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Freiburg im Ausnahmezustand

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Ein schwarzer Mercedes mit getönten Scheiben und den Flaggen Deutschlands und der Schweiz auf der Kühlerhaube fuhr durch das Freiburger Stadtzentrum, gefolgt von einem halben Dutzend Kleinbussen der Eidgenossenschaft, flankiert von einem beträchtlichen Polizeiaufgebot … Die Saanestadt befand sich gestern im Ausnahmezustand. Und das mit gutem Grund: Zu Gast war niemand Geringerer als der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Dass dieser am zweiten Tag seines Schweiz-Besuchs ausgerechnet nach Freiburg kam, ist der Tatsache zu verdanken, dass der Kanton mit Alain Berset (SP) derzeit den Bundespräsidenten stellt. Es war der erste Staatsbesuch in der Zähringerstadt seit 14  Jahren, als der damalige polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski eine Einladung von Joseph Deiss annahm. Im Zentrum des gestrigen Besuchs stand eine Podiumsdiskussion in der bis auf den letzten Platz gefüllten Aula Magna der Universität zum Thema «Kann die Demokratie im 21. Jahrhundert bestehen?».

«Auch in Europa und im transatlantischen Westen übt das Autoritäre eine neue Faszination aus.»

Frank-Walter Steinmeier

Deutscher Bundespräsident

 

Neben Steinmeier und Berset diskutierten auch Eva-Maria Belser, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Freiburg, Adrienne Fichter, Politikwissenschaftlerin und Social-Media-Expertin, sowie Flavia Kleiner, Co-Präsidentin der Operation Libero. Moderiert wurde das Gespräch von Nicola Forster, Gründer des unabhängigen Thinktanks «Foraus».

Digitalisierung und Populismus

«Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 oder nach dem Arabischen Frühling 2011 hätte sich niemand die Frage gestellt, ob die Demokratie noch bestehen kann», gab Steinmeier zu bedenken. Heute aber sehe es anders aus: Dass die Demokratie angefochten werde, sei spürbar geworden. «Die Systemfrage wird wieder gestellt, nicht nur in Russland und China», so Steinmeier. «Auch in Europa und im transatlantischen Westen übt das Autoritäre eine neue Faszination aus.»

Die Demokratie befinde sich mitten in einer Bewährungsprobe, angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung, der Herausforderungen der Digitalisierung und der Sehnsucht nach klaren Antworten. «Gewisse Kreise fragen sich, ob Diktaturen effizienter sind als Demokratien», gab Steinmeier zu bedenken. «Ganz ähnliche Argumente gab es aber auch im Deutschland der 1920er- und frühen 1930er-Jahre.» Adrienne Fichter bemerkte zu den von Steinmeier angesprochenen Herausforderungen, dass sich auch der Populismus mit der Digitalisierung verändere. Es gehe um ein Maximum an Klicks, aber nicht um möglichst gehaltvolle Inhalte.

Die sozialen Medien haben laut Fichter nicht nur die Politik, sondern auch das Mediensystem verändert. Gemäss Alain Berset kann eine Demokratie den Populismus nicht verhindern, aber wenigstens früher erkennen als eine autoritärere Staatsform.

Demokratie als Exportgut?

Ein beträchtlicher Teil der Diskussion drehte sich um die Frage, ob die Schweizer Demokratie exportierbar sei. «Ich bewundere und respektiere das Schweizer System, gehe aber davon aus, dass unsere beiden Länder eine unterschiedliche politische DNA haben», sagte Steinmeier dazu. In der Schweiz gebe es eine demokratische Kontinuität seit 1848, während die erste Demokratie in Deutschland, die von 1918 bis 1933 existierende Weimarer Republik, gescheitert sei.

«Es ist nicht so einfach, die Schweizer Demokratie auf andere Länder zu übertragen.»

Alain Berset

Schweizer Bundespräsident

Dennoch bestreite er nicht, dass Deutschland von der Schweiz lernen und demokratische Elemente übernehmen könne, so Steinmeier. Auf Bundesebene sei in diesen Zeiten der Angriffe auf die Demokratie allerdings nicht der richtige Zeitpunkt dafür – wohl aber auf kommunaler Ebene.

Auch Alain Berset hielt es für «nicht so einfach, die Schweizer Demokratie auf andere Länder zu übertragen», weil das System grundsätzlich auf einen Kleinstaat angelegt sei. «Bei uns sind die Prozesse langsamer als anderswo, dafür haben wir danach langfristiger funktionierende Lösungen», bemerkte Berset. Für Flavia Kleiner hingegen ist das Schweizer System durchaus exportierbar. «Ich bin der Meinung, dass ein Bürger verantwortlicher wird, wenn ihm mehr Verantwortung übertragen wird», hielt sie fest. Eva-Maria Belser war der gleichen Auffassung. «Ich glaube, dass das Volk der Demokratie gewachsen ist», sagte sie. «Wenn es herrscht, übernimmt es auch Verantwortung.»

