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Freiburger Sozialämter sind wachsam

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Autor: Carolin Foehr

1397 Arbeitslose sind 2011 im Kanton Freiburg ausgesteuert worden, 400 mehr als im Vorjahr. Die meisten davon, nämlich 250, waren direkt vom revidierten Arbeitslosengesetz betroffen, das im April 2011 in Kraft getreten ist. Laut dem Gesetz erhalten Arbeitslose, die mindestens ein Jahr lang ihren Beitrag an die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben, 260 Tage lang Arbeitslosengelder. Im alten Gesetz waren 400 Taggelder gestattet.

Als das Schweizervolk im Herbst 2010 über die Kürzungen bei der Arbeitslosenversicherung abzustimmen hatte, warnten besonders Gewerkschaften und linke Parteien vor einem «Ansturm auf die Sozialämter». Sie kritisierten damals unter anderem, die Gesetzesrevision sei eine «einzige Kostenverschiebung» zulasten der Gemeinden. Auch im Vorfeld des Inkrafttretens herrschten viel Ungewissheit und Sorge – auch in Freiburg. Nun zeigt sich aber: Der Ansturm auf die Sozialämter ist bislang geringer als erwartet.

Kein Optimismus

In der Stadt Freiburg, deren Sozialdienst etwa ein Viertel aller Sozialhilfeempfänger des Kantons betreut, hat man nur zum Jahresende einen leichten Anstieg der Anträge festgestellt. «Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen weiter stabil», sagt Stéphane Blanc, Leiter des städtischen Amts. Wie 2010 seien insgesamt 680 Neuanträge erfasst worden. Zwischen Januar und März 2012 hätten sogar dreissig Personen weniger um Sozialhilfe gebeten als vor einem Jahr.

Optimistisch ist Blanc trotzdem nicht. «Es gab zwar keine Krisensituation», meint er, «aber im Herbst hatten wir bei uns einige Fälle von jungen Erwachsenen, die nach Ende ihrer Ausbildung keinen Job und damit keinen Lebensunterhalt hatten.» Mit der neuen Regelung erhalten Studenten oder jene, die nicht lange genug ALV-Beiträge eingezahlt haben, erst nach 120 Tagen Arbeitslosengeld. Sie seien gezwungen, so Blanc, jegliche Stelle und damit auch schlechte Arbeitsbedingungen und Löhne zu akzeptieren.

160 waren akut betroffen

Doch nicht jeder, der 2011 nach Ablauf seiner ALV-Bezugszeit ausgesteuert worden ist, hat sich an eines der 24 Sozialämter des Kantons Freiburg gewandt. Laut dem kantonalen Amt für den Arbeitsmarkt (AMA) hat etwa ein Fünftel nach der Aussteuerung eine Stelle angenommen. Doch bei 685 Personen weiss das Amt nicht, was nach Ablauf ihrer Bezugszeit aus ihnen geworden ist (siehe mittleren Kasten). «Einige werden eine Arbeit gefunden haben, andere haben die Schweiz verlassen oder kümmern sich um ihre Familie», vermutet Jean-Marie Monnerat, Sprecher der AMA.

Klar ist aber, dass bereits in den ersten Monaten nach Einführung der neuen Regelungen knapp 160 Personen bei einem Sozialamt angeklopft haben: 55 im April, 52 im Mai, 27 im Juni und 24 im Juli. «Das ist etwas weniger, als im Vorfeld prognostiziert wurde», so Monnerat. Im Vorfeld der Gesetzesrevision war man zunächst von einem Anstieg um 80 bis 100 Sozialfälle pro Monat ausgegangen. Es sei aber möglich, dass weitere Anmeldungen später erfolgt seien, nachdem die Personen ihre finanziellen Reserven aufgebraucht hätten.

Das glaubt auch Jean-Claude Simonet, wissenschaftlicher Mitarbeiter des kantonalen Sozialamtes (KSA): «Es ist davon auszugehen, dass deshalb im Oktober oder November ein kleiner Anstieg vermerkt worden ist. Frühere Studien haben gezeigt, dass nach neun Monaten oft die letzten Reserven aufgebraucht sind.» Bislang gebe es aber noch keine genauen Zahlen für das zweite Halbjahr.

Besseres Rüstwerk

Dass nun weniger Männer und Frauen Sozialhilfe beanspruchen, als im Vorfeld befürchtet wurde, erklärt Simonet einerseits mit einem widerstandsfähigen Arbeitsmarkt und andererseits mit der Wirtschaftsstruktur des Kantons. «Wir haben viele KMU, die die Krise recht gut wegstecken konnten», so Simonet. Statt ihre Angestellten massenhaft zu entlassen, hätten sich die Firmen mit Kurzarbeit über Wasser gehalten. Ähnliches habe man auch in den Kantonen Neuenburg und Jura festgestellt, während Genfer und Waadtländer Grossfirmen eher den Rotstift ansetzten.

Hat sich der Kanton Freiburg also zu viel Sorgen gemacht? Sind die Auswirkungen der Gesetzesänderung übertrieben worden? «Nein», antwortet darauf der Mitarbeiter des KSA, «es hat auf jeden Fall eine weitere Kostenverschiebung stattgefunden.» Problematisch sei, dass sich die Situation für Arbeitssuchende weiter verschärft habe. Jedes Mal, wenn die Unterstützung für ALV- und IV-Bezüger gekürzt werde, gebe es zusätzliche Sozialfälle. «Die Folgen dieser Kostenabwälzung treten erst nach und nach in Erscheinung», so Simonet. «Aber es ist wie eine Zeitbombe, die bereits tickt.»

