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Freispruch im Prozess zu Hexenprozessen

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Die «Richter» waren sich nicht einig: Sollte der Kanton Freiburg des massenhaften Mordes–ja gar des Genozids–verurteilt oder freigesprochen werden? Am Ende befragte «Gerichtspräsident» und Kantonsrichter Christian Pfammatter das «Volk», also das Publikum des fiktiven Prozesses in der Aula der Universität. Es fand, man dürfe mit der heutigen Optik nicht über Geschehnisse urteilen, die vor rund 300 Jahren stattfanden.

Rechtmässige Prozesse?

Die Verhandlung fand im Rahmen des 125-Jahre-Jubiläums der Universität statt und zeigte dem Publikum den typischen Verlauf eines Prozesses mit allen seinen Elementen und Widersprüchen auf. Verhandelt wurde die Frage der Rechtmässigkeit der 500 Hexenprozesse, die im Kanton Freiburg vom Mittelalter bis tief in die Neuzeit hinein stattfanden, namentlich in den Bezirken Broye und Sense.

Als «Anklagevertreter» leitete Rechtsprofessor Pascal Pichonnaz her, dass Freiburg im Verhältnis zu seiner Bevölkerung eine hohe Zahl von Hexenprozessen durchgeführt habe. Nachgewiesen sind diese von 1429 bis 1731. Er machte den Staat Freiburg und die Obrigkeit für die Hinrichtungen auf dem Scheiterhaufen verantwortlich. Verurteilt worden seien die Schwächsten der Gesellschaft: Witwen, Vagabunden und Arme. «Unter dem Deckmantel der Hexenabwehr herrschte eine jahrhundertelange Terrorherrschaft», so Pichonnaz. Die Prozesse hätten wiederholt und willentlich nicht nur heute geltendes Recht verletzt, sondern auch allgemeingültiges, so Pichonnaz.

Bei der «Zeugenbefragung» erläuterte Historikerin Martine Ostorero, dass immer wieder Menschen für Hexen gehalten worden seien. Die religiöse Komponente sei der angebliche Pakt mit dem Teufel gewesen, den die Angeklagten angeblich abgeschlossen hätten. «Für diese Menschen existierte der Teufel physisch und war der Ursprung alles Bösen.» Olivier Guéniat von der Neuenburger Kriminalpolizei sprach die damals üblichen, unter Folter erpressten Geständnisse an. Er wies darauf hin, dass auch heute selbst demokratische Staaten wie die USA unter bestimmten Umständen Folter anwendeten. «Das Mittelalter hat kein Monopol auf Barbarei», so Guéniat.

Verklagte Unschuldige?

In seinem Plädoyer bezeichnete Pichonnaz die Rechtsprechung der damaligen Obrigkeit, der die Justiz hörig war, als barbarisch und schockierend. Der Staat müsse zu seiner Verantwortung stehen, besser spät als gar nie. Es gehe um Verbrechen gegen die Menschlichkeit–noch schlimmer, gegen die eigene Bevölkerung.

Verteidiger Jacques Dubey, der den Anlass auch organisiert hatte, argumentierte, es sei ungerecht, die Verantwortung der Kirche einfach zu ignorieren. Man verklage hier die Unschuldigen, so Dubey. «Sie würden eine Ungerechtigkeit sühnen, indem Sie eine noch schlimmere Ungerechtigkeit begehen», mahnte er. Damals habe man Angst vor einer aus damaliger Sicht real existierenden und unmittelbaren Bedrohung gehabt. In dieser Situation sei der Gedanke, sich wehren zu müssen, nachvollziehbar. «Diese Menschen fühlten sich dem Übernatürlichen schutzlos ausgeliefert.» Laut Dubey war die Brutalität der Obrigkeit allgegenwärtig und nicht auf Hexenprozesse beschränkt. «Man darf nicht mit den Ideen von heute über die Ideen von gestern richten.» Er forderte den Freispruch.

«Richter» und Historiker Francis Python sah die direkte Rechtsnachfolge der heutigen Freiburger Regierung als nicht erwiesen an. Er könne eine so weit zurückreichende Schuld nicht anerkennen. «Richterin» Isabelle Romy betonte: «Angst darf nicht alles erlauben.» Zu systematisch seien die Verbrechen geschehen. Der Staat müsse sich verantworten, auch, um ein Zeichen gegen aktuelle Hexenjagden zu setzen. Deshalb: schuldig. «Die Obrigkeiten müssen wissen, dass sie auch von zukünftigen Generationen schuldig gesprochen werden können.»

Abschliessend lud Gerichtspräsident Pfammatter zum Apéro. Dies, nachdem er klargestellt hatte: Das Urteil sei endgültig, es gebe keine Möglichkeit für einen Rekurs.

Der heutige Justizdirektor Erwin Jutzet sagte nach dem Anlass, dass er eine wichtige Erkenntnis mit nach Hause nehme: Recht sei nicht in Stein gemeisselt, es ändere sich ständig, abhängig von Raum und Zeit.

Kritik: Informativ und unterhaltsam

D ie Darsteller legten schauspielerisches und komödiantisches Talent an den Tag. So deckten sich Kläger und Verteidiger oft mit spitzen Bemerkungen und Vorwürfen ein. Zudem gab es immer wieder Hinweise auf die Aktualität. So verwies «Verteidiger» Jacques Dubey auf die Rolle des Dominikanerordens in den Hexenprozessen von damals. Auch Uni-Rektor Guido Vergauwen gehört dem Orden an. Das Drehbuch barg viele interessante Elemente und komische Momente. So wurden Anwesende, unter ihnen «Richter» Francis Python, als Nachfahren von Hexen bezeichnet. Dubey warf seinem Gegenspieler, dem Anklagevertreter Pascal Pichonnaz, vor, ein Inquisitor zu sein. «Nur wenn Sie beweisen können, dass der Teufel damals nicht real existierte, können Sie behaupten, dass die Behörden böswillig handelten.» Das Drehbuch sah diesen Beweis nicht vor. fca

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