern.
© Tomas Wüthrich, zvg

Seinen Titel verdankt der Bildband einem amtlichen Brief des Kantons. «Wir stellen fest, dass Sie am 1. Mai 2000 den Betrieb aufgeben und keine Tiere mehr halten werden,» steht in diesem Schreiben. Der Betrieb Nr. 4233 sei somit saniert.

«Meine Mutter wollte eigentlich nicht Bäuerin werden», erinnert sich der in Liebistorf wohnhafte Fotograf Tomas Wüthrich. Ihr Bruder hätte den Hof übernehmen sollen. Dieser wollte aber nicht und so lag es an Ruth, die Familientradition weiterzuführen.

Visuelles Tagebuch eines programmierten Endes

Ihr Mann Hans kommt aus dem Berner Oberland und ist Bauer mit Leib und Seele. «Bereits im Krieg habe ich als Elfjähriger meine drei Kühe versorgt», erzählt Hans. 1971 heirateten die beiden und übernahmen den elterlichen Hof in Kerzers. Als Auswärtiger war Hans in Kerzers nicht recht willkommen. «Die wollten gar nicht, dass ich herunterkam», erinnert sich Hans. «Sie hatten alle Landhunger und als ich da war, da gab es nichts mehr zu holen.»

Etwas mehr als sechs Hektaren Land und ein Stück Wald bewirtschafteten Ruth und Hans gemeinsam. «Uns war immer klar, dass es für unseren Hof keine Nachfolge geben würde», so Hans. «Es reichte gerade noch für uns zwei.» Gerne hätte Hans auch als AHV-Rentner noch mit ein paar wenigen Kühen weitergemacht. Doch die neue Landwirtschaftspolitik der Neunzigerjahre läutete das Ende von Wüthrichs Hof ein. Investieren und umbauen hätten sie müssen, um der neuen Tierschutzgesetzgebung zu genügen. Doch das war bei dem kleinen Hof und mitten im Dorf nicht möglich.

Als sich seine Eltern entschieden, ihren Betrieb aufzugeben, machte Tomas Wüthrich an der Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern die Ausbildung zum Pressefotografen. Im Rahmen einer Langzeitarbeit hielt er das letzte Jahr des Bauernbetriebes seiner Eltern fotografisch fest. 372 Filme belichtete er zwischen dem 11. April 1999 und dem 30. April 2000.

«Ich stand unter Stress, denn ich wollte bei den wichtigen Momenten dabei sein», erinnert sich Tomas Wüthrich. Er habe seine Eltern gebeten, ihn immer zu informieren, wenn auf dem Betrieb etwas Wichtiges anstehe. Als der Traktor verladen wurde, das letzte Heu am Trocknen war, die letzte Kuh den Stall verliess. 

«Wir haben ihn kaum bemerkt»

Während Tomas Wüthrich für seine Langzeitarbeit fotografierte, gingen Ruth und Hans wie gewohnt ihrer Arbeit nach. «Wir haben ihn kaum bemerkt», erinnert sich Hans Wüthrich heute.

Tomas Wütrich fotografierte seine Eltern beim Holzen, beim Heuen und nach dem Weisseln des leeren Stalles. Er war dabei, als der alte Fiat-Traktor verladen wurde, dieser wurde nach Portugal gebracht. Mit dem Winter und Frühling nahte das Ende. Tomas Wüthrich fotografierte, als seine Eltern den Pachtvertrag unterschrieben und ihr Land aus der Hand gaben. Das Geld liegt auf dem Tisch, Ruth hält ihren Mann umschlungen.

Der leere Stall

«Das schlimmste war, als die Tiere weg mussten», erinnert sich Hans Wüthrich. «Die Kühe waren mein Stolz und dann ist der Stall plötzlich leer. Das ist nichts Schönes.»

Auch für Tomas Wüthrich war das ein schwieriger Moment. «Als die letzte Kuh fort war, wusste ich, dass ich noch den leeren Stall fotografieren musste.» Es entstand ein Foto mit den aufgewickelten Schwanzschnüren. Ein anderes zeigt die im Stall sitzende Ruth, die Hand vor dem Gesicht. «Sie sagte mir, dass sie auf diesem Foto nicht geweint habe», schmunzelt Tomas Wüthrich. «Es sei ihr nur Staub ins Auge geflogen.» 

Zum Abschluss seiner Langzeitarbeit liess Tomas Wüthrich ein Büchlein mit 46 Bildern binden. Eine Fotoreportage mit Text von Balz Theus erschien 2001 im Magazin des Tages-Anzeigers. Und Jahre danach regte Peter Pfrunder, Direktor der Fotostiftung Schweiz, Tomas Wüthrich dazu an, einen Fotoband herauszugeben.

Die erste Auflage des im Verlag Scheidegger & Spiess erschienen Buches ist bereits ausverkauft. Erschienen ist sie auf Deutsch und Französisch mit Texten von Balz Theus und Peter Pfrunder.

Hans und Ruth Wüthrich besuchen im Musée gruérien in Bulle die Ausstellung Hof Nr. 4233 ihres Sohns Tomas Wüthrich über ihr letztes Bauernjahr in Kerzers.
© Tomas Wüthrich

Zur Ausstellung

Die Fotos werden derzeit Bulle gezeigt

1990 gab es in der Schweiz noch über 90’000 Bauernbetriebe. 2019 waren es noch gut 50’000. Die 814 verschwundenen Betriebe entsprächen einem Verlust von 16 Höfen pro Woche, hält das Amt für Statistik für das Jahr 2018 fest. Das Bauernsterben geht weiter und gerade deshalb haben die zwanzigjährigen Fotografien von Tomas Wüthrich nichts an Aktualität eingebüsst.

Die Fotostiftung Schweiz hat Wüthrichs Bilder in seine Sammlung aufgenommen. Dies zeigt, dass das Projekt «Hof Nr. 4233» zur Fotografie-Geschichte der Schweiz gehört. Ausserdem sind die Fotos im Rahmen des Projekts «Mur blanc» bis am 6. Juni im Greyerzer Museum in Bulle ausgestellt. Das Projekt Mur Blanc ist Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Verein der professionellen Fotografen des Kantons Freiburg PPAF und dem Greyerzer Museum.

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