Dies, obwohl es bei Abstimmungen oft um Fragen gehe, die komplizierter seien als jene, ob man vier oder fünf Wochen Ferien oder eine zweite Gotthardröhre wolle. Auch Fragen aus dem Publikum hatten ihren Platz. So etwa diejenige, ob die Politik vermehrt auch aus­ser­halb des Wahlkampfs Anliegen der Bürger aufnehmen sollte, oder jene, wie die Politik das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen könne. «Ich kenne keinen Politiker, der es nicht begrüsst, wenn der politische Prozess etwas entschleunigt würde», bemerkte Steinmeier dazu. «Aber Abwarten ist nicht immer die bessere Alternative.» Er wünsche sich, dass statt zunehmender Kommunikation auf digitaler Ebene das direkte, persönliche Gespräch in der Politik an Stellenwert gewinne. Alain Berset bemerkte zu diesem Punkt: «Die Digitalisierung ist immer noch eine neue Welt. Wir brauchen eine Strukturierung der Debatte.»

Abflug im Helikopter

Des Staatsgasts nächste Station nach der Universität war die Blue Factory. Hier besuchte Steinmeier das nach Freiburg zurückgekehrte und gestern eingeweihte, preisgekrönte Solarhaus NeighborHub (siehe Kasten). Er lieferte sich dabei mit Berset ein lockeres Duell am Töggelikasten. Hier gesellte sich auch Bundesrätin Doris Leuthard (CVP) zum Tross. Schliesslich besichtigte der hohe Gast noch die Freiburger Kathedrale. Durch diese führte ihn Stanislas Rück, Chef des kantonalen Amtes für Kulturgüter. Titularorganist Nicolas Viatte trug «Das Gewitter» von Jacques Vogt vor. Den Schlusspunkt setzte ein Mittagessen im Restaurant des Trois Tours in Bürglen. Nach viereinhalb Stunden war der ganze Zauber vorbei. Um 13.30  Uhr flogen die Staatsgäste in mehreren Helikoptern zu einem Alpenrundflug davon.

NeighborHub

Curty: «Das Projekt hat uns von Anfang an fasziniert»

Während der Steinmeier-­Tross in Richtung Kathedrale weiterzog, gingen die Feierlichkeiten in der Blue Factory erst richtig los – mit der offiziellen Einweihungsfeier des nunmehr endgültig nach Freiburg zurückgekehrten Solarhauses NeighborHub. Aus diesem Anlass gingen in der Blauen Halle der Blue Factory gleich zwei Podiumsgespräche hintereinander zum Thema über die Bühne. Am ersten, eher wissenschaftlich-hochschulpolitisch ausgerichteten Gespräch nahmen Uni-Rektorin Astrid Epiney, EPFL-Präsident Martin Vetterli und Luciana Vaccaro, Rektorin der Fachhochschule Westschweiz, teil. Es drehte sich um die Fragen, ob eine solche Zusammenarbeit zwischen den vier Hochschulen wegweisend für weitere Projekte sein könne – was allgemein bejaht wurde –, und wie es um das Spannungsfeld zwischen Kooperation und Konkurrenz der verschiedenen Hochschulen der Schweiz stehe. Alle drei Podiumsteilnehmer sahen die Schweizer Ausbildungslandschaft eher als ein Zusammenspiel komplementärer Angebote, zu dem letztlich auch die oft gelobte duale Berufsbildung der Schweiz gehöre.

Am zweiten, politisch-wirtschaftlich orientierten Gespräch, das wie das erste vom Journalisten Luc Debraine geleitet wurde, nahmen Staatsrat Olivier Curty (CVP), die Freiburger Vize-Syndique Antoinette de Weck (FDP), Groupe-E-Generaldirektor Dominique Gachoud, Pierre Landolt, Verwaltungsratspräsident der gleichnamigen Privatbank, sowie EPFL-Dekanin Marilyne Andersen teil. «Das Projekt NeighborHub hat uns von Anfang an fasziniert», begründete Curty im Verlauf des Gesprächs die Unterstützung durch die öffentliche Hand. «Vor allem passt es zur Energiestrategie 2050.»

Auch für Landolt war von Anfang an klar, dass seine Bank das Solarhaus unterstützen würde. Gemäss Gachoud war dies im Fall der Groupe  E nicht das erste Sponsoring; man sei schon länger in permanentem Kontakt mit den Hochschulen. Und Antoinette de Weck lobte, dass das Thema Nachhaltigkeit bei diesem Projekt klar im Mittelpunkt gestanden sei. Am Schluss der Veranstaltung stellte Andersen noch das neue, offizielle Buch über den NeighborHub vor.

Die Ehre, das Solarhaus offiziell einzuweihen, gebührte anschliessend 16 Studierenden. Sie taten dies mit ihrem der amerikanischen Armee entlehnten Schlachtruf im Frage-Antwort-Stil: «Die Schweizer Equipe ist angekommen. Es ist sie, die alles verändern wird.»

jcg

Tag der offenen Tür: Sa.,/So., 28./29. April, jeweils 10 bis 17 Uhr.

 

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