Massnahmen: Neue Plattform für Sozialhilfeempfänger geplant

Der Kanton Freiburg hat bereits mehrere Massnahmen ergriffen, um Ausgesteuerte vor dem Abrutschen in die Sozialhilfe zu bewahren. «2010 sind die RAV-Mitarbeiter mit jenen, die die Revision direkt betraf, in Kontakt getreten und haben ihnen die Situation erklärt», so Jean-Marie Monnerat vom AMA. Ausgesteuerte haben auch die Möglichkeit, im Rahmen des Gesetzes über die Beschäftigung und den Arbeitsmarkt (BAMG) eine befristete Stelle bei Vereinigungen, öffentlichen Verwaltungen oder in der Privatwirtschaft vermittelt zu bekommen. 97 Ausgesteuerte haben letztes Jahr von diesem Angebot profitiert.

Neben den speziell auf die Gesetzesrevision hin geplanten Massnahmen gibt es auch andere Programme und Unterstützungen für jene, die nach Ablauf ihrer Bezugszeit keine Arbeitsstelle gefunden haben. Nach wie vor besonders betroffen seien junge Erwachsene, Alleinerziehende und ältere Menschen, so Jean-Claude Simonet vom kantonalen Sozialamt. «Für diese Kategorien muss in Zukunft noch mehr getan werden.»

Sozialdienste skeptisch

Eine neue Zusammenarbeit zwischen den RAV und den Sozialämtern des Kantons soll ab Sommer zustande kommen. Dabei kümmern sich je ein Sozialarbeiter und ein RAV-Mitarbeiter um jene Sozialhilfeempfänger, die erfolglos auf Arbeitssuche sind.

Doch Stéphane Blanc vom Freiburger Sozialdienst ist skeptisch, ob eine neue Struktur tatsächlich den Bedürfnissen entspricht: «Ich hätte mir eher gewünscht, mehr Sozialarbeiter vor Ort zu haben, anstatt eine weitere Fachperson in die Beratungen mit einzubeziehen.» Man müsse nun aber abwarten, wie sich die Zusammenarbeit bewähre.cf

See- und Sensebezirk: Spürbarer, aber kein dramatischer Anstieg

Gegenüber dem Vorjahr hat es einen Anstieg der Neuanmeldungen für materielle Hilfe gegeben», sagt Isabelle Bohrer, Leiterin der Sozialhilfe Murten. Haben 2010 53 Personen Anfragen gestellt, waren es 2011 zehn Personen mehr.

Allerdings sei es kaum möglich zu sagen, ob der Anstieg alleine auf die Gesetzesrevision zurückzuführen ist. «Es sind tatsächlich einige Personen zu uns gekommen, die ohne die Revision vom April noch Anspruch auf Taggelder gehabt hätten», so Bohrer. Doch häufig führten neben dem Wegfall von Arbeitslosengeld auch noch andere Faktoren zur Bedürftigkeit.

Im Sensebezirk gab es einen überall spürbaren, wenn auch nicht dramatischen Anstieg der Anfragen bei den Sozialdiensten. Beim Düdinger Sozialamt sind 2011 74 neue Dossiers eröffnet worden; das sind 14 mehr als im Vorjahr. «Bei zurzeit rund hundert Fällen mit materieller Sozialhilfe sind sechs bis zehn zusätzliche Antragsteller bemerkenswert», findet Stellenleiter Hansueli Krummen.

Steigende Kosten

Der Sozialdienst Wünnewil-Flamatt und Überstorf betreut zurzeit 110 Sozialhilfebezieher. Das seien 13 mehr als 2010, erklärt Leiterin Karin Borter. Insgesamt habe man im letzten Jahr 53 Neuzugänger registriert, davon waren 18 Personen Ausgesteuerte. Knapp zwanzig Prozent mehr Dossiers musste auch der Sozialdienst Sense-Oberland im letzten Jahr betreuen – was sich auch auf die Ausgaben ausgewirkt hat (siehe FN vom Samstag). Alle Stellenleiter sind sich aber einig: Die revidierte Arbeitslosenversicherung ist nicht an allen neuen Sozialfällen schuld – doch sie hat die Situation der Bedürftigen noch verschärft.cf

Zahlen und Fakten

200000 Taggelder weniger ausgezahlt

Mit Inkrafttreten des neuen Arbeitslosengesetzes im April 2011 sind 340 Personen mehr ausgesteuert worden als im Jahr zuvor. Ansonsten ist ihre Anzahl stabil geblieben. Einzig im Mai und im August lag die Quote höher als 2010. 22 Prozent haben nach ihrer Aussteuerung eine Stelle gefunden, und 29 Prozent waren weiter in einem Arbeitsvermittlungszentrum gemeldet. Bei 49 Prozent fehlen jegliche Angaben zu ihrer Situation. Die Arbeitslosenquote lag letztes Jahr im Durchschnitt bei 2,6 Prozent (2010: 3,2 Prozent), jene der Stellensuchenden bei 4,9 Prozent (2010: 5,6 Prozent). Gegenüber 2010 wurden 200000 Taggelder weniger ausgezahlt (784000 statt einer Million) – was sich auch auf die Ausgaben der Arbeitslosenkasse ausgewirkt hat. cf

Wenn die Geldreserven aufgebraucht sind, ist der Gang zum Sozialdienst der letzte Ausweg.Bild Aldo Ellena/a

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