Für Dich erlebt
Autor: Lea Truttmann
Fremde Welten
Der Hinduismus gilt als die drittgrösste Weltreligion und hat seine Wurzeln in Indien. Für einen Morgen tauchte ich ein in die fremde Welt voller Götter, Meditation und Wiedergeburt. Ein Besuch im Hindu-Tempel des Berner Hauses der Religionen ermöglichte mir die Auseinandersetzung mit einer vielfältigen Religion.
Bevor ich den Tempel betrete, ziehe ich meine Schuhe aus und gehe dann barfuss über den kühlen Holzboden zu einer Strohmatte, auf welcher ich mich im Schneidersitz neben meinen Freunden niederlasse. Im Rahmen unserer Ergänzungsfachtage im Fach Philosophie beschäftigen wir uns mit Religionsphilosophie und erhalten an diesem Morgen im Berner Haus der Religionen einen Einblick in den Hinduismus.
Eigentlich ist der Tempel nur ein einfacher Raum mit Holzfussboden und Fenstern zur Strasse hin, dennoch bin ich sofort fasziniert von den bunten Götterabbildungen und Altären, die er beherbergt. «Dort seht ihr einen Altar für Shiva», erklärt uns der Priester mit einem Lächeln. «In diesem Tempel vereinen wir sechs Hauptrichtungen des Hinduismus.» Er erklärt uns, dass es im Hinduismus wie in allen anderen Religionen verschiedene Strömungen gibt. Die Hauptrichtungen heissen Vishnuismus, Shivaismus und Shaktismus. Ausserdem ist es möglich, dass sich die Lehren gegenseitig oder auch die Grundsätze innerhalb einer Lehre widersprechen. Es gibt nicht wirklich ein einheitliches System, was den Hinduismus zu einer sehr vielfältigen und kaum überschaubaren Religion macht.
Einer der wichtigsten Grundsätze ist jedoch das Eins-Sein mit allem, was durch Meditation geübt wird. Die Götterbilder dienen den Hindus als Konzentrationspunkte während der Meditation. Jeder Gott steht für eine bestimmte Energie. Fasziniert betrachten wir die reichlich geschmückten Götterstatuen und ihre Altäre, während uns der Priester ihre Geschichten erzählt und uns erklärt, was es mit der Wiedergeburt auf sich hat. Unsere Führung endet schliesslich mit dem Betrachten eines Bildes, welches die alles verschlingende Kali, Göttin der Zerstörung, zeigt. Wir wollen wissen, ob der Priester an den Weltuntergang glaubt. Da lächelt er wieder und meint: «Wo ein Ende ist, ist auch ein Anfang.»